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Exogen allergische Alveolitis Jenseits von Taube und Wellensittich

Autor: Birgit Maronde

Landwirte leben aus pneumologischer Sicht gefährlich. Auslöser für eine exogen allergene Alveolitis lauern nicht nur in Federn und Kot von Geflügel, sondern auch auf gammeligem Heu, Stroh und Getreide. Landwirte leben aus pneumologischer Sicht gefährlich. Auslöser für eine exogen allergene Alveolitis lauern nicht nur in Federn und Kot von Geflügel, sondern auch auf gammeligem Heu, Stroh und Getreide. © wernerimages – stock.adobe.com
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Für die exogen allergische Alveolitis gibt es zahllose Ursachen. Den jeweiligen Auslösern auf die Spur zu kommen gestaltet sich allerdings oft als schwierig. Dann helfen vor allem hartnäckiges Nachfragen und Keimnachweise. 

Die Vogelhalterlunge ist wahrscheinlich die häufigste Variante der exogen allergischen Alveolitis (EAA). In den meisten Fällen sorgen Tauben oder Wellensittiche über Kot, Federn und Staub für die krankheitsinduzierende Allergenbelastung. Aber auch Eulen, „Unzertrennliche“, Fasane und Stare wurden kasuistisch als Allergenquellen beschrieben. So erkrankte eine 51-Jährige an einer EAA, weil sie jeden Tag durch einen Park lief, in dem sich große Gruppen von Staren tummelten, berichtete Prof. Dr. Dirk Koschel vom Fachkrankenhaus Coswig. 

Eine indirekte Vogelexposition ist als Auslöser einer EAA ebenfalls möglich, sei es, dass der Vorbesitzer eines Hauses jahrelang Wellensittiche gehalten hat oder die Federn des gestorbenen Haustiers aufbewahrt werden. Bei einem 62-Jährigen wurde eine EAA durch Kanarienvögel verursacht. Der Mann entwickelte jeweils einige Stunden, nachdem er sich mit seiner neuen Partnerin getroffen hatte, grippeartige Symptome und Müdigkeit. Besonders schlimm wurden die Beschwerden, als das Paar im neuen Haus der Frau zusammenkam. Dorthin war diese nach der Trennung von ihrem Mann gezogen und hatte neben Kleidung auch ein paar Möbelstücke mitgenommen. Wie sich nach einigem Nachfragen herausstellte, hatte der Ex-Ehemann Kanarienvögel gezüchtet. 

Eine EAA kann via Allergenbelastung im eigenen Bett entstehen. Dabei ist nicht nur an Daunen- bzw. Federkissen und -decken zu denken, wie eine Publikation von 2021 nahelegt. Zwei Frauen – Mutter und Tochter – hatten auf die Schimmelpilze in ihrer Kaltschaummatratze bzw. ihrem Schaumstoffkissen mit einer Alveolitis reagiert.

Etwa 2–4 von 10.000 Landwirten in Europa entwickeln durch den Kontakt mit schimmeligem Heu, Stroh und Getreide eine EAA, die sogenannte Farmerlunge. Auslöser sind thermophile Aktinomyzeten, Aspergillen, Absidia corymbifera und Eurotium amstelodami. Je nach Studie kommt es bei etwa jedem dritten bis vierten Betroffenen zu einem Lungenemphysem. 

Auch diese EAA gibt es

Mittlerweile sind etliche Formen der exogen allergischen Alveolitis beschrieben, darunter sind:

  • Blasinstrumentenalveolitis
  • Dampfbügeleisenalveolitis
  • Frisöralveolitis
  • Holzschnitzelalveolitis
  • Isocyanatalveolitis
  • Käsewäscherkrankheit
  • Kürschnerlunge
  • Rattenalveolitis
  • Saunalunge
  • Tomatenzüchterlunge
  • Waschmittellunge
  • Winzerlunge

Zimmerspringbrunnen als Gefahrenquelle

Ebenfalls zu den bekannteren EAA gehört die Befeuchterlunge, die u.a. durch Bakterien und Schimmelpilze ausgelöst werden kann. Früher betraf sie vor allem Menschen, die in Schreinereien, Druckereien oder Buchbindereien mit alten Befeuchtersystemen tätig waren. Vor einigen Jahren erlebte sie dann eine Renaissance via Zimmerspringbrunnen. 

Keimantigene aus einem Luftbefeuchter steckten auch hinter den Beschwerden eines 45 Jahre alten Geologen und Reiseführers. Immer wenn er in Spitzbergen arbeitete bzw. sich in seinem Haus dort aufhielt, entwickelte er Husten, Atembeschwerden, Fieber und Schüttelfrost. An seinem Daunenschlafsack lag es nicht, Haustiere, die für eine innerhäusige Allergenbelastung hätten sorgen können, fehlten. Auf die Spur der EAA-Ursache führte schließlich das Hobby des Mannes. Er spielte Gitarre und deren Holz sollte in der trockenen arktischen Luft keinen Schaden nehmen. Also hatte der Mann einen Luftbefeuchter aufgestellt. Nachdem er den nicht mehr benutzte, verschwanden seine Beschwerden.

Prof. Koschel stellte noch weitere Ursachen einer exogen allergischen Alveolitis vor, an die man aufgrund ihrer Seltenheit erst mal nicht denkt: So entwickelte ein auf einer Lachsfarm tätiger Mann jeweils drei bis vier Stunden nach Arbeitsbeginn Husten, Atemnot und Fieber. In der Umgebungsluft ließ sich ein hoher Proteingehalt nachweisen, die inhalative Provokation durch Versprühen von Lachsfleisch-Dispersion fiel positiv aus. 

Auch in Deutschland erhältlich ist Koji, ein mit einer Pilzkultur (Aspergillus oryzae) versetztes Getreide, das zur Fermentation japanischer Lebensmittel wie Amazake, Miso oder Shoyu gebraucht wird. Publiziert wurde der Fall einer 63-Jährigen, die in der Koji-Herstellung arbeitete und eine EAA entwickelte. In ihrer Lunge ließ sich der Schimmelpilz mittels BAL nachweisen. A. oryzae löste bei einem anderen Patienten – Arbeiter in einer Sojasaucenbrauerei – eine Sojasaucen-Alveolitis aus. Ein Asthma bronchiale und die allergische bronchopulmonale Aspergillose können ebenfalls durch den Keim verursacht werden.

Ein EAA-Schmankerl präsentierte Prof. Koschel gegen Ende seines Vortrags: die „AFGIDA“-Alveolitis. Ein Busfahrer – Ex-Raucher – aus Dresden klagte über Reizhusten und Belastungsdyspnoe. Über seinen Lungen ließ sich ein trockenes Knisterrasseln auskultieren, in der HRCT waren Milchglastrübungen und ein Mosaikmuster zu erkennen. Das spezifische IgG für A. fumigatus wurde mit > 200 mg/l deutlich erhöht gemessen. Die Spurensuche führte schließlich zu dem alten Bus des Mannes, den er für Touristenfahrten nutzte. In Abstrichen von Dach und Gurten konnte der Keim nachgewiesen werden. Prof. Koschels Diagnose lautete daher: Alveolitis durch Aspergillus Fumigatus im Gurt und Im Dach eines Autos.

Quelle:  Kongressbericht 8. Kongress der WATL – Webinar (Wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft für die Therapie von Lungenkrankheiten)