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Prostatakrebs Homozygote HSD3B1-Allelvariante nachteilig für Erkrankte

Autor: Dr. Miriam Sonnet

Eine bestimmte Variante des HSD3B1-Gens bietet die Chance auf eine personalisierte Therapie für Prostatakrebspatient:innen.
Eine bestimmte Variante des HSD3B1-Gens bietet die Chance auf eine personalisierte Therapie für Prostatakrebspatient:innen. © Peakstock – stock.adobe.com
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Weisen Prostatakrebspatient:innen eine bestimmte Variante des HSD3B1-Gens auf, so erhöht sich die prostatakrebsspezifische Mortalität nach fünf Jahren. Das bietet andererseits die Chance für eine personalisierte Therapie.

Ein Teil der Prostatakarzinome wird nach einer initialen Androgendeprivationstherapie (ADT) kastrationsresistent. Mehrere Mechanismen können für diese ADT-Resistenz verantwortlich sein, darunter die Überexpression des Androgenrezeptors (AR) und Gain-of-Function-Variationen. Auch die extratestikuläre De-novo-Synthese von Androgenen durch das Enzym 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-1 (3β-HSD1), das vom HSD3B1-Gen codiert wird, kann ursächlich sein. Es katalysiert den limitierenden Schritt in der Konversion von 

  • Dehydroepiandrosteron (DHEA) zu Androstenedion und 
  • Androstenedion zu Testosteron und 5α-Dihydrotestosteron.

Prof. Dr. Rana R. McKay, University of California, San Diego, und Kolleg:innen prüften in einer retrospektiven Studie, ob sich die Prognose von Erkrankten mit Prostatakarzinom je nach HSD3B1-Status ändert (s. Kasten).1 Die Hypothese: Personen mit einem homozygoten adrenalpermissiven HSD3B1(1245C)-Allel (CC) schlagen sich schlechter als diejenigen mit homozygot adrenalrestriktivem (AA) oder heterozygotem (AC) Status.

Das Team nutzte Daten aus dem Million Veteran Program (MVP) innerhalb des Veterans Healthcare Administration (VHA) Systems. Von 5.287 Patient:innen, die darin aufgrund ihres Prostatakarzinoms behandelt wurden, wiesen 

  • 7,6 % den CC-,
  • 37,3 % den AC- und
  • 55,1 % den AA-Genotyp

auf. In 1,7 % der Fälle war der Prostatatumor die Todesursache. 
Fünf Jahre nach der Diagnose betrug die kumulative prostatakrebs-spezifische Mortalität (PCSM)

  • 4,0 % in der CC-Gruppe
  • 2,1 % bei Patient:innen mit AC-Genotyp und
  • 1,9 % für Personen mit AA-Allel.

Eine ähnliche Tendenz beobachteten die Autor:innen in der Gruppe der Betroffenen mit metastasierter Erkrankung (n = 619): die kumulative PCSM-Inzidenz für Patient:innen mit CC-, AC- und AA-Genotyp belief sich auf 36,0 %, 17,9 % und 18,5 % (p = 0,01). Einen Zusammenhang zwischen HSD3B1-CC und der Entwicklung von Metastasen gab es nicht. Bei denjenigen, die solche entwickelten, war HSD3B1-CC jedoch mit einer höheren PCSM ab dem Zeitpunkt der Metastasenbildung assoziiert (HR 2,48; 95%-KI, 1,34–4,58; p = 0,004).

Zwei Varianten

HSD3B1 weist eine Keimbahn-Einzelnukleotidvariante auf: Während HSD3B1(1245A) das adrenalrestriktive Allel darstellt, das für ein schneller degradiertes Enzym codiert, ist HSD3B1(1245C) das adrenalpermissive Allel. Es codiert für ein stabiles Enzym, was dazu führt, dass 3β-HSD1-Konzentrationen aufrechterhalten werden und die DHEA-Sulfat-Konversion zu Testosteron und DHT robuster erfolgt. Infolgedessen sind die Tumoren von Träger:innen der Variante höheren Konzentrationen extratestikulärer Androgene ausgesetzt.

Ein neuer Biomarker?

Insgesamt scheine der HSD3B1-CC-Genotyp mit einer schlechteren Prognose einherzugehen, resümieren die Forschenden. Er könne damit als Biomarker fungieren, mit dem sich Personen identifizieren lassen, die von einer zielgerichteten Therapie gegen die 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-1 und die Androgen-Signalachse profitieren. 

Prof. Dr. Lina Schiffer und Prof. Dr. Nima Sharifi, University of Miami Miller School of Medicine, fordern in ihrem Kommentar, HSD3B1 in jedes Keimbahn-Panel-Assessment für nicht-metastasierten Prostatakrebs zu integrieren.2 Die Entdeckung des HSD3B1-CC-Genotyps könnte ihrer Ansicht nach das Krankheitsmanagement beeinflussen. Dadurch würden Patient:innen mit letaleren Prostatakarzinomen identifiziert, die sich anhand der derzeitigen klinischen prognostischen Faktoren nicht erfassen lassen. Auf diese Weise hätte man die Chance, die Erkrankung zu einem Zeitpunkt zu behandeln, an dem sie noch lokal begrenzt ist.

Quellen:
1. McKay RR et al. JAMA Netw Open 2024; 7:e242976; DOI:10.1001/jamanetworkopen.2024.2976
2. Schiffer L, Scharifi N. JAMA Netw Open 2024; 7: e243402. DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2024.3402