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Ärztin unterhaltspflichtig: Kontraindikation Uterus duplex vor Einlage der Hormonspirale übersehen

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Einen Uterus duplex kann man nur in der Sono-Frontalansicht erkennen. Einen Uterus duplex kann man nur in der Sono-Frontalansicht erkennen. © wikimedia/Mme Mim
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Ungewollt schwanger trotz eigentlich sicherer Verhütungsmaßnahme: Das kann passieren, wenn die Gynäkologin beim Ultraschall und in der Anamnese schludert.

Wird eine Patientin trotz intrauteriner Verhütung schwanger, weil die Gynäkologin bei der Behandlung eine wichtige Kontraindikation übersehen hat, haftet die Ärztin für die wirtschaftlichen Belastungen, die mit dem Kind verbunden sind. Darauf weist die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammern hin. Im aktuellen Fall hatte sich eine 41-Jährige nach der Geburt ihres zweiten Kindes von ihrer Gynäkologin eine Hormonspirale einsetzen lassen.

Entlassungsbrief mit Hinweis Doppelanlage lag ihr vor

Trotz intrauteriner Verhütung wurde die Patientin erneut schwanger. Im Entlassungsbrief nach der Geburt stand dann der Hinweis: Uterus duplex mit Hormonspirale im nicht-graviden Horn. Der Fall landete vor der Schlichtungsstelle. Dort legte die Gynäkologin Vaginalsonographien vor, auf denen ihrer Meinung nach von einer Doppelanlage nichts zu sehen war. Doch die Fachärztin musste sich gleich mehrfach belehren lassen.

Ein Uterus duplex lässt sich lediglich in der Sono-Frontalansicht erkennen, weshalb die Gebärmutter-Untersuchung in zwei Ebenen Standard ist. Spätestens vor Einsetzen der Spirale hätte der Uterus duplex als Kontraindikation sicher ausgeschlossen werden müssen, so der Gutachter. Unverständlich sei das Vorgehen der Kollegin zusätzlich vor dem Hintergrund, dass die Patientin Fehlbildungen der ableitenden Harnwege hatte – ein Befund, der häufig auch mit Deformitäten des inneren Genitale verbunden sei. Und die Ärztin hatte es sogar schriftlich: Bereits der Entlassungsbrief nach der ersten Geburt führte sowohl die doppelte Anlage der Gebärmutter als auch ein Scheidenseptum auf.

Bei korrektem Vorgehen – alternative Kontrazeption anstelle des Intrauterinpessars – wäre es laut Gutachter mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Schwangerschaft gekommen. Dem schloss sich die Schlichtungsstelle an. Zwar ist die Geburt eines Kindes per se nicht als Schaden einzuordnen. Wurde aber ein Behandlungsvertrag zur Schwangerschaftsverhütung geschlossen, sind finanzielle Belastungen der Eltern, die sich aus der Geburt des aufgrund ungeeigneter Kontrazep­tion entstandenen Kindes ergeben, als Schaden in Form von Unterhaltszahlungen auszugleichen.

Quelle: Heidenreich W et al. Hamburger Ärzteblatt 2020; 74: 35