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COPD: Lungenvolumenreduktion statt Medikamente?

Autor: Manuela Arand

Man versteht noch viel zu schlecht, welche Patienten auf welche Pharmakotherapie gut ansprechen. Man versteht noch viel zu schlecht, welche Patienten auf welche Pharmakotherapie gut ansprechen. © Orawan – stock.adobe.com
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Bei der COPD bringen Interventionen bessere Resultate als jede Medikation. Das liegt weniger an der Überlegenheit der Methoden als daran, dass Interventionalisten ihre Patienten sehr sorgfältig auswählen.

Seit Einführung der langwirksamen Muskarinantagonisten fällt den Medikamentenfirmen im Bereich COPD nichts mehr ein. Es werden nur noch Wirkstoffe in verschiedenen Varianten und Inhalern kombiniert, „aber richtig Neues gibt es nicht“, monierte Professor Dr. Felix Herth, Thoraxklinik der Universität Heidelberg. Deshalb müssten jetzt die Interventionalisten die Therapie voranbringen.

Zur endoskopischen Volumenreduktion mit Ventilen gibt es inzwischen sieben randomisierte kontrollierte klinische Studien, welche die Wirksamkeit belegen. „Das Thema ist durch, nachdem sich auch der G-BA pro Ventile geoutet hat“, so die Überzeugung von Prof. Herth.

Als interessante Neuigkeit wertete er das Ergebnis einer retrospektiven Analyse, in der man das Outcome von 82 Patienten mit unterschiedlichen Ausgangs-Body-Mass-Indizes (≥ 21 kgKG/m2 versus < 21 kgKG/m2) nach Ventilimplantation verglichen hatte. Diejenigen mit dem niedrigeren BMI profitierten in gleichem Maße von der Intervention und zeigten die gleichen Komplikationen, wenn auch wesentlich häufiger als die Normalgewichtigen. Aber: Patienten mit niedrigem Ausgangs-BMI legten nach erfolgreicher Ventilimplantation fast 2 kgKG/m2 zu, während dieser Marker in der Vergleichsgruppe stagnierte oder sogar leicht abnahm. Leider gebe es keine Analyse, ob das Gewichts-Plus durch einen Zugewinn an Muskelmasse bedingt sei, wie es die Studienautoren vermuten, bedauerte Prof. Herth. Eine prospektive Studie erscheint ihm jedenfalls wünschenswert. Der Muskeleffekt könne dabei gleich mit untersucht werden.

Zwei Drittel der Responder überleben fünf Jahre

Erstmals liegen jetzt Daten zum Langzeitüberleben nach irreversibler Volumenreduktion mittels Coils vor. In der RESET-Studie hatte man 39 COPD-Kranken mit Emphysem in den Stadien GOLD III und IV sequenziell bilateral Coils eingesetzt. Von den Respondern – also denen, deren Residualvolumen um mindestens 10 % geschrumpft war – überlebten 66,7 % die nächsten fünf Jahre, von den Non-Respondern dagegen nur 40,9 %.

„Man muss akzeptieren, dass es sich um Patienten mit einer hohen Mortalität von ca. 50 % in fünf Jahren handelt“, sagte Prof. Herth. Die erfolgreiche Coil-Implantation scheine die Überlebenschance erheblich zu steigern. Die in der Studie verwendeten Coils gebe es allerdings nicht mehr, neue Produkte eines chinesischen Anbieters befänden sich gerade in der Testphase.

Vielversprechende Ergebnisse liegen für die gezielte Lungendenervierung (Targeted Lung Denervation, TLD) vor, die den Vagusnerv in beiden Hauptbronchien durch Radiofrequenz ausschaltet. „Die Chirurgen haben das vor Jahren auch schon probiert, aber sie bekamen ein Mortalitätsproblem“, berichtete Prof. Herth. Die Ablation per Sonde scheint dagegen mit Ausnahme des bekannten Phänomens von bronchoskopieinduzierten Exazerbationen bei etwa 20 % der Patienten praktisch nebenwirkungsfrei zu sein.

Vielversprechende Zwei-Jahres-Daten

Das legen jedenfalls die Ergebnisse der Studie AIRFLOW-2 nahe, von der kürzlich Zwei-Jahres-Daten veröffentlicht worden sind. Die Studie war mit 82 Patienten nicht übermäßig groß, aber sehr aufwendig, doppelblind und Sham-kontrolliert geführt. Außerdem konzentrierte sie sich nicht auf Schwerstkranke, sondern auf Patienten mit moderater COPD. Alle erhielten eine maximale bronchodilatative Therapie und wurden bronchoskopiert, wobei der Endoskopeur zuvor nicht wusste, ob Strom fließen würde. Dem Team, das die Patienten nachverfolgte, war bis zur Kontrolle nach 12,5 Monaten nicht bekannt, zu welcher Gruppe diese gehörten.

Die Häufigkeit schwerer Exazerbationen, die eine Klinikaufnahme erforderten, war in den zwei Jahren nach der Intervention in der TLD-Gruppe um rund 60 % reduziert (Hazard Ratio 0,38; p = 0,039). Auch bei den sekundären Endpunkten Dyspnoe (TDI-Score), Lebensqualität (SGRQ*) und Lungenfunktion brachte die TLD eindeutige Verbesserungen. Die FEV1 beispielsweise stieg um 140 ml, und das als Add-on zum Effekt der medikamentösen Therapie.

Patienten mit chronischer Bronchitis bietet die Rheoplastie eine therapeutische Option. Mit einem EKG-getriggerten gepulsten elektrischen Feld werden die schleimproduzierenden Goblet-Zellen zerschossen. Die erste Phase-I-Studie am Menschen – auf Sicherheit angelegt – war so erfolgreich, dass die US-Zulassungsbehörde FDA unverzüglich die Zulassungsstudie genehmigte, „auch weil das Verfahren nebenwirkungsfrei appliziert werden konnte“, berichtete Prof. Herth. Der COPD-Assessment-Test als Maß für die Krankheitskontrolle sank um 7 Punkte, der Lebensqualitätsscore SGRQ sogar um 15 Punkte.

„Da müssen die Medikamententester um Claus Vogelmeier vier Studien machen und den SGRQ zusammenzählen, damit sie auf solche Zahlen kommen“, frotzelte Prof. Herth. Professor Dr. Claus Vogelmeier, Universität Marburg, nahm es gelassen. „Wir verstehen viel zu schlecht, welche Patienten auf welche Pharmakotherapie gut ansprechen“, räumte er ein. Die Ventilstudien hätten sehr eindrücklich gezeigt, wie man es besser machen kann, wenn man Patienten auf der Basis von klar objektivierbaren Kriterien selektioniert.

Quelle: 17. Pneumologie-Update-Seminar**

* Saint George‘s Respiratory Questionnaire
** Online-Veranstaltung