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Fremdkörperingestion Ein Patient auf Messers Schneide

Autor: Dr. Daniela Erhard

So ähnlich sah das Küchen­messer aus, das der Mann geschluckt hatte. So ähnlich sah das Küchen­messer aus, das der Mann geschluckt hatte. © AlenKadr – stock.adobe.com
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Verschluckte Fremdkörper sind in der Notaufnahme nichts Ungewöhnliches. Trotzdem dürften die Kollegen um Dr. Sebastian­ Plößl­ vom Universitätsklinikum Halle an der Saale Augen gemacht haben, als sie auf die Röntgenaufnahme ihres 46-jährigen Patienten blickten.

Zwischen unterem Hals und oberem Mediastinum steckte eine über 7 cm lange Messerklinge in der ­Speiseröhre.

Atemnot und starker Würgereiz

Damit hatten die Mediziner endlich die Ursache der Beschwerden des Mannes entdeckt. Für sein Globusgefühl und retrosternales Druckempfinden, den schaumigen Speichel und die beginnende Dyspnoe hatten bis dahin weder das Blutbild noch die flexible Endoskopie im HNO-Bereich eine plausible Erklärung ergeben. Stattdessen hatten sich die Schmerzen und Atemprobleme weiter verschlimmert und der Patient hatte wiederholt Würgereize, sodass die Kollegen sich letztlich für das Röntgen anstelle einer Computertomographie entschieden.

Um Folgeschäden zu vermeiden, sollten Fremdkörper zeitnah he­rausgeholt werden. Daher brachten die Kollegen den Patienten sofort in den OP, zogen – da beim Entfernen scharfkantiger Gegenstände immer mit Komplikationen zu rechnen ist – die Chirurgie im „Stand-by“ hinzu und rückten dem Messer mit einem starren Ösophagoskop zu Leibe.

Das Ösophagoskop mussten sie von der oberen Zahnreihe aus etwa 21 cm tief einführen, bis ihnen die Klinge entgegenblitzte. Sie lag an einer Stelle, an der ein Pulsieren die unmittelbare Nachbarschaft zum Aortenbogen anzeigte. Mit einer Zange gelang es, das Messer in das Instrument hineinzuziehen und zu bergen. Die abschließende Kontrolle zeigte, dass der Mann Glück im Unglück hatte: Bis auf ein paar oberflächliche Wunden war ihm nichts passiert.

Hinter Ingestion kann Suizidversuch stecken

Auf die Frage hin, wie das Messer dort hingelangt war, verneinte der Mann zunächst ein auslösendes Ereignis, korrigierte aber später, es habe sich um eine Mutprobe gehandelt. Doch auch dies erwies sich als falsch: Als er am Tag nach dem Eingriff suizidale Absichten äußerte, kam heraus, dass er das Messer aus demselben Grund geschluckt hatte. Die Autoren raten daher, bei Ingestion außergewöhnlicher Gegenstände auch an einen versuchten Suizid zu denken.

Quelle: Plößl S et al. HNO 2021; 69: 759-761; DOI: 10.1007/s00106-020-00945-7


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