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Organspende-Tattoo Eine neue Art des Bekenntnisses

Autor: Elke Klug

Das Design besteht aus einem Halbkreis, der mit einem weiteren Halbkreis zum Ganzen wird. Es ist ein Symbol für die Organspende − ein Geschenk für das Leben. Das Design besteht aus einem Halbkreis, der mit einem weiteren Halbkreis zum Ganzen wird. Es ist ein Symbol für die Organspende − ein Geschenk für das Leben. © Grafvision – stock.adobe.com
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Die Kampagne ist so erfolgreich wie ungewöhnlich. Anfang 2023 wurde vom Verein Junge Helden e. V. die TATTOOKAMPAGNE „OPT.INK“ gelauncht. Sie ermöglicht Interessierten, sich in ausgewählten Studios kostenlos ein Organspende-Tattoo tätowieren zu lassen, wobei das Motiv aus einem Kreis und zwei Halbkreisen die Zustimmung zur Organspende symbolisiert.

Mit dieser neuartigen ungewöhnlichen Idee wollen die Jungen Helden ein Zeichen für die Organspende setzen, die Aufmerksamkeit für dieses Thema in der Öffentlichkeit erhöhen und eine „coole“ Zustimmungsart zu ermöglichen. Denn dies sei angesichts der rund 8.500 Menschen, die auf der Werteliste für ein Spenderorgan stehen, unbedingt notwendig, betonte Anna Barbara Sum (Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Vereins Junge Helden e. V.) in der Veranstaltung „Changing Tomorrow – Organspende neu denken“1 im November 2023 in Berlin.

Junge Helden ist eine gemeinnützige Organisation, die vom Engagement vieler ehrenamtlicher Unterstützer getragen und durch private Spenden finanziert wird. Vor 20 Jahren von Betroffenen gegründet, möchte der gemeinnützige Verein das Thema Organspende mitten im Leben junger Leute platzieren und organisiert dafür Aktionen und Veranstaltungen in Schulen, Sportvereinen, Betrieben oder anderen Treffpunkten Jugendlicher und junger Erwachsener. Ziel ist, über Organspende in einer Sprache zu informieren und aufzuklären, die sie auch wirklich anspricht, und zwar ergebnisoffen, ohne jeden Druck. So sollen sie motiviert werden eine Entscheidung zu treffen und darüber mit Angehörigen und Freunden sprechen. Denn was zählt, um die defizitäre Zahl an Organspendern in Deutschland zu erhöhen, ist die Entscheidung zur Zustimmung. Und dies auch zu bekunden.

Das kann mit dem Tragen des Organspendeausweises geschehen oder beispielsweise auch durch einen Satz in der Patientenverfügung oder – durch das Tattoo (Opt.Ink). „Von insgesamt 2.821 gemeldeten potenziellen Organspenden im Zeitraum von Januar bis Oktober 2023 konnte ein Drittel realisiert werden. Rund die Hälfte der nicht erfolgten Spenden scheiterte an einer fehlenden Zustimmung. In lediglich 3 % der Fälle war der mündliche oder schriftliche Wille des Verstorbenen entscheidend. Eine schriftliche Willensbekundung lag nur bei 15 % der möglichen Organspenden vor“, wie aus einer Pressemeldung der DSO im November 2023 hervorgeht. In der Veranstaltung „Changing tomorrow – Organspende neu denken“, zu der Vertreter aus der Politik, der BÄK, der KBV, der DKG und Patientenorganisationen eingeladen waren, wurden Möglichkeiten und Hindernisse in Zusammenhang mit der Organspende aufgezeigt und diskutiert, wie die Spenderzahlen erhöht werden können.

Im europäischen Vergleich ist Deutschland noch immer Schlusslicht bei den Spenderzahlen. Das Problem ist die zur Zeit geltende gesetzliche Regelung der Zustimmungslösung (im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in denen die Widerspruchslösung gilt). Jeder muss seinen Willen dokumentieren. Zuletzt wurde die Widerspruchslösung im Bundestag 2020 abgelehnt und die Jungen Helden waren entschlossen, neben der nach wie vor wichtigen klassischen Aufklärungsarbeit etwas anderes, ganz Neues zu kreieren, um die grundsätzlich positive Einstellung der Bevölkerung zur Organspende in aktives Handeln umzusetzen. „Genau diese positive Einstellung muss die Politik nutzen und in eine starke Regelung umsetzen, damit mehr Menschen mit einem Spenderorgan versorgt werden können“, sagte Anna Barbara Sum. Sie begrüßt daher die neuerliche Debatte auf politischer Ebene zur derzeitigen Gesetzeslage und hofft auf baldige neue Entscheidungen. Vor dem Hintergrund der niedrigen und rückläufigen Organspende-Zahlen reichten Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Hessen am 24. November 2023 im Plenum des Bundesrates den Antrag zur Entschließung „Einführung einer Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme im Transplantationsgesetz“ ein2. Nach Vorlage des Änderungsantrages wurde dieser nun direkt an den Gesundheitsausschuss des Bundestags zur weiteren Beratung überwiesen.

Das Organspende-Tattoo Opt.Ink ist eine Möglichkeit

Seit seiner Einführung wurde dieses Angebot außerordentlich gut angenommen: Mittlerweile wurden in mehr als 600 Studios laut Hochrechnung mehr als 6.000 Tattoos gestochen, berichtet Anna Barbara Sum nicht ohne Stolz.

Dies sei nicht zuletzt auf eine große Medienpräsenz in ganz Deutschland zurückzuführen. Der Erfolg werde vor allem auch auf den Social Media Kanälen deutlich. Die Zahlen dort zeigen, dass die Idee des Tattoos funktioniert: Für Gesprächsstoff sorgt, die Zustimmung zur Organspende sichtbar demonstriert und bestätigt, dass die Menschen ein starkes Bedürfnis haben, offen und deutlich Haltung zu zeigen und dass sie Organspender:innen sind. Das Tattoo trägt so dazu bei, Angehörige und Freunde bei ihrer Entscheidung zur Organspende zu bestärken.

Auch bei Mediziner:innen und Pflegekräften werde Opt.Ink zunehmend bekannter und als Zustimmung zur Organspende erkannt, freut sich Anna Barbara Sum. Es gebe mehr Sicherheit und erleichtert das Angehörigengespräch. Es diene mittlerweile auch als Incentive für Arbeitgeber, die sich zum Beispiel bei Patiententagen engagieren oder auch Ihren Mitarbeiter:innen ermöglichen, in der Arbeitszeit zur Tätowierung zu gehen.

Im Rahmen der Veranstaltung „Changing tomorrow – Organspende neu denken“ im November war auch eine Tätowiererin vor Ort und die Teilnehmer:innen hatten die Möglichkeit, sich ihr persönliches Opt.Ink tätowieren zu lassen. An diesem Abend wurden sieben Tattoos gestochen.

Quellen:
1. Die Veranstaltung wurde initiiert von Astellas Pharma und mit Unterstützung von Flying Health ausgerichtet. Das Unternehmen setzt sich seit 20 Jahren auf vielen Ebenen für die Weiterentwicklung der Transplantationsmedizin ein.
2. Entschließung des Bundesrates „Einführung einer Widerspruchslösung als Grundlage für die Zulässigkeit der Organentnahme im Transplantationsgesetz (TPG)“: dip. bundestag.de

Dieser Beitrag ist ursprünglich erschienen in: Nierenarzt/Nierenärztin 1/2024