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Krampfadern behandeln: Kompressionstherapie und invasive Verfahren

Autor: Dr. Anna-Lena Krause

Purpura jaune d‘ocre am Schienbein und Corona phlebectatica paraplantaris: Dieses Bild entspricht Klasse C4. Purpura jaune d‘ocre am Schienbein und Corona phlebectatica paraplantaris: Dieses Bild entspricht Klasse C4. © Science Photo Library
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Unterschenkelgeschwüre lassen sich vermeiden, wenn die zugrunde liegende Venenkrankheit rechtzeitig erkannt­ und therapiert wird. Zur Behandlung gehört auch, die Varikose zu sanieren.

Chronische Venenkrankheiten sind meist auf degenerierte Gefäßwände (Varikose) zurückzuführen, seltener auf eine Obstruktion (postthrombotisches Syndrom, May-Thurner-Syndrom). Rund jeder Vierte in Deutschland hat Krampfadern und/oder neigt zu venenbedingten Ödemen (Klassen C1–C3, s. Tabelle). Unter fortgeschrittenen Formen (Klassen C4–C6) leiden etwa 5 % der Allgemeinbevölkerung, erklären die Bonner Dermatologen Professor Dr. Eberhard­ Rabe und Privatdozentin Dr. Felizitas­ Pannier­.

Einteilung chronischer Venenleiden nach CEAP*-Klassifikation
Klasse
klinische Zeichen
C0keine sicht- oder tastbaren Zeichen für eine Venenschwäche
C1retikuläre Varizen, Besenreiser
C2Varikose
C2rRezidivvarikose
C3Ödem
C4Hautveränderungen
C4aEkzem, Pigmentierung
C4bAtrophie blanche, Dermatoliposklerose
C4cCorona phlebectatica paraplantaris
C5abgeheiltes Ulcus cruris venosum
C6florides Ulcus cruris venosum
C6rrezidivierendes Ulcus cruris venosum
* klinisch, ätiologisch, anatomisch, pathophysiologisch

Strümpfe in der niedrigsten wirksamen Klasse verordnen

Von einer chronischen Veneninsuffizienz spricht man, wenn Ödeme, Hautveränderungen oder Ulzera auftreten (Klassen C3–C6). Symptome wie schwere Beine oder Schmerzen können in jeder Klasse vorkommen und erfordern eine individuelle Behandlung. Mit Bewegung, kaltem Wasser, Abnehmen und Beine hochlegen sollte jeder Venenkranke versuchen, seine Beschwerden zu lindern. Das Tragen von Kompressionsstrümpfen gilt als Goldstandard, zusätzlich kommen Medikamente und invasive Verfahren infrage. Die verschiedenen Maßnahmen lassen sich bei Bedarf miteinander kombinieren. Zur Langzeittherapie dienen medizinische Kompressionsstrümpfe. Verbände und adaptive Mittel (mit Klettverschluss) verwendet man für die initiale Entstauung sowie beim Ulkus. Die Wirkung hängt nicht nur vom Druck, sondern auch von den Materialeigenschaften ab. Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe sind etwas weniger dehnbar als rundgestrickte und bauen daher mehr Druck auf. Sie eignen sich für Extremitäten mit sehr geringem Umfang, für Adipöse und beim ausgeprägten Lymph­ödem. Strümpfe sollten in der niedrigsten wirksamen Kompressionsklasse verordnet werden, das verbessert die Adhärenz. Symptome und Ödeme z.B. bei Schwangeren, Flugbegleitern, Friseuren, älteren chronisch immobilisierten Patienten sowie bei intradermaler Varikose und chronischer Veneninsuffizienz werden durch die lokale Druckbehandlung deutlich reduziert. Ulzera schmerzen weniger, heilen schneller ab und rezidivieren seltener. Zur Prophylaxe und Therapie des postthrombotischen Syndroms kommt die Kompressionstherapie ebenfalls infrage. Als Kontraindikationen für Strumpf, Verband und adaptive Mittel gelten:
  • dekompensierte Herzinsuffizienz (NYHA 3/4)
  • fortgeschrittene PAVK
  • septische Venenentzündung
  • Phlegmasia coerulea dolens
Wenn möglich, sollte zusätzlich zur Kompressionstherapie eine Sanierung­ der Varikose erfolgen. Allerdings muss jedem Eingriff eine Bildgebung vorausgehen, am besten per Duplexsonographie. Alternativ zu den (minimal-)invasiven Verfahren lassen sich die Beschwerden auch medikamentös lindern. Als wirksam erwiesen haben sich u.a. Extrakte aus rotem Weinlaub oder Rosskastaniensamen. Zur Beseitigung von Stammvarikosen eignen sich offene Eingriffe genauso gut wie die endovenöse thermische Ablation mit Laser- oder Radiofrequenztherapie. Minimalinvasive Eingriffe gehen jedoch mit weniger Wundinfektionen einher und die Patienten sind früher wieder arbeitsfähig. Perkutane Phleb­extraktion und Schaumsklerosierung gelten als effektive Verfahren, um Astvarikosen auszuschalten.

Venenklappenrekonstruktion nur in Einzelfällen

Die katheterbasierte Cyanoacrylat­ablation erfordert keine Anästhesie, es können aber Nebenwirkungen auftreten und die Langzeiteffekte sind noch wenig erforscht. Die Klappenrekonstruktion am tiefen Venensystem sollte nur in Einzelfällen und in spezialisierten Zentren erfolgen. Grundsätzlich gilt: Krampfadern loswerden ist nicht einfach. Hat man eine erfolgreich beseitigt, bildet sich nicht selten an anderer Stelle eine neue. Allgemeine Maßnahmen, Kompression und Medikamente lindern zwar die Beschwerden, ändern aber nichts an der Venenmorpho­logie.

Quelle: Rabe E, Pannier F. Internist 2020; 61: 1230-1237; DOI: 10.1007/s00108-020-00899-6