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Ambulante Kuren Multimodal zurück ins Gleichgewicht

DGIM 2023 Autor: Dr. Susanne Gallus

Die Reiz- und Entspannungsphasen auf einer Kur sollen Patient:innen stabilisieren, sodass sie zukünftig nicht an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Die Reiz- und Entspannungsphasen auf einer Kur sollen Patient:innen stabilisieren, sodass sie zukünftig nicht an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. © Sina Ettmer – stock.adobe.com
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Ambulante Kuren sind längst keine altmodischen, verstaubten Maßnahmen in Badehäusern mehr. Sie folgen einem multimodalen Therapiekonzept und können Patienten sowohl zur Primär- als auch zur Sekundärprävention verschrieben werden.

Muss eine Maßnahme nur die Ärzte zufriedenstellen? „Nein“, lautet die Antwort von Dr. ­Ralph ­Brath, Allgemeinmediziner und Kurarzt in Bad Kissingen, „es ist vor allem wichtig, dass unsere Patienten zufrieden sind und dass es ihnen danach gut geht. Und das können wir bei den Rehamaßnahmen bei der Kur sehr gut hinbekommen.“

Eine Kur besteht aber nicht nur aus Packungen, Bädern und Massagen. Ziel der Kur ist eine adaptogene Reizbelastung. Über den Zeitraum der Maßnahme wechseln sich Reiz- und Entspannungsphasen ab. Dadurch wird der Patient im Idealfall langfristig so weit stabilisiert, dass ein Reiz ihn nicht mehr an seine Kapazitätsgrenze bringt. Man erreicht sozusagen eine vegetative Gesamt­umschaltung. Die Kur ist folglich eine ganzheitliche multimodale Therapie, mit der sich sowohl kompensierbare Störungen direkt angehen als auch sekundär kompensierbare Störungen adressieren lassen. 

Als Beispiel nannte Dr. Brath eine dreiwöchige Kur zur Prävention einer Erschöpfungsdepression. Der ganzheitliche Ansatz enthält neben Psychoedukation Atem- und Körperübungen, Bewegungstherapien und die Anwendung ortsgebundener Heilmittel, in diesem Fall Moorbäder. In einer kleinen Studie mit 69 Patienten hatten die Speichelkortisollevel der Teilnehmer am Ende der Intervention sichtbar abgenommen. „Die Leute waren deutlich weniger gestresst“, so Dr. Brath. Auch subjektiv fühlten sich die Teilnehmer besser und berichteten von weniger Unruhezuständen. Eine multimodale Therapie zeigte zudem ein gutes Ansprechen bei Volksleiden wie chronischer Schmerz im unteren Rücken und schlechter Schlaf.

Kuren zur Krankheitsverhütung oder Vermeidung einer Krankheitsverschlimmerung gehören zur medizinischen Vorsorgeleistung nach § 23/2 SGB V der gesetzlichen Krankenversicherungen. Seit 2021 sind sie wieder Pflichtleistung der GKV, hob der Dr. Brath hervor. „Auf diese Weise können wir den Patienten wieder besser versorgen.“

Einen Antrag kann prinzipiell jeder Arzt stellen. Benötigt wird lediglich das Formular Muster 25 „Anregung einer ambulanten Vorsorgeleistung in anerkannten Kurorten gemäß § 23 Abs. 2 SGB V“ (siehe Kasten). Beim Ausfüllen ist auf drei Punkte zu achten:

  • Angabe der Diagnosen in Klarschrift (nicht ICD-10)
  • besondere Anforderungen an den Kurort nennen, sofern nötig
  • geeigneten Kurort konkret vorschlagen (ist für die KK aber nicht verpflichtend)

Formular 25

Der Vordruck ist je nach Praxissoftware in der Formularauswahl enthalten, er kann aber auch online gefunden werden. „Dann druckt man es aus, füllt es aus und das geht genauso“, so Prof. Brath. Vergütet wird der Antrag nach EBM Nr. 01623 oder GOÄ Nr. 77. Man werde damit zwar nicht reich, aber es sei immerhin ein Formular, das kurz ist“, fügte er hinzu, „es ist nur eine DIN-A4-Seite“. Für weitere Infos, auch zu Formulierungshilfen bei abgelehnten Anträgen, nennt er die Seite des Bayerischen Heilbäderverbands (bayerischer-heilbaeder-verband.de/fachkreise).

Bei der Antragstellung ist es wichtig, die Notwendigkeit z.B. eines „ganzheitlichen, multimodalen Therapieansatzes“ deutlich zu machen, betonte Dr. Brath. Auch sollte auf den Einsatz spezieller ortsgebundener Heilmittel explizit hingewiesen werden, wenn diese relevant sind. Wird der Antrag bewilligt, erhält der Patient einen Kurschein. 

Natürlich werden nicht alle Anträge direkt bewilligt. „Eine gewisse Quote an Ablehnung ist einge­plant“, so der Kurzarzt. Innerhalb eines Monats könne man Widerspruch einlegen. Immerhin würden dann etwa 80 % doch gewährt.

Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der DGIM