Prognosefaktor nächtlicher Blutdruck Niedriger nächtlicher Blutdruck bei Herzinsuffizienz riskant?

Autor: Birgit Maronde

Ein niedriger nächtlicher Blutdruck könnte Herzinsuffizienten gefährlich werden.
Ein niedriger nächtlicher Blutdruck könnte Herzinsuffizienten gefährlich werden. © Vitaliy - stock.adobe.com

Eine antihypertensive Therapie wirkt strukturellen und funktionellen Schäden am Herzen entgegen. Unklar ist jedoch die optimale Höhe des Blutdrucks, wenn eine Herzinsuffzienz vorliegt. Insbesondere die nächtlichen Werte sollten womöglich nicht zu niedrig liegen.

Laut europäischer und US-amerikanischer Empfehlungen ist bei Herzinsuffizienten tagsüber ein Blutdruck < 130/80 mmHg anzupeilen. Allerdings scheint ein systolischer Wert < 110 mmHg mit einer schlechten Prognose assoziiert zu sein, schreibt eine japanische Arbeitsgruppe um Naoto Ohashi von der Medizinischen Universität Fukushima. Zur optimalen Höhe des nächtlichen Blutdrucks gebe es gar keine gesicherten Empfehlungen. Um diese Lücke zu schließen, ermittelten die Forschenden die nächtlichen Blutdruckwerte von stationären Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz. Dies erfolgte kontinuierlich via Pulslaufzeit (engl. pulse transit time, PTT), die dem Intervall zwischen der R-Zacke im EKG und der plethysmografisch erfassten Ankunft der Pulswelle in der Fingerspitze entspricht. Der so geschätzte Blutdruck korreliert offenbar gut mit dem mittels Manschette gemessenen Wert. Die 366 Teilnehmenden wurden gleichmäßig in drei Gruppen unterteilt: Diejenigen im obersten Terzil wiesen nachts einen medianen systolischen Druck von 136 mmHg auf, jene im mittleren 117 mmHg und die im untersten 100 mmHg.

In der Nachbeobachtungszeit von im Median 1.083 Tagen wurden 71 Patientinnen und Patienten wegen ihrer Herzinsuffizienz hospitalisiert oder starben kardial bedingt. Die größte Gefahr bestand für Personen aus dem unteren Terzil. Im Vergleich zu den Erkrankten im obersten wiesen sie ein etwa doppelt so hohes Risiko auf (Hazard Ratio 2,1). Zudem hatten sie im Gesamtkollektiv u. a. die höchsten BNP-Werte und die geringste linksventrikuläre EF. Eine Multivarianzanalyse ergab, dass ein Rückgang des per PTT erfassten Blutdrucks um 10 mmHg zu einem Anstieg von kardialen Ereignissen und Klinikaufnahmen führte. 

Wie zuverlässig die gewählte  Messmethode war, ist unklar

Über die möglichen Ursachen dieser Beobachtungen kann man derzeit nur spekulieren. Denkbar ist u. a., dass der niedrige Blutdruck die Schwere der Herzinsuffizienz widerspiegelt oder „Nebenwirkung“ der maximalen medikamentösen Therapie ist, heißt es im Kommentar von Christine Chow, University of Washington, Seattle, und zwei weiteren Wissenschaftlern. Sie hinterfragen zudem die Zuverlässigkeit der PTT zur Blutdruckmessung und geben zu bedenken, dass mit dem niedrigsten medianen Wert von 100 mmHg unklar bleibt, ob die Beziehung linear ist oder bei niedrigeren Werten U-förmig wird. Ihr schlichtes Fazit: „Die Studie erinnert uns daran, dass der nächtliche Blutdruck bei Herzinsuffizienz relevant ist.“

Quellen: 1. Ohashi N et al. J Am Heart Assoc 2025; doi: 10.1161/JAHA.124.039917
2. Chow C et al. J Am Heart Assoc 2025; doi: 10.1161/JAHA. 125.043451