Delir nach OP im Blick Postoperatives Delir: Klinikvergleich und Risikofaktoren

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Nach größeren Operationen erleiden 3,6 % der über 65-Jährigen ein Delirium Nach größeren Operationen erleiden 3,6 % der über 65-Jährigen ein Delirium © motortion - stock.adobe.com

Nach größeren Operationen erleiden 3,6 % der über 65-Jährigen ein Delirium – mit deutlich erhöhtem Risiko für Komplikationen und Tod. Die UNterschiede zwischen den Kliniken sind groß.

Ob fehlende Aufmerksamkeit, beeinträchtigtes Bewusstsein oder desorganisiertes Denken – ein Delirium kann unterschiedliche, meist reversible Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten hervorrufen. Chirurgische Eingriffe zählen zu den Hauptauslösern eines Delirs. In einer großen retrospektiven Kohortenstudie wurde der Zusammenhang zwischen einem Delirium nach einer nichtkardialen Operation und unerwünschten Ereignissen in der Folge untersucht.Darüber hinaus ging das Autorenteam der Frage nach, ob es bei der Inzidenz relevante Unterschiede zwischen verschiedenen Krankenhäusern gibt.

Im Schnitt kam es bei 3,6 % der Operierten zum Delir

Eingeschlossen wurden Patientinnen und Patienten ab einem Alter von 65 Jahren (Durchschnitt: 75 Jahre, 57 % Frauen), die sich zwischen dem 1. Januar 2017 und dem 31. Dezember 2020 einer größeren nichtkardialen Operation unterzogen hatten. In die Auswertung flossen die Daten von insgesamt mehr als 5,5 Mio. stationären Aufnahmen an 3.169 US-amerikanischen Krankenhäusern ein. Zu einem postoperativen Delir kam es in 197.921 Fällen, was einer Inzidenz von 3,6 % entsprach.

Diejenigen, die ein postoperatives Delirium erlitten hatten, wiesen im Vergleich zu Teilnehmenden ohne dieses postoperative Problem ein signifikant erhöhtes Risiko für Tod oder schwerwiegende Komplikationen auf (adjustierte Odds Ratio, aOR, 3,47). Auch die 30-Tage-Mortalität war bei den Betroffenen signifikant erhöht (aOR 2,77). Darüber hinaus konnten deutlich mehr von ihnen nicht ins häusliche Umfeld entlassen werden (aOR 3,96).

Beim Vergleich zwischen den verschiedenen Einrichtungen zeigte sich, dass die Wahrscheinlichkeit eines postoperativen Delirs für Kranke, die in Kliniken mit einer höheren Rate an postoperativen Delirien operiert wurden, größer war als in Häusern mit niedrigeren Zahlen (mediane OR 1,53). Die Delirstatistik könnte als Maß dafür dienen, inwieweit Kliniken um eine Verbesserung der perioperativen Gehirngesundheit der Kranken bemüht sind.

Die beiden Autorinnen eines Editorials schreiben, dass die in der vorliegenden Studie ermittelte durchschnittliche Deliriuminzidenz von 3,6 % vergleichsweise niedrig sei. Zwischen den einzelnen Krankenhäusern schwanke sie erheblich. Zwar liege es nahe, dass diese Variabilität auf pflegerischen Unterschieden in den Einrichtungen beruhe. Doch sei es wahrscheinlicher, dass sie das Fehlen robuster und objektiver Maßnahmen zur Erkennung von Delirien widerspiegele.

Quelle: 1. Lander HL et al. JAMA Netw Open 2025; 8: e2519467; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2025.19467
2. Spence JD, Belley-Côté E. JAMA NetwOpen 2025; 8: e2519476; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2025.19476