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Sarkoidose: Klinische Erfahrung und Expertenmeinung dominieren die Therapieempfehlungen

Autor: Dr. Andrea Wülker

Das Präparat einer Honigwabenlunge, d.h. einer Lungensarkoidose im Endstadium mit vielen kleinen Zysten und verdickten Wänden. Das Präparat einer Honigwabenlunge, d.h. einer Lungensarkoidose im Endstadium mit vielen kleinen Zysten und verdickten Wänden. © wikimedia/Yale Rosen
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Ihre Ursache ist unbekannt, der klinische Verlauf nicht vorhersehbar und die Therapie oft unbefriedigend. Fast 150 Jahre nach ihrer Erstbeschreibung stellt die Sarkoidose immer noch eine Herausforderung dar. Dennoch – oder gerade deswegen – fasziniert die Erkrankung Ärzte und Wissenschaftler.

Die Sarkoidose tritt bei Menschen aller Altersgruppen und weltweit auf, am häufigsten betrifft sie aber Nordeuropäer und Afroamerikaner. An der Immunpathogenese der Sarkoidose sind komplexe Interaktionen zwischen genetischen Faktoren und Umwelt- bzw. infektiösen Triggern beteiligt, die schließlich zur Granulombildung führen, schreiben Professor Dr. Paolo Spagnolo von der Universität Padua/Italien und Kollegen. Wenn die granulomatöse Entzündung persistiert, kommt es zu Fibrose und Funktionsverlust der betroffenen Organe.

Die meisten Patienten weisen eine Beteiligung der Lunge und/oder der intrathorakalen Lymphknoten auf, doch können fast alle Organe befallen sein – vor allem solche, die Triggern aus der Umwelt ausgesetzt sind wie Haut und Augen. Etwa jeder 4. Sarkoidose-Patient entwickelt eine chronische oder progrediente Erkrankung, was zu erheblicher Morbidität und Mortalität führt. Die Lungenbeteiligung ist für die meis­ten sarkoidosebedingten Todesfälle verantwortlich.

Die häufigsten Symptome einer Lungensarkoidose sind trockener Husten und Dyspnoe. Die Auskultation ist selbst bei massivem radiologischem Befund in der Regel unauffällig. Was die bildgebenden Verfahren anbelangt, so weisen etwa 90 % der Patienten mit Lungensarkoidose auffällige Thorax-Röntgenaufnahmen auf. Eine Lymphadenopathie zeigt sich bei zwei von drei Sarkoidosekranken.

Die Diagnose Sarkoidose ist am wahrscheinlichsten, wenn entsprechende klinische und radiologische Zeichen vorliegen, nicht-verkäsende Granulome in einer Gewebebiopsie nachgewiesen werden und andere Ursachen einer granulomatösen Entzündung ausgeschlossen sind. Allerdings kann die Erkrankung auch ohne Biopsie bzw. Histologie diagnostiziert werden, sofern typische Manifestationen wie das Löfgren- oder Heerfordt-Syndrom oder eine asymptomatische bilaterale Vergrößerung der Hiluslymphknoten vorliegen, der Patient sorgfältig nachbeobachtet wird und sich die Diagnose anhand des Krankheitsverlaufs bestätigt. Für alle anderen Patienten empfehlen die italienischen Kollegen eine histologische Abklärung.

Komplikationen der terminalen Lungenerkrankung

Rund 5 % der Sarkoidose-Patienten entwickeln eine fortgeschrittene Lungenerkrankung, die im Endstadium zu folgenden Komplikationen führen kann:
  • Pulmonale Hypertonie mit einem Anstieg der Mortalität um mehr als das Zehnfache.
  • Chronische Lungenaspergillose, die Hämoptysen nach sich ziehen kann.
  • Akute Exazerbationen, die zu erheblicher pulmonaler Morbidität führen können.
  • Fatigue, die bei Sarkoidose-Patienten häufig vorkommt, insbesondere bei Frauen. Die ausgeprägte Müdigkeit kann Alltagsaktivitäten deutlich einschränken.

Immer andere Ursachen der Symptome ausschließen

Da die Lunge bei Sarkoidose sehr häufig befallen ist, erzielt die Bronchoskopie mit Biopsie die höchste diagnostische Ausbeute – es sei denn, dass besser zugängliche Stellen verfügbar sind, z.B. oberflächliche Lymphknoten, Konjunktiven oder Haut. Auch wenn die Klinik sehr für eine Sarkoidose spricht, sollten andere Erkrankungen erwogen und ausgeschlossen werden. Dazu dienen verschiedene Verfahren wie die hochauflösende Computertomographie, die Endosonographie, Bronchiallavage und die endobronchiale sowie transbronchiale Biopsie. Bei symptomatischen Patienten mit isolierter intrathorakaler Lymphadenopathie in der hochauflösenden Computertomographie ist außer an eine Sarkoidose am ehesten an eine Infektion oder ein Lymphom zu denken. Als nächster diagnostischer Schritt sollte daher eine Biopsie hilärer oder mediastinaler Lymphknoten via konventioneller transbronchialer Nadelaspiration oder Endosonographie erfolgen, raten Prof. Spagnolo et al.

Den Entzündungsprozess unterdrücken

Ist neben den Lymphknoten auch das Lungenparenchym beteiligt, vergrößert sich die Palette möglicher Differenzialdiagnosen erheblich, was eine transbronchiale Biopsie und eine bronchoalveoläre Lavage als ratsam erscheinen lässt. Sind in der Bildgebung Fibrosen erkennbar, werden aber zumindest Lymphome und die Tuberkulose unwahrscheinlich. Die Therapie der Sarkoidose zielt darauf ab, die granulomatöse Entzündung zu unterdrücken, da diese zu Fibrose und irreversiblen Organschäden führen kann. Daher stellen Kortikosteroide die wichtigste therapeutische Maßnahme dar, auch wenn sie die Erkrankung nicht heilen können. Immunmodulatorische und zytotoxische Substanzen werden im Allgemeinen bei Patienten eingesetzt, die auf Kortikosteroide nicht ansprechen, diese nicht vertragen oder die langfristig inakzeptabel hohe Kortikosteroiddosen benötigen. Zu diesen Zweitlinien-Medikamenten zählen Methotrexat, Azathioprin, Leflunomid und Mycophenolatmofetil. Bei therapierefraktärer Erkrankung wird Infliximab eingesetzt.

Drei klare Kriterien für die Therapieindikation

Nicht immer muss eine Sarkoidose behandelt werden. Die Hauptindikationen für eine Therapie sind eine organ- oder lebensbedrohende Erkrankung oder eine unzumutbare Einschränkung der Lebensqualität. Bei Lungensarkoidose sollte eine Therapie in folgenden Situationen erwogen werden:
  • zunehmende respiratorische Symptome
  • schwere Beeinträchtigung der Lungenfunktion oder wesentliche funktionelle Verschlechterung (u.a. ≥ 10 % Reduktion der FEV1 bzw ≥ 15 % Abfall der CO-Diffusionskapazität im Vergleich zu Ausgangsbefunden)
  • deutliche radiologische Progression
Doch auch in diesen Situationen basieren die Therapieempfehlungen hauptsächlich auf klinischer Praxis und Expertenmeinung und weniger auf den Ergebnissen randomisierter klinischer Studien. Eine einmal begonnene Therapie wird meist über 9–12 Monate durchgeführt – oder auch länger, wenn es zu einem Rückfall kommt. Anhand der Manifestation kann man ungefähr abschätzen, ob eine langfristige Behandlung erforderlich wird, wobei ein Erythema nodosum, nur geringe radiologische Veränderungen und eine Augenbeteiligung eher für eine wahrscheinliche Remission sprechen. Patienten, die trotz konventioneller Therapie eine chronisch-progrediente Erkrankung oder schwerwiegende Komplikationen aufweisen, sollten an ein Sarkoidose-Zentrum überwiesen werden.

Quelle: Spagnolo P et al. Lancet Respir Med 2018; 6: 389-402