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Schwerer COVID-19-Verlauf oder Multisystem-Inflammation – Differenzialdiagnose bei Kindern

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 (blau) kann auch Jüngere hart treffen. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 (blau) kann auch Jüngere hart treffen. © wikimedia/National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID)
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Kinder entwickeln bei einer Coronainfektion meist keine oder nur wenige Symptome. Vereinzelt kommt es jedoch zum Multisystem-Inflammationssyndrom, das sich kaum von einem schweren COVID-19-Verlauf unterscheiden lässt, aber deutlich bedrohlicher ist.

Auf schwere Komplikationen von COVID-19 bei Kindern wurde man letztes Jahr aufmerksam, als die ersten sehr jungen Patienten im kardiogenen Schock oder mit Symptomen einer Kawasaki-Erkrankung hospitalisiert wurden. Wie unterscheidet sich die akute schwere Präsentationen von COVID-19 klinisch vom sogenannten Multisystem-Inflammationssyndrom bei Kindern (MIS-C), welches nach einer Infektion mit dem Virus auftreten kann?

Als Definitionskriterien für das MIS-C haben die US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) festgelegt: Alter < 21 Jahre, Fieber über mindestens 24 h, Entzündungsmarker, Multiorganbeteiligung, kürzlich durchgemachte mittels PCR oder Antigentest bestätigte SARS-CoV-2-Infektion bzw. Kontakt mit einem COVID-19-Patienten in den vergangenen vier Wochen und Fehlen einer anderen plausiblen Ursache. 

MIS-C tritt auch während der Erkrankung gehäuft auf

Dies klinisch von einem akuten schweren COVID-19-Verlauf abzugrenzen, ist schwierig, da

  • es nur wenig Daten gibt zu ­schweren COVID-19-Verläufen bei Kindern, 
  • das MIS-C nicht nur nach, sondern auch während der Erkrankung gehäuft auftritt und 
  • ein überwiegend respiratorischer Phänotyp des MIS-C sich bei positivem SARS-CoV-2-Test auch klinisch mit einem schweren ­COVID-19-Verlauf überlappt.

Dr. Leora­ Feldstein­ von den CDC Atlanta und Kollegen haben anhand einer Fallserie von 1116 Kindern und Jugendlichen, die in den USA wegen eines MIS-C oder einer schweren Coronaviruserkrankung hospitalisiert wurden, eine Differenzierung versucht. Hierfür betrachteten sie neben klinischen Charakteristika auch laborchemische Biomarker und Outcome-Merkmale

Etwa die Hälfte der Kinder hatte ein MIS-C entsprechend den o.g. Kriterien. Die andere Hälfte des Kollektivs bildeten junge Patienten mit nachgewiesener Coronavirus-Erkrankung. Das MIS-C zeigte sich insgesamt als bedrohlicher: Deutlich mehr Patienten gehörten der jüngeren Altersgruppe von sechs bis zwölf Jahren an. 

Signifikant höher lag auch der Anteil von Patienten mit schwerer kardiorespiratorischer, kardiovaskulärer und mukokutaner Beteiligung. Auch das Entzündungsgeschehen war massiver: Das Neutrophilen-Lymphozyten-Verhältnis sowie die CRP-Konzentration lagen in der MIS-C-Gruppe signifikant höher, die Thrombozytenzahlen waren signifikant niedriger. Von den MIS-C-Patienten mussten 73,8 % auf der Intensivstation behandelt werden, von den COVID-19-Patienten 43,8 %. Während des Krankenhausaufenthalts starben 1,9 % vs. 1,4 % der Kinder.

Quelle: Feldstein LR et al. JAMA 2021; 325: 1074-1087; DOI: 10.1001/jama.2021.2091