Sehr schmerzhaft, aber harmlos Tendinitis als Ursache von Nackensteifigkeit

Autor: Dr. Vera Seifert

Eine akute retropharyngeale Tendinitis kann eine lange Vorgeschichte haben. Eine akute retropharyngeale Tendinitis kann eine lange Vorgeschichte haben. © Siam – stock.adobe.com

Hinter starken Nackenschmerzen können sich gefährliche Erkrankungen wie Meningitis, Spondylitis oder ein Retropharyngealabszess verbergen. Viel weniger bekannt ist die retropharyngeale Tendinitis, die sich ähnlich äußert, aber eine günstige Prognose hat.

Typischerweise macht sich die retropharyngeale Tendinitis mit der Trias akuter Nackenschmerz, Schluckstörung und eingeschränkte HWS-Beweglichkeit bemerkbar. Da die Erkrankung äußerst selten vorkommt, beschloss eine Arbeitsgruppe aus Mannheim und Basel, Daten von entsprechenden Fällen zusammenzutragen. Im Diako Mannheim erfassten PD Dr. Joachim Wolf und Team in den Jahren 2018 bis 2021 fünf Fälle – vier Frauen und einen Mann.

Fehldiagnosen sind keine Seltenheit

Ursache ist eine aseptische Entzündung von Sehnen und Muskelanteilen des M. longus colli, der an der Ventralseite der HWS verläuft. Schätzungsweise beträgt die Inzidenz 0,5 Fälle pro 100.000 Einwohner und Jahr, die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Denn nicht alle Betroffenen suchen ärztliche Hilfe – oder es wird eine falsche Diagnose gestellt. Die fünf Teilnehmenden der retrospektiven Beobachtungsstudie gaben starke Nackenschmerzen (numerische Ratingskala: 7 bis 10) und eine eingeschränkte Rotation der HWS an. Zwei der Frauen äußerten außerdem Schwierigkeiten bei der HWS-Beugung. Vier Personen litten unter einer schmerzhaften Schluckstörung (Odynophagie). Bei vier Erkrankten war das CRP moderat bis deutlich erhöht (bis 155 mg/l), bei zweien fand sich eine Leukozytose. Nur in einem Fall waren die Laborwerte absolut unauffällig. Bis die korrekte Diagnose gestellt wurde, dauerte es 2–14 Tage. In allen Fällen war im MRT ein über drei bis vier Halswirbelkörper reichendes prävertebrales Weichteilödem zu erkennen sowie Kalkablagerungen in der Aponeurose des M. longus colli.

Alle Patientinnen und Patienten erhielten zunächst Ibuprofen oder Diclofenac, vier zusätzlich Prednisolon über max. 14 Tage in absteigenden Dosen. Darunter besserten sich die Beschwerden innerhalb weniger Tage. Nach zwei Wochen waren alle frei von Symptomen und die Entzündungswerte rückläufig. Innerhalb der nachfolgenden fünf bis 30 Monate traten keine Rezidive auf.
Die geäußerten Beschwerden sowie die Dauer der Schmerzen entsprachen den Berichten anderer Fallserien, schreibt das Autorenteam. Erhöhte Entzündungsparameter kommen häufig vor. Trotzdem schließen Normwerte die Erkrankung nicht aus, wie der eine Patientenfall zeigte. Bei zwei der Betroffenen führten die Mannheimer Ärztinnen und Ärzte zusätzlich zur MRT noch eine CT durch, in der man die Kalzifikationen besser erkennen konnte. Sie halten aber die CT nur bei einem nicht ausreichend beurteilbaren MRT-Befund für erforderlich. In erster Linie dient das MRT dazu, schwerwiegende Differenzialdiagnosen wie eine zervikale Spondylodiszitis oder Spondylitis, eine Meningitis oder einen Retropharyngealabszess auszuschließen.

Als Ursache der retropharyngealen Tendinitis kommen wiederholte Mikrotraumen infrage, die zu ischämischen Sehnen- und Muskelschäden mit Nekrosen führen. Möglicherweise ist eine rheumatoide Arthritis ein Risikofaktor. Bei einer Patientin der Fallserie war eine seronegative chronische Polyarthritis bekannt, bei zwei weiteren Bandscheibenvorfälle im HWS-Bereich. Möglicherweise haben bei ihnen Schonhaltungen zu Mikrotraumen des Muskels geführt.

Quelle: Wolf J et al. HNO 2025; 73: 249-255; DOI: 10.1007/s00106-025-01594