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Trotz negativem Pricktest: Mit diesen 7 Tricks auch die seltenen Inhalationsallergene aufspüren

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Brennnessel, Fauchschabe, Apachiholz und Co. können – wenn auch selten – Allergien auslösen. Brennnessel, Fauchschabe, Apachiholz und Co. können – wenn auch selten – Allergien auslösen. © iStock/magdasmith; wikimedia commons/Almabes; iStock/tunaly
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Ein negativer Pricktest wird trotz verdächtiger Atemwegssymptome gemeinhin als „keine Allergie“ gedeutet. Sinnvoller kann es jedoch sein, den Patienten entsprechend seiner Orts-, Berufs- und Hobbyanamnese auch auf seltenere Inhalationsallergene zu testen.

Es gibt mehrere Gründe, warum ein Allergen „selten“ ist, d.h. in weniger als 3 % der Fälle eine Allergie auslöst. Einer davon ist das schwache Sensibilisierungspotenzial, etwa von Fichte, Tanne und Lärche. Auch das geringe Expositionsrisiko spielt eine Rolle, zum Beispiel gegenüber exotischen Pflanzen in Gewächshäusern oder nicht heimischen Tieren. So manches neue, initial seltene Allergen kann mit der Zeit aber durchaus zum häufigen mutieren, man denke nur an die Beifuß-Ambrosie, schreiben Universitätsdozent Dr. Felix Wantke und Universitätsdozent Dr. Wolfgang Hemmer vom Floridsdorfer Allergiezentrum Wien. Für einige seltene Pollenallergene – u.a. Gänsefuß, Glaskraut, Brennnessel, Platane und Zypresse – gebe es inzwischen Pricktest-Substanzen. Gleiches gelte für bestimmte Speichermilben und Schimmelpilze.

Um seltenen Allergien auf die Spur zu kommen, empfehlen die beiden Kollegen, die folgenden sieben Punkte zu berücksichtigen:

  1. Bei entsprechender Symptomatik sollte man trotz negativer Tests an seltene Allergene denken.
  2. Selten können sowohl Umwelt- als auch Berufsallergene sein.
  3. Die Seltenheit eines Allergens ist je nach geographischem Vorkommen relativ.
  4. Die Diagnose eines seltenen Al­lergens lässt sich nicht immer mit Standardpanels oder kommerziell erhältlichen Testpanels stellen.
  5. Die Serologie ist unzuverlässig.
  6. Die diagnostische Strategie heißt: Anamnese – Anamnese – Anamnese! Wenn möglich, einen Prick-to-Prick-Test und eventuell eine spezifische Provokation durchführen.
  7. Im Zweifelsfall sollte der Patient in einer allergologischen oder arbeitsmedizinischen Klinik vorgestellt werden.

Wie relevant seltene Inhalationsal­lergene im Einzelfall sein können, demonstrieren Dr. Wantke und Dr. Hemmer an einigen Fallbeispielen:

Reichlich Brennnesseln im Garten

Eine 16-Jährige kommt 2008 erstmals und danach fast jedes Jahr zwischen Mai und August wegen Rhinokonjunktivitis und Husten in die Allergieambulanz. Die Prick-Tests sind jedoch immer negativ. Erst als die Patientin 2013 das reichliche Brennnesselwachstum in ihrem Garten erwähnt, erfolgen ein gezielter Pricktest und die entsprechende Serologie. Die Untersuchungen bestätigen eine Brennnesselallergie. Eine spezifische Immuntherapie über zweieinhalb Jahre bessert die Symptome deutlich.

Schabenzucht für die Vogelspinnen

Seit Mitte 2010 klagt ein 34-Jähriger zunehmend über eine verstopfte Nase und Rhinitis. Er hält zu Hause Skorpione und Vogelspinnen und züchtet auch deren Futter – Heuschrecken und Schaben. Ein Routine-Allergietest auf Schaben-IgE verläuft negativ. Der Mann entwickelt immer stärkere Symptome und muss sogar 2011 wegen eines Asthma bronchiale stationär behandelt werden. Wenig später erfolgt eine Prick-to-Prick-Testung, die ein hochpositives Ergebnis für die vom Patienten kultivierte Madagaskar-Riesenfauchschabe ergibt. Die Schabenserologie ist hingegen nur schwach positiv.

Hirsesuppe in der Kur

Schon nach dem allerersten Verzehr von Hirse ist eine schwere anaphylaktische Reaktion möglich. Bei einer 88-Jährigen genügten im Kurhotel zwei Löffel Hirsesuppe, um ein Larynxödem mit Atemnot auszulösen. Von Vogelhaltern ist bekannt, dass es zu einer inhalativen Sensibilisierung auf Futterhirse kommen kann. Tatsächlich hatte die alte Dame vor mehr als 40 Jahren Wellensittiche besessen.

Gefährliches Sauna-Dielenholz

Fichte, Buche, Eiche – alles kein Problem. Verarbeitet die junge Tischlerin jedoch Abachiholz zu Bilderrahmen bzw. Sauna-Holzdielen, reagiert sie immer häufiger und heftiger mit Rhinokonjunktivitis, verstopfter Nase und Husten. Der Prick-to-Prick-Test fällt vor allem mit dem Staub des Holzes positiv aus. Das Hauptallergen des Abachiholzes, Trip s 1, zeigt eine Homologie mit Latex Hev b 6, eine Latexallergie lässt sich bei der Patientin allerdings nicht nachweisen, berichten die beiden Kollegen.

Papain im Fleischweichmacher

Zwei Mitarbeiterinnen eines Gewürzverarbeitungsbetriebs sind beruflich gegenüber papainhaltigem Fleischweichmacher (Mürbsalz) exponiert. An den Tagen der Papain-Abfüllung, die rund sechsmal im Jahr erfolgt, leiden sie zunehmend an Rhinitis, Konjunktivitis, Husten und Atemnot – offenbar Folgen einer Allergie, denn beide reagieren im Pricktest auf Papain, auch die Serologie ist positiv. Die Versetzung der Frauen an andere Maschinen bzw. das Tragen von Atemschutzmasken kann die Symptome deutlich lindern.

Papain wird aus dem getrockneten Milchsaft unreifer Papayas hergestellt und typischerweise eingesetzt für

  • Fleischweichmacher (Mürbsalz)
  • Kaugummi
  • Klärung von Bier
  • Medikamente
  • Kosmetik
  • Waschmittel, Zahnpasta, Reinigungsmittel für Prothesen und Kontaktlinsen
  • Verdauungshilfen

Quelle: Wantke F, Hemmer W. Pneumo 2019; 4: 10-15

Papain aus der Papaya Papain aus der Papaya © iStock/Tanja F
Hirse Hirse © iStock/zhengzaishuru,
Apachiholz Apachiholz © iStock/tunaly
Fauchschabe Fauchschabe © wikimedia commons/Almabes
Brennnessel Brennnessel © iStock/magdasmith