Immunkompetenz in Mitleidenschaft Wie lassen sich Impfungen an das schwächere Immunsystem bei Älteren anpassen?
Mit zunehmendem Alter nimmt die Immunkompetenz ab. Das begünstigt infektiöse, entzündliche und maligne Erkrankungen. Zudem verringert sich die Effektivität von Impfungen.
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Im Alter stehen unter anderem weniger naive B- und T-Zellen zur Verfügung, die Fähigkeit von Immunzellen zur Phagozytose lässt nach und sowohl B- als auch T-Zellen weisen funktionelle Defizite auf. Gleichzeitig bildet der Körper vermehrt inflammatorische Zytokine. Immunseneszenz und chronische Entzündungsreaktionen ebnen vielen altersassoziierten Autoimmun- und Tumorerkrankungen den Weg, schreiben Prof. Dr. Birgit Weinberger von der Universität Innsbruck und Dr. Peter Dovjak vom Salzkammergut Klinikum Gmunden. Ebenso sind im Alter Infektionen häufiger, verlaufen schwerer und können gravierende Folgen haben. Daher sind Impfungen gerade für ältere Erwachsene eine wichtige Schutzmaßnahme.
Einige Impfstoffe wirken jedoch bei Seniorinnen und Senioren nicht mehr so gut wie bei Jüngeren. Dem hat man versucht durch optimierte Vorgehensweisen bzw. neue Impfstoffe für die ältere Bevölkerung gegenzusteuern. Eine Strategie besteht in der Gabe von Impfstoffen mit höherem Antigengehalt. So lässt sich mit einem Hochdosis-Influenzaimpfstoff mit 60 µg Hämagglutinin/Stamm statt 15 µg eine höhere Antikörperkonzentration und eine verbesserte Wirksamkeit bei Älteren erreichen. Es gibt auch einen adjuvantierten Impfstoff, der außer dem Virusantigen das squalenhaltige Adjuvans MF59 enthält. Im Vergleich zur Standardvakzine zeigt der adjuvantierte Grippeimpfstoff ebenfalls eine verbesserte Wirksamkeit.
Herpes-zoster-Impfstoff erzielt > 90 % Wirksamkeit
Auf ein Adjuvans setzt man auch bei der Impfung gegen Herpes zoster, die Ältere vor der Infektion selbst und vor der Post-Zoster-Neuralgie schützen soll. Der erste Impfstoff für Erwachsene enthielt den gleichen attenuierten Varizellenstamm, der bei der Kinderimpfung eingesetzt wird, allerdings höher dosiert. Doch seine Wirksamkeit in Bezug auf Herpes zoster lag nur bei rund 50 %. Seit 2018 ist in Europa ein adjuvantierter Proteinimpfstoff zugelassen, der das rekombinant hergestellte Virusoberflächenprotein gE und ein spezielles Adjuvans (AS01B) enthält, eine Mischung aus Monophosphoryllipid A und dem Saponin QS-21. Diese Vakzine weist selbst bei betagten Menschen eine Wirksamkeit von über 90 % auf.
AS01B wird zudem bei einem kürzlich zugelassenen Proteinimpfstoff gegen das respiratorische Synzytialvirus (RSV) zugesetzt. Neben dieser adjuvantierten Vakzine gibt es noch einen Impfstoff ohne Adjuvans. Beide enthalten das virale Fusionsprotein F. Der mRSV-RNA-Impfstoff enthält dagegen in Lipidnanopartikeln die für das Protein kodierende mRNA. In ihren jeweiligen Zulassungsstudien zeigten alle drei Impfstoffe eine gute Wirksamkeit gegen Infektionen der unteren Atemwege, die bisher für zwei bis drei Jahre nachgewiesen ist. Die mRNA-Impfstoffe zeigten auch schon beim SARS-CoV-2-Virus eine gute Immunogenität und starke Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungen bei älteren Erwachsenen trotz des vielleicht nicht so lang anhaltenden generellen Infektionsschutzes.
Neuer Impfstoff gegen Pneumokokken verfügbar
Es gibt rund 100 Pneumokokken-Serotypen, die sich bezüglich ihrer Polysaccharidkapseln unterscheiden. Für Pneumokokken gibt es daher verschiedene Impfstoffe, die eine unterschiedliche Anzahl und Zusammensetzung an Serotypen abdecken. Da die Impfrate gegen Pneumokokken bei Kindern hoch ist, geht die Zirkulation der in diesen Impfstoffen enthaltenen Serotypen (derzeit bis zu 20 mögliche) auch bei Erwachsenen zurück. Seit dem Frühjahr 2025 ist in Europa neben den üblichen Vakzinen ein neuer Konjugatimpfstoff gegen Pneumokokken verfügbar, der 21 Serotypen enthält und speziell die Serotypen abdeckt, die bei älteren Menschen schwere Infektionen hervorrufen.
Impfungen tragen dazu bei, Leben zu retten, die Gesundheit älterer Menschen zu schützen und Kosten im Gesundheitswesen einzusparen, so das Fazit. Aufgrund der schwächeren Immunleistung kann es auch sinnvoll sein, bei Älteren die Intervalle für Auffrischungsimpfungen (Tetanus, Diphtherie, Pertussis und FSME) zu verkürzen. Leider liegen nach Auffassung der Gruppe aber die Durchimpfungsraten bei Seniorinnen und Senioren bisher deutlich unter den angestrebten Zielen.
Quelle: Weinberger B, Dovjak P. Z Gerontol Geriat 2025; 58: 517–527; doi: 10.1007/s00391-025-02496-4