Kolumne Mehr als ein Kongress – ein gemeinsamer Aufbruch!

Kolumnen DGIM 2025 Autor: Sebastian Alsleben

Auch bei diesem Thema hat man den Ruck wieder gespürt: Es muss sich dringend etwas ändern! Auch bei diesem Thema hat man den Ruck wieder gespürt: Es muss sich dringend etwas ändern! © Vitalii Vodolazskyi - stock.adobe.com

Der 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) stand dieses Jahr unter dem Motto: „Resilienz – sich und andere stärken“.

Ein Thema, das nicht nur die Vorträge prägte, sondern auch die Atmosphäre vor Ort. In einer Zeit, in der unser Gesundheitssystem unter immensem Druck steht – mit Krisen wie dem Fachkräftemangel, Strukturreformen und steigenden Preisen in jedem Bereich –, war es sehr erfrischend, auf dem Kongress so etwas wie einen „Ruck“, vielleicht sogar eine Art Aufbruchsstimmung zu erleben. Es ging nicht nur um medizinisches Wissen und um fachlichen Austausch, wie auf jeder Veranstaltung dieser Art. Sondern es war auch zu spüren: Wir streben gemeinsam nach besseren Arbeitsbedingungen und einer zukunftsfähigen Medizin!

Für mich standen in diesem Jahr vor allem gastroenterologisch und diabetologisch geprägte Symposien auf dem Programm. Gleich drei Stunden lang behandelte eine zweiteilige Session „Neues und Obsoletes aus der Gastroenterologie und Hepatologie“. Stark! Besonders im Kopf geblieben ist mir diese Aussage: „Die Indikationsstellung zur Verordnung von PPI beschränkt sich mittlerweile auf eine sehr, sehr kleine Gruppe an Patienten.“ Einprägsam, da zumindest bei uns in der Praxis nach wie vor alle nach dem „Magenschutz“ rufen – bei Ihnen auch?

Die Leitlinien aus den verschiedenen Fachrichtungen zum Thema SGLT2-Hemmer bzw. Inkretinmimetika haben mich mit positiven Effekten auf die Mortalität beeindruckt. Wichtig war aber auch das Signal: Im Fokus steht trotz aller neuen Therapiemöglichkeiten der Patient und sein Verhalten! Will heißen, auch in Zeiten der sogenannten Abnehmspritzen muss der Lebensstil weiterhin groß geschrieben werden.

So überzeugend wie zukunftsweisend waren Inhalte zu Wearables, zur Telemedizin und einer zeitgemäßen Krankenhausversorgung, etwa: Wie lässt sich eine nachhaltige und gesunde Patienten- und Personalverpflegung im Krankenhaus gestalten? Auch bei diesem Thema hat man den Ruck wieder gespürt: Es muss sich dringend etwas ändern!

Kongresse wie der DGIM sind auch Orte der Begegnungen: bekannte und neue Gesichter treffen, Kaffee trinken, produktiv diskutieren. Spannend dabei die Bandbreite an jungen und erfahrenen Menschen. Ob noch im Medizinstudium oder schon mit Professur, ob Allgemeinmedizin oder hochspezialisierte Rheumatologie – alle gemeinsam haben auf Augenhöhe gebrainstormt und sich ausgetauscht. Dabei schien es wirklich egal zu sein, welcher Titel und welche Stellung auf dem Namensschild stand. Da vollzieht sich ein Kulturwechsel und wir sind mittendrin.

Teilweise haben diese Begegnungen sogar etwas wie Gänsehaut bei mir ausgelöst. Das Interview mit Prof. Dr. Stephan Bischoff über Nahrungsmittelintoleranzen ist mir diesbezüglich in Erinnerung geblieben. Mit wie viel Sympathie und Expertise ist er auf meine Fragen eingegangen! Ich hätte das Gespräch stundenlang so weiterführen können. (Sie finden dieses und weitere Interviews vom Kongress, wenn Sie dem QR-Code auf dieser Seite folgen.) Aber auch mein erstes eigenes Symposium mit dem Themenschwerpunkt der zu oft verordneten Kortikosteroidtherapie in der Hausarztspraxis – mit den bezaubernden referierenden PD Dr. Rebecca Hasseli-Fräbel und Dr. Justus de Zeeuw – war toll!

Ich glaube, wir sollten das wieder viel häufiger in unseren ärztlichen Alltag einbauen. Ja, auch trotz der ganzen Arbeitsbelastung. Denn von mehr Zusammenarbeit und intensiver interdisziplinärer Verständigung profitieren alle. Wenn auf einem Kongress Kolleginnen und Kollegen aus der Nephrologie und der Kardiologie einer Meinung sind und dann auch noch die Allgemeinmedizin dazu einladen, bei ihren Symposien mitzudiskutieren – dann können solche Veranstaltungen eine echte Veränderung bringen, oder?