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Patientenbeauftragte landete bei Terminservicestellen in der Warteschleife

Gesundheitspolitik Autor: Maya Hüss

Viele Terminservicestellen der KVen waren schlecht oder sogar gar nicht zu erreichen. Rechts: Ingrid Fischbach, Patientenbeauftragte der Bundesregierung. Viele Terminservicestellen der KVen waren schlecht oder sogar gar nicht zu erreichen. Rechts: Ingrid Fischbach, Patientenbeauftragte der Bundesregierung. © fotolia/contrastwerkstatt; Laurence Chaperon
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Bei den Testanrufen der Patientenbeauftragten der Bundesregierung machten die Terminservicestellen von sieben der 17 KVen keinen guten Eindruck. Sie waren während der Öffnungszeiten schlecht erreichbar. Die KVen weisen allerdings die Kritik am mauen Service zurück.

„Die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen funktionieren gut“, sagt KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. In der Versichertenbefragung der KBV von 2017 berichtete über die Hälfte der Bürger von guten bis sehr guten Erfahrungen. Schlechte Erfahrungen hingegen machte die Patientenbeauftragte der Bundesregierung Ingrid Fischbach. Nach ihren Testanrufen im Dezember kommt sie zu dem Eindruck, dass bei sieben KVen „nicht von einem Service der Terminvermittlung“ gesprochen werden kann. So ertönte laut Fischbach bei der KV Westfalen-Lippe nur die Bandansage, dass alle Leitungen besetzt seien. In Berlin, Bremen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Nord­rhein und Hessen brachten zwei von drei Anrufen nichts ein, Verbindungen wurden in der Warteschleife beendet, bevor ein Kontakt entstand.

Die ertappten KVen reagieren unterschiedlich. Manche nehmen die Kritik zum Anlass, Sinn und Zweck der Servicestellen nochmals gänzlich infrage zu stellen.

Frank Dastych, Chef der KV Hessen, hält deren Einführung nach wie vor für „Symbolpolitik“. Der geringe Nutzen für die Patienten wiege die hohen Kosten nicht auf. Gleichwohl will die KV mit mehr Personal ihre Erreichbarkeit verbessern.

Auch die KV Nordrhein, die 2017 rund 12 000 Termine ermöglichte, zweifelt, ob die Servicestellen das „richtige Vermittlungsinstrument in Terminfragen“ sind. 15 % der Termine seien von den Anrufern nicht wahrgenommen worden. Am Ende profitiere nur ein kleiner Teil der Patienten von dem Aufwand. Bezüglich der Erreichbarkeit sieht sie weder ein generelles Problem noch kurzfristigen Änderungsbedarf.

Hausärzte kümmern sich direkt um eilige Behandlung

Die KV Berlin verweist auf viele Anrufer, die mangels Überweisung vom Hausarzt gar nicht berechtigt waren, wegen eines Facharzttermins innerhalb von vier Wochen bei der KV anzufragen. „Im Einzelfall kann es zu Einschränkungen in der Erreichbarkeit kommen, allerdings sollte daraus nicht gleich geschlossen werden, dass die Terminservicestelle der KV Berlin insgesamt schlecht erreichbar ist“, erwidert KV-Vorstand Dr. Burkhard Ruppert auf Fischbachs Kritik.

Psychotherapie ist gefragt

Nach Angaben der KBV hat die Zahl der Terminvermittlungen der KV-Servicestellen bundesweit von 120 000 im Jahr 2016 auf 190 000 im vergangenen Jahr zugenommen. Das liegt vor allem daran, dass seit April 2017 auch Psychotherapie-Termine vermittelt werden. Damit verbunden hat die KV Hessen eine Verdoppelung der Beratungszeit gemessen: Dauerte anfangs ein Telefongespräch im Schnitt sieben Minuten, sind es nun 15 bis 18 Minuten. Die KV Berlin verzeichnete 2017 mehr vermittelte Termine zu Psychotherapeuten (5520) als zu Fachärzten (5290).

„Es ist schwierig, Vorwürfe zu entkräften, die wir nicht überprüfen können“, äußert sich die KV Westfalen-Lippe. Generelle Schwierigkeiten bei der Erreichbarkeit ihrer Terminservicestelle verzeichnet sie nicht. Die KV Thüringen betont, dass viele akute Facharzttermine direkt über die Hausärzte laufen. Dringliche Überweisungen erfolgten so innerhalb eines Tages oder einer Woche. „Der Wille des Gesetzgebers wird somit in vollem Umfang umgesetzt.“ Zweifel bleiben somit nicht nur am Nutzen der Servicestellen für die Patienten, sondern auch an der nicht repräsentativen Stichprobe der Patientenbeauftragten.
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