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Image-Schaden für Arztberuf durch Funktionärs-Genöle?

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

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Wie sehen die Menschen ihren Arzt – als Heiler oder als Absahner? Und wie sieht sich der Arzt selbst im heutigen Gesundheitssystem? Die KBV ließ diese Fragen öffentlich diskutieren.

Laut Gesundheitsmonitor 2012 der Bertelsmann-Stiftung genießen Ärzte ein hohes Ansehen: 91 % der 1600 Befragten sprachen ihnen „hohes“ bzw. „eher hohes Vertrauen“ aus. Damit liegen Ärzte hinter Feuerwehrleuten, Hebammen, Krankenschwestern und Piloten an fünfter Stelle – und Politiker mit 6 % auf Platz 14.

Journalist vermisst bei Honorarstreit die Menschenfreunde

Das Ansehen der Ärzte in der Bevölkerung sei nach wie vor gut, bestätigte auf der „KBV kontrovers“- Veranstaltung „Spiegel“-Redakteur Alexander Neubacher. Doch Ärztefunktionäre täten alles, um das zu ändern. Ihr Verhalten habe „wenig mit dem Arztbild zu tun“. Er habe bei der letzten Honorarauseinandersetzung keine Menschenfreunde gesehen, die für ihre Patienten unterwegs waren, sondern nur welche, die im Habitus von Verdi-Chef Bsirske in Lohnauseinandersetzungen hineingegangen seien.


Ärzte als „finanzielle Opfer der Verhältnisse darzustellen“, hält Neubacher für falsch. Dazu seien die Einkommen in den Arztgruppen viel zu unterschiedlich. Wer mehr Honorar haben wolle, müsse das anders erklären. Die Vize-Vorsitzende der KBV, Regina Feldmann, verwies darauf, dass die Honorarforderungen eine gesetzliche Grundlage haben. „Das ist die Unwucht in diesem System“, sagte sie, der eine fordere solide Anpassungen, der andere lehne ab.

Mit Empathie kann man weder MFA noch Stromrechnung bezahlen

Die Forderungen müssten anerkannt werden, damit der Arzt auch seine Praxiskosten bezahlen könne. „In einem System, wo ein Teil Ökonomie ist, kann ich die Ökonomie nicht wegreden“, so Feldmann. Mit Empathie könne man auch nicht tanken, keine Helferin und keinen Strom bezahlen.

Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU Bundestagsfraktion, moniert bei den Verhandlungen in der Selbstverwaltung, dass die Gegner zunehmend versuchen, sich „medial die Beine wegzuhauen“. Diese Tendenz der negativen Darstellung des jeweils Anderen mache ihm Sorgen, so Spahn, denn das vergifte das Klima in der Selbstverwaltung.


Auch der Begriff „Streik“ aus der Ärzteschaft ärgert den Politiker, der das Urteil des Bundesgerichtshofs, dass selbstständig tätige Vertragsärzte keine Amtsträger der Krankenkassen sind, für richtig hält. Streiken schadet dem Ansehen der Ärzteschaft, ist sich Spahn sicher. Allerdings sieht er auch eine große Diskrepanz zwischen dem, was in Berlin passiert, und dem, was vor Ort geschieht – nämlich, dass Ärzte ihre Praxen nicht zumachen.

Es wird zu wenig Positives über den Arztberuf erzählt

Spahn kritisiert, dass Ärzte kaum berichten, was sie Gutes tun. „Ich frage mich in Veranstaltungen manchmal, wer von den jungen Menschen sich noch für den Arztberuf entscheidet, nachdem er 60 Minuten viel Schlechtes darüber gehört hat“, so der Politiker. Gehe es um die Bedingungen im ländlichen Raum, werde nur dargestellt, wie furchtbar das ist. Die Politik habe hier sicher auch eine Mitschuld.


Dr. Max Kaplan, Vizepräsident der Bundesärztekammer, sieht in einem Arzt vor allem den „Philanthropen, Heiler, Zuhörer und Helfer“: „Diesen Beruf haben wir doch ergriffen, weil wir eine gewisse soziale Kompetenz mitbringen und anderen Menschen beistehen wollen.“ Die Arbeit mit Patienten sei deshalb für ihn Profession und nicht Beruf.

7,5 Minuten Sprechzeit pro Patient 

Dr. Kaplan kritisiert, dass Ärzte heute großen ökonomischen Zwängen ausgesetzt sind. Er arbeite selbst noch in seiner Hausarztpraxis; hier müsse alles „gut durchgetaktet sein“. Er habe durchschnittlich nur 7,5 Minuten Sprechzeit pro Patient.


Trotz des ökonomischen Korsetts will der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer ökonomische Terminologie wie „Leistungserbringer“ auf Ärzte nicht angewandt sehen.„Wir müssen uns dagegen wehren und aufpassen, dass die Politik unseren Beruf nicht kaputt macht“, so Dr. Kaplan.


Gegen den Begriff „Leistungserbringer“ wehren sich die Ärzte vehement. Auf der KBV-Sonder-Vertreterversammlung im September wurde beschlossen, sich nicht mehr so nennen zu lassen. Ärzte als Leistungserbringer und Auftragnehmer der Krankenkassen zu titulieren, sei „diffamierend und respektlos“, hatte KBV-Chef Dr. Andreas Köhler erklärt. Und so erregte allein die Erwähnung des Begriffs auch bei „KBV kontrovers“ die Gemüter.

Politikerin: Augenmerk auf zweifelhafte Anreize legen

Dr. Marlies Volkmer, stellv. gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, sieht hier dagegen kein Problem. Leistungserbringer für die gesetzlichen Krankenkassen zu sein, habe schließlich den Vorteil, die Sachleistung nicht mit dem Patienten abrechnen zu müssen. Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen hätten mit Budgets und Regressandrohungen mehr Probleme, als mit dem Begriff „Leistungserbringer“, so die Politikerin und Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.


Mit Blick auf das Ansehens der Ärzte bei den Patienten, warnte sie, sich nicht von Anreizen wie Op.-Zielvereinbarungen, IGeL oder Zuwendungen „verführen zu lassen“. Nicht immer sei es im Interesse der Patienten, dass eine Leistung erbracht wird.

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