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Schlaganfall „Die Empfehlungen sind mehr als vage“

Autor: Manuela Arand

Ob man bei positivem Thrombusnachweis früher nach dem Schlaganfall mit der Antikoagulation
startet oder das nicht doch zu riskant ist, muss im Einzelfall diskutiert werden. Ob man bei positivem Thrombusnachweis früher nach dem Schlaganfall mit der Antikoagulation startet oder das nicht doch zu riskant ist, muss im Einzelfall diskutiert werden. © iStock/ Tunatura
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Es hat sich eingebürgert, Patienten mit ischämischem Schlaganfall per Schluckecho zu untersuchen, um nach kardialen Emboliequellen zu fahnden. In bestimmten Situationen lässt sich darauf aber verzichten.

Kardiale Embolien sind für etwa ein Viertel der ischämischen Schlaganfälle verantwortlich. Meist liegt ein Vorhofflimmern zugrunde, aber auch Herzinsuffizienz, Endokarditis, offenes Foramen ovale (PFO) oder Interventionen (iatrogen) können eine Emboliequelle darstellen. Ein weiteres Viertel der ischämischen Schlaganfälle gilt als kryptogen: Man hat (noch) keine Ätiologie gefunden.

Grundsätzlich bedarf jedes Ereignis einer strukturierten Ursachenklärung, in der die kardiale Bildgebung neben dem EKG-Monitoring einen festen Platz hat, erläuterte Professor Dr. Karl Georg Häusler, Universitätsklinikum Würzburg. „Die Echokardiographie ist hier unverändert der Goldstandard“, so der Neurologe. Transthorakale (TTE) und transösophageale (TEE) Bildgebung zeigen dabei unterschiedliche, komplementäre Stärken. Das TEE ist dem TTE vor allem überlegen, wenn es an die Detektion von Endokarditiden, Thromben im linken Vorhofohr oder PFO geht. Atheromatöse Plaques in der Aorta, ebenfalls eine mögliche Emboliequelle, lassen sich sogar nur per TEE nachweisen.

In der Hamburger CONTEST-Studie hat sich gezeigt, dass sich die Diagnose der Schlaganfallursache bei Patienten, die bereits per TTE untersucht waren, in vielen Fällen durch das TEE änderte. Die Number needed to screen, um einen therapeutisch relevanten Befund zu erheben, betrug gerade mal 14, bei Patienten unter 60 Jahren sogar nur 7. Natürlich stehen noch Kardio-CT und -MRT als Untersuchungsmethoden zur Verfügung, die aber speziell für Patienten mit schwerem Schlaganfall nur bedingt geeignet sind und auch nicht von jedem toleriert werden. Beide zeigen außerdem Schwächen beim PFO-Nachweis.

„Die Empfehlungen zur Echokardiographie beim akuten Schlaganfall sind allerdings mehr als vage“, befand Prof. Häusler. Es fehlt an randomisierten kontrollierten Studien, die belegen, dass sich durch die Bildgebung Rezidive verhindern lassen. Diverse internationale Leitlinien raten dazu, selektierte Patienten mit Verdacht auf eine kardiale Emboliequelle zu untersuchen und präferieren dazu meist die TTE, sofern sie überhaupt diskriminieren.

Die deutsche S2e-Leitlinie „Akuttherapie des ischämischen Hirninfarktes“ vom letzten Jahr rät mit hoher Empfehlungsstärke und Evidenzgrad 1 zur TEE, wenn die Routinediagnostik samt TTE keine definitive Ursache ergeben hat und sich aus dem TEE-Befund potenzielle Konsequenzen ergeben. Hier kommt eine ergänzendes einstimmiges Statement der Leitlinienautoren ins Spiel, demzufolge nur wenige Befunde – z.B. Endokarditis, PFO bei jungen Patienten, intrakardiale Tumoren – überhaupt eine evidenzbasierte spezifische therapeutische Konsequenz nach sich ziehen.

Wie stark ist die Echokardiographie bei

Schlaganfallpatienten?

 

Transthorakal

Transösophageal

linksventrikulärer
Thrombus

moderat (gut mit
Kontrastmittel)

moderat (gut mit Kontrastmittel)

Kardiomyopathie

gut

moderat

Beurteilung des
linken Vorhof(ohr)s

moderat

sehr gut

offenes Foramen
ovale

gut

sehr gut

Klappenerkrankung

gut

sehr gut

intrakardialer Tumor

moderat

gut

atheromatöse
Plaque in der Aorta

-

gut

Interessant wird die Frage nach der Notwendigkeit zur Echokardiographie bei Patienten mit bekanntem Vorhofflimmern, bei denen ohnehin die Indikation zur Antikoagulation besteht. „Sie könnten im Echo natürlich Hinweise für eine alternative Schlaganfallursache finden“, so Prof. Häusler. So stellten er und
seine Kollegen in einer eigenen Studie nur vereinzelt Thromben im Herzen oder eine Wandhypokinesie fest, jedoch in jedem dritten Fall Plaques im Aortenbogen. Therapeutische Konsequenz: keine.

Ob man bei positivem Thrombusnachweis früher nach dem Schlaganfall (wieder) mit der Antikoagulation startet oder das – Stichwort Einblutung ins Infarktareal – nicht doch zu riskant ist, muss im Einzelfall diskutiert werden. Bei Patienten mit geringer Infarktausdehnung und leichter Symptomatik erscheint das Echo jedenfalls verzichtbar. „Wir setzen es primär ein, wenn wir aufgrund von Symptomatik und
Bildgebung ein, zwei Wochen mit der Antikoagulation warten würden“
, so Prof. Häusler.

Kardiologen und Neurologen sollten die Indikation zur TTE respektive TEE wie auch insgesamt zu Art und Umfang der kardialen Diagnostik beim akuten ischämischen Schlaganfall gemeinsam und individuell stellen. Steht eine Vaskulitis oder Gefäßdissektion als Ursache schon fest, ist das Echo ebenso verzichtbar, wie wenn bereits klar ist, dass keine Therapie aus dem Befund folgen wird.

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