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Alpha-1-Antitrypsinmangel Heterogenes Erbe

Autor: Dr. Daniela Erhard

COPD, Leberschäden oder c-ANCA-Vaskulitiden – Alpha-1-Antitrypsinmangel kann ein breites Spektrum von Erkrankungen verursachen. COPD, Leberschäden oder c-ANCA-Vaskulitiden – Alpha-1-Antitrypsinmangel kann ein breites Spektrum von Erkrankungen verursachen. © iStock/Hailshadow
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Manchmal reicht eine einzige Punktmutation, um Lunge und Leber zu schädigen. Beim Alpha-1-Antitrypsinmangel ist das so. Die Ausprägungen können aber höchst unterschiedlich sein.

Emphysem und COPD, Asthma, idiopathische Bronchiektasen, Leberschäden ohne erkennbare Ursache, nekrotisierende Pannikulitis oder c-ANCA-Vaskulitiden – bei all diesen Erkrankungen sollte man auch an einen Mangel an Alpha-1-Antitrypsin (AAT) als Ursache denken. So gut wie ausgeschlossen ist er, wenn der Serumspiegel des Enzyms > 110 mg/dl liegt – vorausgesetzt, es liegt aktuell keine aktive Entzündung vor. Denn als Akutphase-Protein steigt das AAT in solchen Situationen an und kann einen Mangel maskieren, erläutern Barbara Burbaum und Kollegen von der Medizinischen Klinik III der RWTH Aachen. Bestätigt sich dagegen das Defizit, raten sie zur isoelektrischen Fokussierung, d.h. zur elektrophoretischen Auftrennung des Proteins, und zur Genotypisierung. 

Pulmonale Schäden durch Proteolyse

Relevant sind vor allem die Z- und die S-Mutation im kodierenden Gen. Sie vermindern die AAT-Sekretion vorwiegend aus der Leber ins Blut, der Serumspiegel sinkt, es kommt zum Wirkungsverlust vor allem, was die Hemmung der Elastase betrifft. Dieser führt in der Lunge zu einer proteolytischen Schädigung. In der Leber akkumuliert das falsch gefaltete Alpha-1-Antitrypsin und löst proteotoxische Schäden aus. 

In welchem Ausmaß dies geschieht, ist variabel. Insbesondere Patienten mit Z-Mutation scheinen einer hohen Gefahr für Leberschäden ausgesetzt zu sein. Selbst bei heterozygoten Trägern, die in der Bevölkerung mit einer Rate von 1:40 vertreten sind, verdoppelt sich ohne weitere Risikofaktoren das Risiko für eine Zirrhose. Von den homozygoten entwickeln 10 % bereits im Kindesalter eine schwere Cholestase und 2 % ein Leberversagen. Im späteren Erwachsenenalter kommt es bei 20–35 % zu einer relevanten Leberfibrose, die Gefahr für eine terminale Lebererkrankung ist für diese Gruppe um das 20-Fache erhöht.

Menschen, die sowohl eine Z- als auch eine S-Mutation aufweisen, entwickeln offenbar einen intermediären Phänotyp. Ihr Risiko für eine Leberfibrose ist verdreifacht, das für Lebertumoren versiebenfacht. Zur Einschätzung des Leberschadens empfiehlt sich neben der Sonographie auch die Elas­tographie. 

Therapeutisch bietet sich bei Patienten mit pulmonaler Beteiligung die wöchentliche i.v.-Substitution von humanem AAT an. Bei schweren Leberschäden ist die Transplantation bisher die einzige Option. Derzeit werden aber verschiedene Pharmaka getestet, welche die AAT-Produktion unterdrücken oder die Faltung des Proteins korrigieren sollen. 

Quelle: Burbaum B et al. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 714-718; DOI: 10.1055/a-1277-9066