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Rheuma Speiseplan bremst Gelenkentzündungen

Autor: Maria Weiß

Eine gesunde Ernährung kann die Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen unterstützen. Eine gesunde Ernährung kann die Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen unterstützen. © iStock/Oporty786
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Die Ernährung spielt in der Rheumatologie eine wichtige Rolle. Sie fungiert sowohl als Risikofaktor für rheumatische Erkrankungen als auch als möglicher komplementärer Therapieansatz.

Vor allem große prospektive Kohortenstudien wie die Women’s Health Initiative oder die Nurses’ Health Study liefern Daten, wie die Ernährung zur Entstehung rheumatischer Erkrankungen beitragen kann, berichtete Prof. Dr. Gernot Keyßer vom Arbeitsbereich Rheumatologie am Universitätsklinikum Halle. Die ausführlichen Ernährungsprotokolle dieser Studien zeigen unter anderem, dass eine sehr geringe Aufnahme von Ballaststoffen mit höheren Spiegeln von CRP und proinflammatorischen Zytokinspiegeln wie IL-6 einhergeht. Vermittelt wird diese Assoziation möglicherweise durch einen positiven Einfluss der Ballaststoffe auf das Darmmikrobiom, sagte der Rheumatologe.

Im Rahmen der Nurses’ Health Study wurde ein „Alternative Healthy Eating Index“ (AHEI) mit Einteilung in gesunde und ungesunde Lebensmittel entwickelt. Als ungesund zählten rotes Fleisch, Softdrinks, Kochsalz und gesättigte Fette – als gesund Nüsse, Obst, Gemüse, Vollkornprodukte und moderate Alkoholmengen.

Schützender Effekt ist vorhanden, aber klein

Für das erste versus das letzte Quartil vom AHEI-Index wurde eine Risikoreduktion vor allem hinsichtlich der rheumatoiden Arthritis (Hazard Ratio, HR, 0,67) gezeigt. Sehr groß ist der Effekt, der nur für Frauen < 55 Jahren belegt ist, nicht: Von 100 Frauen erkranken nur zwei anstatt drei an rheumatoider Arthritis (RA). Allerdings wurde auch gezeigt, dass sich eine Ernährungsumstellung in Richtung gesunder Lebensmittel durchaus lohnt. Erreicht man im Index mindestens 75 Punkte, reduziert sich das Risiko um 60 %.

Auch die mediterrane Kost mit viel Gemüse, Fisch, Meeresfrüchten, Rotwein, Zitrusfrüchten, Olivenöl und Nüssen hat durchaus präventives Potenzial. In einer schwedischen Kohortenstudie reduzierte sich durch sie die Krankheitsaktivität von Männern mit RA um etwa ein Drittel – sofern diese zwölf Wochen durchhielten.

Weitere Risikofaktoren für rheumatische Erkrankungen sind Rauchen, kochsalzreiche Kost, Vermeiden von Fischkonsum und vor allem Übergewicht. In der Nurses-Health-Studie war eine Gewichtszunahme von 20 kg im Verlauf der Jahre mit einem dreifach höheren Risiko für eine seropositive RA assoziiert. Auch das Risiko für Psoriasis und Psoriasisarthritis steigt mit zunehmendem Bauchumfang. Sowohl bei totaler Alkoholabstinenz als auch bei höherem Konsum ist das Risiko für eine RA erhöht. Am günstigsten ist ein Konsum von 9 g Alkohol am Tag – das entspricht einem kleinen Bier oder 100 ml Wein an fünf Tagen in der Woche.

Liegt bereits eine rheumatische Erkrankung vor, möchten viele Patienten wissen, wie sie den Verlauf durch die Ernährung günstig beeinflussen können. Viele setzen auf „Heilfasten“ mit der Vorstellung, ihren Körper von „giftigen Schlacken“ zu befreien. Diese Erklärung, die noch auf der hippokratischen Säftelehre beruht, ist natürlich wissenschaftlich nicht haltbar, sagte Prof. Keyßer. Fasten kann aber tatsächlich zu einer kurzfristigen Schmerzreduktion führen, was vor allem durch die höheren Kortisolspiegel unter Fastenbedingungen erklärt wird. Ansonsten wirkt Fasten am ehesten über die damit verbundene Gewichtsabnahme positiv auf das Entzündungsgeschehen. In einer kleinen Studie konnte bei 41 Patienten mit Psoriasisarthritis eine Verringerung der Krankheitsaktivität durch eine Gewichtsreduktion gezeigt werden, was sich auch in einer aktuellen Studie bei adipösen RA-Patienten bestätigte.

Wie sieht es mit der in letzter Zeit sehr beliebten glutenfreien Kost bei Rheuma aus? Unter einer glutenfreien veganen Ernährung über neun Monate konnte zwar eine gewisse Symptombesserung gezeigt werden – die Abbruchrate war aber sehr hoch. Zudem enthält eine glutenfreie Diät oft zu wenig Ballast- und Mineralstoffe und zu wenig Vitamin D, B12 und Folsäure. Man sollte bei Patienten mit RA nach einer Zöliakie fahnden, weil beide Erkrankungen oft assoziiert sind, riet Prof. Keyßer.

Bei mancher Kost droht Proteinmangel

Häufig werden Rheumapatienten antientzündliche Diäten empfohlen. Diese haben einen hohen Anteil von Gemüse, Obst, Olivenöl und Fisch bei drastischer Reduktion von Zucker, Salz und Fleisch. In der ADIRA-Studie mit einem sehr eingeschränkten überwiegend pflanzlichen Speiseplan mit viel Olivenöl wurden zum Teil positive Effekte erzielt. Doch auch diese Kost hat ihre Probleme, da sie evtl. zu wenig Proteine enthält.

Hoffnungen liegen auch auf Nahrungsergänzungsmitteln und Superfood. Doch Cranberrysaft oder auch Probio­tika haben entgegen Aussagen  in der Laienpresse nur einen marginalen Effekt auf die Entzündungsaktivität. Omega-3-Fettsäuren könnten dagegen eine positive Wirkung auf Arthritisschmerzen haben – bei Arthrose wurde das nicht belegt. Man braucht aber sehr hohe Dosen und muss zwei bis drei Monate Geduld mitbringen. Anti­oxidanzien (z.B. Quercetin, Liponsäure, Vit­amin E), Spurenelemente (z.B. Selen, Zink) oder Vitaminpräparate haben sich in Substitutionsstudien als wirkungslos erwiesen.

Was bleibt also unter dem Strich? Mit dem Erhalten oder Erreichen von Normalgewicht ist schon viel getan. Ansonsten ist sowohl präventiv also auch bei manifestem Rheuma am ehesten eine pflanzenbasierte ballaststoffreiche Mittelmeerkost mit viel Fisch und Verzicht auf rotes Fleisch zu empfehlen.

Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2022