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Tabakersatzprodukte Von wegen harmlos

Autor: Maria Weiß

Der Markt bietet mittlerweile E-Zigaretten und Tabakerhitzer für (fast) jeden Geschmack. Der Markt bietet mittlerweile E-Zigaretten und Tabakerhitzer für (fast) jeden Geschmack. © makcoud – stock.adobe.com
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E-Zigaretten oder Tabakerhitzer werden oft als weniger schädliche Alternative zu herkömmlichen Zigaretten vermarktet. Vor allem junge Menschen nutzen die neuen Produkte – bei offenbar niedrigem Risikobewusstsein. Antirauchkampagnen kommen dem Trend kaum hinterher.

Bei E-Zigaretten wird ein nikotinhaltiges Liquid verdampft, wobei in der Regel relativ hohe Konzentrationen des Alkaloids freigesetzt werden. Tabakerhitzer produzieren ein Aerosol, und bei den aus Skandinavien stammenden Nikotin-Pouches, den sogenannten Nicopods oder Portionssnus, klemmt man sich Beutelchen unter die Oberlippe. Anders als herkömmlicher Kautabak enthalten sie keinen Tabak, sondern Nikotinpulver, Salze sowie Süß- und Geschmacksstoffe.

Gesundheitsgefahr durch freigesetzte Giftstoffe

Der zunehmende Konsum dieser Tabakersatzprodukte v.a. in der jungen Generation bereitet der European Respiratory Society (ERS) Sorge, berichtet Dr. Daniel Chen von der Universität Oxford. Nicht nur, dass bei den meisten Produkten eine Nikotinabhängigkeit droht – auch die sonstigen freigesetzten Substanzen können eine Gesundheitsgefahr darstellen. Die ERS hat sich daher in acht Statements zu den neuen Tabakersatzprodukten positioniert.

  1. Auch wenn die Tabakindustrie von einer reduzierten Schädlichkeit spricht, gibt es berechtigte Bedenken hinsichtlich potenzieller Gesundheitsrisiken. Die Langzeitsicherheit der Produkte ist nicht belegt. Vieles deutet darauf hin, dass sich ihr Gebrauch negativ auf das respiratorische und kardiovaskuläre System auswirkt.
  2. Die meiste „Evidenz“ für eine Schadensbegrenzung durch die neuen Produkte stammt von der Tabakindustrie selbst. Eine Manipulation der Untersuchungsergebnisse aus rein wirtschaftlichem Interesse ist also nicht auszuschließen. Für zuverlässige Daten zu Sicherheit und Risiken der neuen Produkte wird unabhängige Forschung benötigt.
  3. Auch wenn die Nikotin- und Tabakersatzprodukte für einzelne starke Raucher vielleicht weniger schädlich sind als traditionelle Zigaretten, können sie auf Bevölkerungsebene viel Schaden anrichten. Das gilt vor allem dann, wenn bisherige Nichtraucher damit einsteigen und Ausstiegswillige zu kombiniertem Konsum verleitet werden.
  4. Tabak- und Nikotinprodukte führen vor allem Jugendliche in die Nikotinabhängigkeit. Eine wichtige Rolle spielt dabei neben den interessanten Geschmacksrichtungen auch die ansprechende Werbung. Auch wenn es sich aktuell nur schwer belegen lässt, ist davon auszugehen, dass jugendliche Nutzer von E-Zigaretten später im Leben mit größerer Wahrscheinlichkeit zu herkömmlichen Zigaretten greifen werden als solche, die die Finger von Tabakersatzprodukten lassen.
  5. Die Verfügbarkeit von Tabakerzeugnissen ist in den jeweiligen Ländern Europas sehr unterschiedlich geregelt. Ohne entsprechende Gesetze könnte der Nikotin und Tabakkonsum mit zunehmender Verbreitung der E-Zigaretten und Erhitzer bald wieder als Normalität empfunden, Antirauchkampagnen erschwert und neue Generationen von Nikotinabhängigen herangezogen werden.
  6. Am besten ist es, das Rauchen ganz aufzugeben. Alle nikotinhaltigen Tabakersatzprodukte machen abhängig und sind gesundheitsschädlich und sollten daher auch starken Rauchern nicht als Ersatz für Zigaretten empfohlen werden.
  7. Viele Nutzer der neuen Tabakersatzprodukte nehmen keineswegs Abstand von traditionellen Zigaretten. Der kombinierte Konsum kann gesundheitliche Gefahren potenzieren – durch verstärkte Abhängigkeit und die Exposition gegenüber zusätzlichen Giftstoffen.
  8. Anders als von der Tabakindustrie oft dargestellt, ist nicht bewiesen, dass es Rauchern mit der Zeit immer schwerer fällt aufzuhören. Auch sinkt ihre Motivation zum Rauchstopp keinesfalls. Die Prävalenz von Rauchern hat EU-weit in den letzten zehn Jahren abgenommen. Das spricht für den Erfolg von Antirauchkampagnen.

Oberste Priorität hat für die ERS, den Tabakkonsum zu reduzieren und junge Menschen vor der Abhängigkeit von den neuen Produkten zu bewahren. Ziel bleibt eine „tabakfreie Generation“ bis 2040.

Quelle: Tzu-Hsuan Chen D et al. Eur Respir J 2024; 63: 2301808; DOI: 10.1183/13993003.01808-2023