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Verah-Care-Programm „Intransparente Doppelfinanzierung“

Niederlassung und Kooperation Autor: Cornelia Kolbeck

Verah sind eine sinnvolle Ergänzung 
vor dem Hintergrund ländlicher Strukturen. (Agenturfoto) Verah sind eine sinnvolle Ergänzung vor dem Hintergrund ländlicher Strukturen. (Agenturfoto) © highwaystarz – stock.adobe.com
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Seit 2014 haben sich mehr als 300 MFA in Mecklenburg-Vorpommern zur „Verah-Care“ weiterqualifiziert und ca. 8.000 Versicherte der AOK Nordost betreut. Doch die Kasse vermisst den Nutzen und hat den Vertrag gekündigt.

„Ganz offensichtlich erfolgte die Beendigung aus Gründen der ,Kassenlage‘, d.h. die AOK Nordost kann oder will keine Mittel für die Verah-Care-Betreuung mehr bereitstellen, wenn der Vertrag nicht zu Einsparungen in von der Krankenkasse definierten Bereichen führt.“ So kommentiert die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern den Ausstieg.

Besonders die Haus­ärzte kritisieren diesen. Sie seien „nicht Auftragnehmer für kassendefinierte Einsparziele“, heißt es. Mit großer Sorge nehme man zur Kenntnis, dass die ambulante medizinische Versorgung in MV gegenwärtig und künftig von der Haushaltslage einzelner Krankenkassen und dem „Aussitzen“ von Entscheidungen der Bundespolitik abhängig sei, so die KV.

Angestrebtes hochwertiges Fallmanagement nicht erreicht

Die AOK sieht kein Problem. „Die Gemeindeschwester Verah kann sich auch weiterhin um eine gute häusliche Versorgung der Versicherten in Mecklenburg-Vorpommern kümmern“, bemerkt Dirk Becker, Pressesprecher der AOK Nordost. Die sog. Gemeindeschwestern seien Teil der Regelversorgung und könnten von den Ärzten mit allen Krankenkassen abgerechnet werden.

Die Kasse moniert, dass das angestrebte qualitativ hochwertige Fallmanagement über den bisherigen Verah-Care-Vertrag nicht erreicht wurde. In sieben Jahren Laufzeit habe der Vertrag zwar hohe Kosten verursacht, sein eigentliches Ziel – den Versicherten unnötige Wiedereinweisungen ins Krankenhaus zu ersparen – habe er jedoch nicht erreicht. Laut AOK kann ein solches Fallmanagement nicht nebenher bei einem normalen Hausbesuch erfolgen, sondern es beinhaltet das Handeln in akuten Situationen:

  • Organisation der Krankenhauseinweisung inklusive Fahrt in die Klinik
  • Organisation der Entlassung aus dem Krankenhaus gemeinsam mit dem stationären Entlassmanagement
  • Unterstützung beim Umstellen der Medikation nach der Entlassung aus dem Krankenhaus
  • Organisation der ärztlichen und therapeutischen Anschlusstermine
  • im Bedarfsfall Organisation der Reha
  • Prüfen des Wohnumfeldes und ggf. Einleiten von Wohnumfeld verbessernden Maßnahmen, falls der Patient beispielsweise einen Rollstuhl benötigt.

Die Vorwürfe der Krankenkasse sind hart. Ärzte hätten praktisch bei jedem Hausbesuch ihrer Gemeindeschwester auch die gesonderten Leistungen des Fallmanagements abgerechnet, ohne diese nachzuweisen, sagt Becker. „Wir können im Sinne unserer Versicherten diese intransparente Doppelfinanzierung nicht so weiterlaufen lassen.“

Verah-Care-MFA würden den Fall einer stationären Aufnahme durchaus fachgerecht vorbereiten und nach Klinikaufenthalten alle pflegerischen und therapeutischen Maßnahmen koordinieren, erwidert die KV. Die Assistentinnen würden in der häuslichen Umgebung der Patienten z.B. prüfen, ob die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme sowie die Einnahme von Medikamenten verlässlich erfolge. Sie würden bei sozialmedizinischen Fragen helfen und Patienten durch den „Bürokratie-Dschungel“ der Gesundheitsversorgung leiten.

Mehr Entlastung für Hausärzte als in der Regelversorgung

„All das und vieles mehr hat zum Ziel, dass der Patient trotz chronischer Krankheiten so lange wie möglich gut medizinisch versorgt wird und in der vertrauten Häuslichkeit leben kann – und das auch auf dem Land“, erklärt die KV. Dass die AOK Nordost noch vor Ende der vereinbarten Übergangsfrist und ohne die noch laufenden Verhandlungen abzuwarten den Vertrag gekündigt hat, stößt deshalb in der Schweriner Ärztespitze auf Unverständnis.

Die Barmer, die Innungskrankenkasse Nord und die Landwirtschaftliche Krankenkasse halten – anders als die AOK – weiterhin an den Verträgen zum Angebot fest.

„Durch das Verah-Care-Programm wird sichergestellt, dass die speziell ausgebildeten Versorgungsassistentinnen in unserem Bundesland die Hausärzte in einem größeren Ausmaß entlasten als es die Regelversorgung vorsieht“, erklärt Franziska Sanyang, Landespressesprecherin der Barmer, auf Anfrage von Medical Tribune.

Es stehe außer Frage, dass hierdurch eine qualitative Verbesserung der Patientenbetreuung erreicht werden könne. Insbesondere vor dem Hintergrund der ländlichen Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern sei das Programm eine sinnvolle Ergänzung des hausärztlichen Angebots. Die erweiterten Kompetenzen, die mit der Tätigkeit als Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis einhergingen, böten zudem sehr gute Voraussetzungen, um die berufliche Zufriedenheit des Praxispersonals zu erhöhen.

Medical-Tribune-Bericht

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