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Abnehmspritze „Das ist im Moment der Renner“

Verordnungen Autor: Anouschka Wasner

Viele Arztpraxen verspüren geradezu einen "Run" auf die Abnehmspritze. Viele Arztpraxen verspüren geradezu einen "Run" auf die Abnehmspritze. © GM Photography – stock.adobe.com
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GLP1-Agonisten zur Gewichtskontrolle gibt es mehrere, schon im Einsatz oder in der Pipeline. Wie gehen die Praxen mit dieser Therapiemöglichkeit bei Adipositas um? 

Zehn bis 15 % Körpergewicht innerhalb von eineinhalb Jahren sollen Patientinnen und Patienten mit starkem Übergewicht unter Studienbedingungen mit einer der aktuellen Abnehmspritzen verlieren. Solche GLP1-Medikamente sind sowohl für Diabetiker wie auch für Menschen mit Adipositas eine große Hoffnung. Doch auch Menschen, bei denen das Übergewicht nicht krankhaft genannt werden kann, sind durch die neuen Präparate verlockt: Auch sie könnten ihr Gewicht medikamentös kontrollieren. 

Entsprechend groß ist der Hype um die Abnehmenspritzen. Und er reicht bis in die Hausarztpraxen. 

Dr. Klaus Winckler ist Internist, Hausarzt und Ernährungsmediziner in einer Gemeinschaftspraxis in Frankfurt/Main. Seine Praxis, in der vier Ärztinnen und Ärzte sowie zwei Ernährungsfachkräfte arbeiten, ist seit knapp 20 Jahren als Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin zertifiziert. Entsprechend viele Patientinnen und Patienten sind also bei ihm wegen Adipositas in der Behandlung. 

Man verfolge ein breites und multimodales Behandlungskonzept, erzählt Dr. Winckler in unserem Podcast. Aber: „In diesem Rahmen werden wir natürlich häufig gefragt, ob es helfen würde, ein solches Medikament zu verordnen. Das ist ja im Moment der Renner.“  Und schränkt gleichzeitig ein: Gerade Menschen mit einer persönlichen Geschichte von Übergewicht würden natürlich wissen, dass es mit der Spritze alleine kaum getan ist und dass die Spritze kein Rettungsanker ist.

Die Therapie von Adipositas ist und bleibt multimodal

Patienten, die gezielt nur mit der Frage nach dem Rezept für die Abnehmspritze in die Praxis kommen, gebe es auch. „Das sind aber wahrscheinlich im Vergleich zu anderen Praxen sogar relativ wenige, weil wir sehr offensiv nach außen kommunizieren, dass die Behandlung der Adipositas bei uns mehr als eine wöchentliche Spritze bedeutet.“

Rund ein Drittel der Patienten reagiere, was den Gewichtsverlust betrifft, sehr gut auf das Medikament, so die Praxiserfahrung des Ernährungsmediziners. Ein anderes Drittel dagegen verspürt nur eine sehr geringe Wirkung

„Wenn man sieht, dass sich bei jemandem kein Effekt ergibt, kann man das Medikament nach sechs, acht Wochen wieder absetzen“, so Dr. Winckler. Das dritte Drittel liegt zwischen diesen beiden Polen und profitiert mit einem Gewichtsverlust von ca. 5 bis 10 %, und liegt damit aber doch unter den 10 bis 15 %, die sich in den Studien erreichen ließ. 

„Das ist auch in etwa der Bereich, den man durch eine Ernährungsumstellung erreichen kann. Mit einem solchen Medikament geht es natürlich schneller – aber die langfristige Entwicklung hängt sehr davon ab, wie der Betroffene seinen Lebensstil gestaltet, sein Ernährungsverhalten verändert und wie er Bewegung integriert. Natürlich sind diese notwendigen Veränderungen nicht vom Tisch, nur weil wir ein vielversprechendes Medikament haben.“

Das Risiko ernsthafter Nebenwirkungen hält Dr. Winckler zunächst mal für relativ gering. Es gebe ein paar Ausschlusskriterien für die Verschreibung, etwa vorangegangene schwere Erkrankung der Bauchspeicheldrüse oder der Schilddrüse. Die direkten Nebenwirkungen seien aber eher milderer Natur, wie Übelkeit, Völlegefühl oder Durchfälle, und würden meistens auch relativ schnell wieder verschwinden. 

„Was sich da langfristig entwickelt, wissen wir aber eigentlich noch nicht. Semaglutid ist ja schon lange als Diabetesmittel im Einsatz. Aber wenn wir jetzt Menschen mit Adipositas behandeln und die das Medikament dann zehn, zwanzig Jahre anwenden – ich fürchte, wir werden noch Überraschungen erleben“, so Dr. Winckler.  

Wie können Hausarztpraxen die Erkrankung managen?

Wenn Sie von den Erfahrungen des Ernährungsmediziners profitieren möchten und erfahren wollen, in welchen Fällen Dr. Winckler gerne GLP1-Medikamente verschreibt, welche Argumente er zur Kostenübernahme hat und vor allem, welche Ratschläge und Anregungen er Hausärztinnen und Hausärzten im Umgang mit ihren adipösen Patientinnen und Patienten bzw. mit den Patientenanfragen nach entsprechenden Rezepten geben kann, dann hören Sie unseren Podcast dazu.

Medical-Tribune-Bericht

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