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Refraktäre/Rezidivierte akute B-Zell-Leukämie Erst CD19, dann CD22

Autor: Daniela Mackert

Eine sequenzielle CAR-T-Zell-Therapie bei Kindern mit B-ALL kann anhaltende Remissionen erreichen. Eine sequenzielle CAR-T-Zell-Therapie bei Kindern mit B-ALL kann anhaltende Remissionen erreichen. © peopleimages.com – stock.adobe.com
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Pädiatrische Patient:innen mit refraktärer/rezidivierter B-ALL erreichen durch eine sequenzielle Infusion mit CD19-CAR-T-Zellen und anschließend CD22-CAR-T-Zellen tiefe und anhaltende Remissionen. Ob sich die Strategie wirklich eignet, werden u.a. die längerfristigen Ergebnisse zeigen.

Auf CD19 abzielende CAR-T-Zell-Therapien führen bei 60–90 % der Erkrankten mit rezidivierter oder refraktärer akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie zu einer Komplettremission. Allerdings erleiden 30–50 % der Personen mit anfänglicher CR einen Rückfall. Mögliche Ursachen für diese hohe Rückfallrate sind der Verlust bzw. die Herunterregulierung des Zielantigens und eine kurze CAR-T-Zell-Persistenz.

Die Konsolidierung mit einer allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation (HSCT) nach einer CAR-T-Zell-Therapie kann das Leben einiger pädiatrischer Patient:innen verlängern. Allerdings können Faktoren wie Spender:innenmangel oder Komplikationen wie schwere Infektionen und Graft-versus-Host-Erkrankung (GvHD) die HSCT-Aktivität einschränken. Neue CAR-T-Zell-basierte Strategien müssen entwickelt werden, die die Ergebnisse verbessern. Die Persistenz von CAR-T-Zellen lässt sich durch Modifizierung der Antigenbindungsaffinität oder der Co-Stimulationssignale sowie durch wiederholte Behandlungen erhöhen. Innovative bispezifische CAR-Ansätze, die gleichzeitig auf CD19- und CD22-Antigene abzielen, scheinen sicher und aktiv zu sein. Das deutet darauf hin, dass der Antigenverlust eine gewisse Resistenz gegen CAR-T-Zell-Therapien verursacht.

Das Team um Dr. Jing ­Pan, Boren Clinical Translational Center, Peking, prüfte in einer einarmigen Phase-2-Studie eine neue Strategie, um die synergistische Toxizität und die Rückfallraten zu reduzieren.1 Die Forschenden untersuchten die sequenzielle Infusion von murinen CD19-CAR-T-Zellen gefolgt von humanisierten CD22-CAR-T-Zellen im Intervall. 

81 Erkrankte im Alter von 1–18 Jahren mit rezidivierter oder refraktärer akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie, einer CD19- und CD22-Positivität von mehr als 95 % und einem ECOG-Performance-Status von 0–2 nahmen teil. Sie erhielten eine Lymphodepletion mit Fludarabin- und Cyclophosphamid, gefolgt von einer Infusion von CD19-CAR-T-Zellen. Anschließend wurden Personen, die auf die Behandlung ansprachen und bei denen Nebenwirkungen maximal den Schweregrad 2 erreichten, mit einer weiteren Lymphodepletion behandelt, gefolgt von einer CD22-CAR-T-Zell-Infusion. Je nach Ermessen der behandelnden Prüfärzt:innen erhielten einige Patient:innen anschließend monatliches Decitabin oder eine HSCT. 

Sicherheitsprofil

Insgesamt vertrugen die Teilnehmenden das sequenzielle Schema gut, mit geringen Raten an Zytokinfreisetzungssyndromen und Neurotoxizitäten vom Grad 3 oder höher. Es traten keine behandlungsbedingten Todesfälle auf. 

Drei Monate nach der ersten Infusion sprachen 60 (97 %) der 62 Teilnehmenden, die die Zieldosis erhalten hatten, objektiv an (primärer Endpunkt). Nach einem medianen Follow-up von 17,7 Monaten fielen die Ergebnisse wie folgt aus:

  • ereignisfreies Überleben nach 18 Monaten: 79 %
  • krankheitsfreies Überleben: 80 % 
  • Gesamtüberleben: 96 % 

Acht von 79 Patient:innen erhielten eine HSCT. 80 % der Erkrankten, die nach drei Monaten angesprochen hatten, verblieben in Remission.

Das Fazit der Autor:innen: Das sequenzielle Vorgehen führt zu tiefen und anhaltenden Reaktionen mit einem akzeptablen Toxizitätsprofil. Es bietet möglicherweise langfristige Vorteile für Kinder mit rezidivierter oder refraktärer akuter B-Zell-Lymphozytenleukämie. 

Die Bewertung der längerfristigen Ergebnisse sowie die Untersuchung in anderen Kohorten wird darüber entscheiden, ob es sich um eine optimale Dual-Targeting-Strategie handelt, schreiben Dr. ­Regina M. ­Myers und Prof. Dr. Dr. Stephan A. ­Grupp vom Children’s Hospital of Philadelphia in ihrem Editorial.2

Quellen:
1.    Pan J et al. Lancet Oncol 2023; 24: 1229-1241; DOI: 10.1016/S1470-2045(23)00436-9
2.    Myers RM, Grupp SA. Lancet Oncol 2023; 24: 1163-1164; DOI: 10.1016/S1470-2045(23)00517-X