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Digitalgesetze Hausärzt:innen können auf Apothekerassistenz, doppeltes DMP und Einmischung der Kassen gut verzichten

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Praxen fehlt die Zeit für ePA-Bedienungshinweise Praxen fehlt die Zeit für ePA-Bedienungshinweise © ronstik – stock.adobe.com
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Eine Anhörung zu den Gesetzentwürfen der Ampel zeigte: Die Kassen versprechen sich viel vom Gesundheitsdatennutzungs- und vom Digitalgesetz. Dem Hausärzteverband gehen ­etliche Regelungen zu weit.

Mit dem Ausbau der ePA zur zentralen Versichertenplattform können Behandlungsprozesse stärker aufein­ander abgestimmt und Mehrfachuntersuchungen vermieden werden, freut sich Jens Martin Hoyer, Vorstandsvize des AOK-Bundesverbandes. Dafür wäre es praktisch, wenn ein automatisiertes Befüllen der ePA und Auslesen der Daten durch die Praxissoftware möglich wäre, ergänzt der Haus­ärztinnen- und Hausärzteverband (HÄV). Solange die Daten aber nicht strukturiert, sondern im pdf-Format gespeichert würden, bedürfe es zumindest „vernünftiger Sortier-, Such- und Filterfunktionen“. Das Entwickeln weiterer „Medizinischer Informationsobjekte“ diene hier der Interoperabilität, so der HÄV.

Videosprechstunden nicht ohne jedes Limit freigeben

Die Praxen könnten die Versicherten nicht beim Nutzen ihrer Endgeräte unterstützen, betont der HÄV. Dass die Versicherten bei ihrer Kasse künftig beantragen können, in Papierform vorliegende Informationen wie Altbefunde zu digitalisieren und in die ePA zu übermitteln, finden die Hausarztvertreter gut. Allerdings werde der Anspruch auf maximal 20 Dokumente für ältere und multimorbide Patienten kaum ausreichen. 

Während der AOK-Bundesverband das Aufheben der pauschalen Begrenzung für Videosprechstunden begrüßt und darauf vertraut, dass der Bewertungsausschuss Regeln und Bedingungen definieren wird, die die Qualität und Kontinuität der Versorgung sicherstellen, spricht sich der HÄV gegen eine komplette Streichung aus. Denn das würde den Ausbau telemedizinischer Plattformen unverhältnismäßig bevorteilen. Das Limit von 30 % sei außerhalb des pandemischen Geschehens selten ausgeschöpft worden. Die Quote sollte arztgruppenspezifisch angehoben werden. Damit die Versorgung vor Ort aufrechterhalten bleibt, fordert der HÄV, eine Leistungserbringung bis zu 75 % zu ermöglichen.

Warum zwei DMP für dieselbe Indikation?

Eine komplette Streichung aus dem Gesetzentwurf wünscht sich der HÄV für den geplanten § 129 Abs. 5h SGB V – assistierte Telemedizin in Apotheken. Ein wesentlicher Vorteil für die Patienten sei nicht ersichtlich. Ausführung sowie Beratung zur Telemedizin seien per se vertragsärztliche Leistungen, weil es hier „um die Ausübung der Heilkunde geht“, heißt es in einer Stellungnahme.

Über eine Neuregelung in § 137f Abs. 9 SGB V soll der G-BA ermächtigt werden, neben den bestehenden DMP für Patienten mit Diabetes Typ 1 und 2 jeweils ein neues DMP mit digitalisierten Versorgungsprozessen einzuführen. Der HÄV hält das für wenig zielführend. Effizienter sei es, DMP um intuitive elektronische Elemente zu ergänzen. „Den hausärztlichen Praxen ist es nicht zuzumuten, für die gleiche Indikation zwei DMP, die letztlich das identische Versorgungsziel erfüllen, umsetzen zu müssen.“

Praxen fehlt die Zeit für ePA-Bedienungshinweise

Der HÄV lehnt auch eine Neuregelung ab, wonach Krankenkassen Daten der Versicherten verarbeiten dürfen, um diese bei der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs nach § 386 SGB V zu unterstützen. Dies beeinträchtige das Arzt-Patienten-Verhältnis unnötig. Es sei keine Kassenaufgabe, einen Individual­anspruch des Versicherten gegen den Vertragsarzt durchzusetzen.

Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll ein § 25b ins SGB V einziehen. Dr. Gertrud Demmler, Vorständin der Siemens-Betriebskrankenkasse, nennt Beispiele für die Anwendung: „Über eine Auswertung der Abrechnungsdaten könnten wir herausfinden, wer Vorsorgeuntersuchungen nicht wahrnimmt und diese Versicherten gezielt ansprechen.“ Auch Versicherte, die wiederholt verschiedene Ärzte aufsuchen und dabei eine Mehrfach- bzw. Dauermedikation erhalten, fallen auf. Ihnen könne eine Beratung angeboten werden. Dasselbe gelte für ältere Menschen, die aufgrund von Stürzen immer wieder mit Notarztwagen in die Notaufnahme gefahren würden. 

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