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Noch mal durchatmen können Wann ein pneumologischer Eingriff in den letzten Wochen sinnvoll ist

DGP-Kongress 2024 Autor: Friederike Klein

Chirurgische Eingriffe am Lebensende sollten sich vor allem an der individuellen Prognose der Patient:innen orientieren. Chirurgische Eingriffe am Lebensende sollten sich vor allem an der individuellen Prognose der Patient:innen orientieren. © StudioLaMagica – stock.adobe.com
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Pneumologische Interventionen können dazu beitragen, die Lebensqualität von Patienten deutlich zu verbessern – auch in der Palliativsituation. Allerdings sollte man Belastung und Nutzen eines solchen Eingriffs in dieser Phase sorgfältig abwägen und die Indikation mit Bedacht stellen.

Laut der S3-Leitlinie Palliativmedizin sollen potenziell behandelbare Ursachen der Dyspnoe in der palliativen Situation ermittelt werden, erklärte Dr. Rüdiger Karpf-Wissel, Abteilung für Interventionelle Bronchologie der Universitätsmedizin Essen Ruhrlandklinik. Ist eine ursächliche Therapie der Atemnot möglich, soll diese vor oder parallel zu einer symptomatischen Behandlung durchgeführt werden. Voraussetzung für dieses Vorgehen ist, dass Indikation, Belastung und Nutzen für den Patienten gut abgewogen wurden und dieser mit dem Vorgehen einverstanden ist, führte der Kollege aus.

Als mögliche Indikationen für eine pneumologische Intervention nannte Dr. Karpf-Wissel Pleuraerguss, Überblähung, Stenose und Hämoptysen. Mit einer Punktion (immer oberhalb der Rippe) kann ein Pleuraerguss abgelassen werden, auch das Einlegen eines Dauerkatheters zum Selbstablassen ist möglich. Bei Überblähung bieten sich für ausgewählte Patienten Ventile als effektive Methode an, um das Residualvolumen zu reduzieren und die Vitalkapazität zu verbessern. Ein Patient habe ihm nach dem Einsetzen des Ventils berichtet, es sei ihm nun wieder möglich, eigenständig zu duschen, sich die Schuhe anzuziehen und die Wohnung zu putzen. „Das ist eine deutliche Leidensreduktion“, betonte Dr. Karpf-Wissel.

Atemwegsstenosen können beispielsweise durch eine Argon-Plasma-Koagulation (APC), eine Ballondilatation, Stents oder mit Hilfe eines elektrischen Messers wieder geöffnet werden. Allerdings braucht es für die Intervention ausreichend Erfahrung. Und selbst wenn der Eingriff gelingt, bedeutet das nicht in jedem Fall, dass der Patient wieder besser Luft bekommt. In einer prospektiven Kohorte von 947 onkologischen Patienten lag die technische Erfolgsrate bei 93 %, klinisch relevant verbesserte sich die Atemnot aber nur bei 48 %. Mehr Dyspnoe vor dem Eingriff ging mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine relevante Besserung von Atemnot und Lebensqualität durch die bronchoskopische Intervention einher.

Bei Hämoptysen kann es hilfreich sein, die ursächlichen Bronchien zu blockieren, sofern diese relativ peripher liegen. Zur Wahl stehen dazu Tamponaden, Ballons oder Silikonstreifen, die es in verschiedenen Größen gibt. Bei zentralen Blutungen lohnt ggf. der Versuch einer lokalen Blutstillung, z.B. mittels APC.

Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Intervention spielt die individuelle Prognose. Denn Narkose und die erforderliche Nüchternheit vor einer Bronchoskopie stellen für Menschen in der letzte Lebensphase eine große Einschränkung ihrer Lebensqualität dar. Kurz vor dem Tod wird das kaum jemand wollen, so Dr. Karpf-Wissel. Aber wenn noch einige Wochen verbleibender Lebenszeit zu erwarten sind, kommt die Intervention bei hoher Symptomlast für viele durchaus infrage.

Quelle: 64. Kongress der DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin)