Glutenfreie Diät als einzige Option Bei Zöliakie ist ein Weizenkorn schon eines zu viel
Mikrovilli? Fehlanzeige! Bei einer Zöliakie kann das Duodenum komplett abgefräst erscheinen. Dementsprechend eingeschränkt ist die Absorption.
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Endlich diagnostiziert, bessern sich die Symptome der Zöliakie meist rasch, wenn eine strikte glutenfreie Ernährung eingehalten wird. Bislang ist dies die einzige Möglichkeit, eine Schädigung der Darmschleimhaut zu bremsen. Für Ärztinnen und Ärzte bedeutet das ein langfristiges Überwachen der Betroffenen.
Etwa 1 % der globalen Bevölkerung leidet unter Zöliakie. Die Prävalenz und Inzidenz der Erkrankung sind in den letzten Dekaden gestiegen. Für Umweltfaktoren, die diesen Trend erklären könnten, fehlt es an klarer Evidenz. Geforscht wurde umfangreich an potenziellen molekularen Triggern, die den Verlust der Immuntoleranz gegenüber Gluten auslösen können – bisher ohne klares Ergebnis. Eine zentrale Rolle scheint die Gewebstransglutaminase-2 (TTG-2) zu spielen. Die meisten Menschen mit Zöliakie entwickeln abhängig von der Glutenaufnahme gegen TTG-2 gerichtete Antikörper.
Fatigue und Kopfschmerzen als mögliche Anzeichen
Typische Symptome der Zöliakie sind Diarrhö, Gewichtsverlust und Wachstumsverzögerung. Klassische Anzeichen können aber auch fehlen. Manchmal bestehen andere gastrointestinale Beschwerden wie Blähungen oder Bauchschmerzen. Auch Fatigue, Gelenkschmerzen und Kopfschmerzen können vorhanden sein. Als besonders charakteristische extraintestinale Manifestation nennen John Doyle vom Columbia University Medical Center, New York, und sein Autorenteam die Dermatitis herpetiformis an Beinen oder Armen, die durch Glutenexposition provoziert wird. Es besteht auch eine Assoziation zwischen Zöliakie und Eisenmangelanämie. Und schließlich kann sich hinter einer unerklärlichen Leberwerterhöhung ebenfalls eine Zöliakie verbergen.
Die Diagnose wird gestellt anhand von Zeichen der gluteninduzierten Immunaktivierung. Goldstandard ist die endoskopische Duodenalbiopsie an multiplen Stellen im Duodenum. Intraepitheliale Lymphozytose, Kryptenhyperplasie und Villusatrophie gelten als typische histologische Veränderungen der Darmschleimhaut. Serologisch sucht man vor allem nach TTG-2-Antikörpern. Diese besitzen bei Kindern und Erwachsenen eine hohe Sensitivität und Spezifität. Bei Kindern mit sehr hohen serologischen Titern kann eventuell auf die Biopsie verzichtet werden.
Um Betroffene mit Zöliakie herauszufiltern, sollten zumindest symptomatische Personen mit hohem Risiko einem Screening unterzogen werden. So haben z. B. Menschen mit Verwandten ersten Grades und Zöliakiediagnose, ein siebenfach erhöhtes Risiko, ebenfalls zu erkranken. Auch bei Menschen mit bestimmten Autoimmunerkrankungen ist die Wahrscheinlichkeit, eine Zöliakie zu entwickeln, erhöht. Am besten dokumentiert ist dies für den Typ-1-Diabetes, der mit einer Zöliakieprävalenz zwischen 5 % und 6 % verbunden ist. Ebenso wurden verschiedene Lebererkrankungen gehäuft festgestellt.
Menschen mit Zöliakie laufen größere Gefahr, Malignome zu entwickeln. Dies gilt insbesondere für das Non-Hodgkin-Lymphom, das etwa viermal häufiger auftritt. Krebsbedingt, aber auch durch kardiovaskuläre und respiratorische Erkrankungen, ist die Mortalität insgesamt erhöht.
Eine medikamentöse Therapieoption gibt es aktuell noch nicht. Zöliakie-Erkrankte müssen daher lebenslang glutenhaltige Getreide (Weizen, Gerste, Roggen) in der Nahrung meiden – das ist aktuell die Therapiestrategie der ersten Wahl. Um dies optimal umzusetzen, sollte jeder Betroffene eine Ernährungsberatung erhalten, sobald die Diagnose gesichert ist. Trotzdem ist die glutenfreie Ernährung eine große Herausforderung, die die Lebensqualität einschränkt. Nicht zuletzt sind glutenfreie Produkte auch eine finanzielle Belastung, da sie teurer sind als herkömmliche.
In der Regel bessern sich intestinale und extraintestinale Symptome schon zwei bis vier Wochen nach Beginn einer glutenfreien Diät. Der serologische Befund normalisiert sich langsamer – innerhalb von Monaten. Wenn Symptome weiter bestehen bleiben, ist der häufigste Grund eine unabsichtliche Glutenzufuhr und es sollte nochmals genau nach einer versteckten Quelle gesucht werden. Denn jede Anwesenheit von Gluten bedeutet, dass die Darmschädigung durch die chronische Immunaktivierung weiter voranschreitet. Aus diesem Grund ist auch ein langfristiges Monitoring der Adhärenz zur Diät und des TTG-2-Antikörpertiters erforderlich. Für die Überwachung können auch glutenimmunogene Peptide (GIP) in Stuhl oder Urin gemessen werden. Wichtig ist hier weniger der Einzelwert, sondern der Verlauf.
Es wird an zahlreichen neuen Therapieansätzen geforscht
Der Nutzen einer routinemäßigen duodenalen Rebiopsie ist nicht belegt. Doch es besteht Konsens darüber, dass bei Personen mit anhaltenden Symptomen und/oder persistierender positiver Serologie trotz glutenfreier Diät nochmals eine kleine intestinale Biopsie durchgeführt werden sollte.
Die pharmakologische Forschung ist in vollem Gange. In Entwicklung befinden sich zahlreiche neue Therapieansätze, die in Zukunft die glutenfreie Diät unterstützen können. Vielversprechend scheinen Peptidasen zu sein, die intraluminales Gluten abbauen (z. B. Latiglutenase), und Transglutaminaseinhibitoren. Untersucht werden auch einige Ansätze zur Immuntoleranzinduktion.
Doyle JB et al. BMJ 2025; 391: e081353;doi: 10.1136/bmj‑2024‑081353