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Praxiskolumne Krank mit negativem Schnelltest? Zu Hause bleiben!

Autor: Sebastian Alsleben

Trotz negativen Schnelltests sollte man mit Erkältungssymptomen zu Hause bleiben. Trotz negativen Schnelltests sollte man mit Erkältungssymptomen zu Hause bleiben. © LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
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„Die Pandemie ist vorbei.“ So sprach unser COVID-Messias Prof. Drosten noch vor nicht allzu langer Zeit auf den offiziellen Pressekonferenzen. So weit, so gut. Es ist Montagmorgen, acht Uhr in der Früh, und ich trete meinen alltäglichen Dienst in der Praxis an. Doch heute ist etwas anders – ein ungewohnt, gewohntes Bild wie aus vergangener Zeit.

Vor dem Hauseingang steht eine Schlange von sicherlich einem Dutzend Patienten, positiv auf SARS-CoV-2 getestet, die eine Krankmeldung für den Arbeitgeber benötigen. Zwar hat jeder einzelne von ihnen nur mehr oder weniger banale Erkältungssymptome. Dennoch schien die Pandemie plötzlich wieder präsent.

Die aktuellen Zahlen des RKI bilden die Situation in den Praxen nur unzureichend ab. Demzufolge besteht in Deutschland eine 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner von 27,5. Schauen wir uns diese Zahlen jedoch genauer an, fällt auf, dass die Inzidenzen bei den über 80-Jährigen teilweise deutlich höher sind. Ein Grund für die „gefühlt“ insgesamt zu niedrigen Zahlen dürfte außerdem die fehlende Meldepflicht sein.

Die COVID-Richtlinien der verschiedenen Länder sehen derzeit keine spezifischen Einschränkungen für Infizierte mehr vor. Ich gehe hier sogar ausnahmsweise mit unserer Gesundheitspolitik mit und sage, wir brauchen nicht zwingend eine erneute Test- und Meldepflicht. Das sollte mittlerweile, nach über zwei Jahren Pandemie, der gesunde Menschenverstand von selbst erledigen.

Dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass wir aus der ganzen Geschichte infektiologisch nichts gelernt haben. Von positiv getes­teten Patienten, die ohne Maske zum Empfang unserer Praxis kommen, bis hin zu hustenden Patienten mit akuter Bronchitis in unseren Wartezimmern, ohne Anmeldung als „Infektpatient“, ist wirklich alles dabei. Manchmal verstehe ich unsere Gesellschaft nicht. Ist denn wirklich die Bequemlichkeit und der Wille nach uneingeschränkter Freiheit größer als der Schutz chronisch kranker und alter Menschen in unserem Land?

Wenn wir uns diese Frage stellen, müssen wir uns als medizinisches Personal an die eigene Nase fassen. Ich flehe teilweise fast schon Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich an, mit schweren grippalen Infekten zwei oder drei Tage zu Hause zu bleiben und nicht den nächsten Nachtdienst anzutreten. 

Sicherlich sind wir alle pflichtbewusst und wissen um die aktuell sehr angespannte Personallage in den Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Praxen. Aber ich glaube, dass wir uns damit ein Eigentor schießen. Denn wenn meine ganze Gruppe in der da­rauffolgenden Woche ausfällt, weil ich heroischerweise meinen Dienst angetreten habe, dann sind diese Konsequenzen sicherlich schwerer aufzufangen. Außerdem haben wir natürlich auch eine Verantwortung gegenüber unseren teilweise schwerkranken Patienten.

Jetzt klinge ich wie der große ­Moralapostel des Gesundheitssystems. Drehen wir die Uhr aber doch mal fünf Tage zurück. Wir sehen einen Kolumnisten, der bereits vier Tage mit Halsschmerzen, Ibuprofen 800 mg und Schnupfen arbeiten gegangen ist. Zu meiner Verteidigung: In dieser Zeit hatte ich zumindest drei negative Schnelltests. Dennoch sehen wir mich am fünften Tag erneut einen Schnelltest durchführen und siehe da, bereits beim Durchlaufen der Testflüssigkeit erscheint ein dicker roter Streifen bei der T-Markierung.

Warum erzähle ich Ihnen das jetzt? Wir sollten uns öfter bewusst machen, dass ein negativer Schnelltest keine absolute Sicherheit in Sachen COVID-19 bietet. Auch davon abgesehen sollten wir endlich anfangen, bei ausgeprägteren Erkältungssymptomen zu Hause zu bleiben. Um unsere Patienten zu schützen, aber auch uns selbst – und dem Körper die Ruhe zu gönnen, die er in solchen Zeiten benötigt. Ich sage: Sie arbeiten im Gesundheitswesen und sind erkrankt? Dann bleiben Sie zu Hause! 

Quelle: Praxiskolumne

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