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Die Laborreform kommt nicht voran – die Hausärzte zahlen weiter

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann, Foto: fotolia

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Seit Jahren reduziert der Laborkostenabzug den haus­ärztlichen Anteil an der Gesamtvergütung über Gebühr. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung kann den Knoten nicht zerschlagen. Selbst die Haus­ärzte scheinen dem Thema keine große Bedeutung beizumessen.

Laborleistungen werden bundeseinheitlich vor der Trennung der Gesamtvergütung aus einem Grundbetrag "Labor" bezahlt. Reicht das dafür zur Verfügung gestellte Geld nicht, muss nachgeschossen werden.

Die KBV-Vorgaben besagen, dass die quartalsbezogene Finanzierung eines Unterschusses nach dem Anteil erfolgen muss, der – entsprechend dem angewandten Trennungsfaktor – auf den haus- bzw. den fachärztlichen Versorgungsbereich entfällt. Dieser "Labortopf" ist zwar über eine Laborquote budgetiert, aber nur bis zu einem Mindestwert – und der wird regelmäßig überschritten.

Der so entstehende Mehrbedarf muss anteilmäßig von Haus- und Fachärzten getragen werden. Die Hausärzte zahlen etwa die Hälfte. Die Leistungen im "Labortopf" fließen aber fast ausschließlich Fachärzten zu.

Versorgungsstärkungsgesetz gibt die Richtung vor

Gemäß Beschluss des Bewertungsausschusses von KBV und Kassen sollte bis zum 30. September 2015 geprüft werden, ob der Grundbetrag "Labor" nicht anteilig in den hausärztlichen und fachärztlichen Grundbetrag überführt werden kann. Damit wäre die Transferroute schon früh unterbrochen worden. Passiert ist diesbezüglich aber nichts.

Die KBV hat zumindest reagiert. Die KBV-Vertreterversammlung installierte im Dezember 2015 eine Arbeitsgruppe. Sie beschäftigt sich mit der Frage, wie die Vergütung labormedizinischer Leistungen auf eine andere Grundlage gestellt werden kann. Den Anstoß musste allerdings das Bundesgesundheitsministerium geben: Denn nach Versorgungsstrukturgesetz sind sämtliche haus­ärztlichen Leistungen aus dem haus­ärztlichen Vergütungsanteil und alle fachärztlichen Leistungen aus dem fachärztlichen Anteil der morbiditätsbezogenen Gesamtvergütung (MGV) zu honorieren.

Die KBV-Arbeitsgruppe "Weiterentwicklung Labor", die sich aus sechs haus- und sechs fachärztlichen Vertretern zusammensetzt, gab das Ergebnis ihrer Beratungen im Mai 2016 bekannt. Man könnte es aber eher als Kapitulation vor einem Problem sehen, das – zumindest auf der Ebene der Selbstverwaltung – offenbar nicht lösbar zu sein scheint.

Laut KBV steigen die Ausgaben für Laborleistungen jährlich um etwa 4,7 %. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Steigerung der Gesamtvergütung (MGV) um 2,3 % wird folglich kontinuierlich Geld umgelenkt. Die Dynamik entsteht in erster Linie durch die Zunahme der Zahl der Patienten, die Laborleis­tungen erhalten (um etwa 2,6 %), und aufgrund der Zunahme bei den Behandlungsfällen um 3,5 %. Angeblich wird diese Dynamik durch alle Arztgruppen verursacht.

Da die von der KBV-VV beauftragte AG keine Ansätze für einfache Maßnahmen zur Mengenbegrenzung finden konnte und auch keinen Spielraum für eine Absenkung der Bewertung von Laborleistungen im EBM sieht, soll es nun in gestufter Form "Hilfsmaßnahmen" geben.

Kurzfristig ist beabsichtigt, das von Fachärzten erbrachte Labor und die fachärztlichen Laborgrundpauschalen exklusiv dem fachärztlichen Vergütungsanteil zuzuordnen. Das sog. Praxis-Labor soll veranlasserbezogen dem hausärztlichen oder fachärztlichen Vergütungsanteil zugeschlagen werden.

Stärkerer Anreiz beim Wirtschaftlichkeitsbonus

Damit würden aus dem "Grundbetrag Labor" nur noch Leistungen von Laborärzten, von Laborgemeinschaften und der Wirtschaftlichkeitsbonus (Nr. 32001 EBM) vergütet. Bei einer dort verbleibenden Mengendynamik müsste aber weiterhin Geld aus dem hausärztlichen Vergütungsanteil (gesetzeswidrig) zugeschossen werden.

Es soll deshalb ein wirkungsvoller Anreiz durch einen höheren Wirtschaftlichkeitsbonus gesetzt werden, weniger Laborleistungen selbst zu erbringen oder bei Laborvereinen bzw. Labor­ärzten anzufordern. Gegebenenfalls will man die bisherigen Kennziffern, die bei bestimmten Erkrankungen eine Herausnahme der Laborleistungen bei der Berechnung des Wirtschaftlichkeitsbonus erzeugen, abschaffen und bei dessen Berechnung auch die momentane Differenzierung nach Leistungen des Allgemeinlabors (Kapitel 32.2 EBM) und des Speziallabors (Kapitel 32.3 EBM) streichen.

Mittelfristig wird daran gedacht, "diagnostische Pfade" bei der Laboruntersuchung vorzugeben und das Spektrum veranlasster Labortests arztgruppenbezogen zu begrenzen. Hausärzte könnten dann bei bestimmten Erkrankungen nur noch vorgegebene Laborleistungen als Gesamtspektrum anfordern. Bei Abweichungen müssten die Patienten an Fachärzte überwiesen werden.

Weil der Arbeitsgruppe wohl selbst klar ist, dass dies zu einer bürokratischen Mehrbelastung der Hausarztpraxen führen würde, wird langfristig erwogen, Laborleistungen in die individuellen Praxiskosten einzubeziehen. Dies würde bedeuten, dass Praxen künftig Laborleis­tungen ähnlich wie Verbrauchsartikel beziehen und selbst bezahlen.

Am Ende bedarf es vermutlich einer richterlichen Klärung

Ein (Muster-)Klageverfahren wird wohl unvermeidlich sein, damit das Bundessozialgericht für eine Entscheidung sorgen kann, zu der die KBV nicht fähig ist. Bis dahin wird weitergemurkst.

Interessant ist auch, wie unterschiedlich die Reaktionen in den Kassenärztlichen Vereinigungen auf dieses dreiste KBV-Verhalten ausfallen. Möglicherweise hat das etwas mit dem KV-Wahlkampf zu tun. In vielen KVen laufen bereits "Koalitionsverhandlungen". Echte hausärztliche Vorstände haben durch das chronisch fachärztliche Übergewicht in den Vertreterversammlungen nur eine (Wieder-)Wahlchance, wenn es sich die Hausarztfraktion nicht mit der Facharztfraktion verdirbt.

Absprachen zu KV-Posten – im Sinne der Hausärzte?

Vielleicht erklärt das, dass der Widerstand gegen die Laborregelung in Nordrhein und Bremen am heftigsten ist. Dort haben Nichtärzte die hausärztliche Vorstandsposition besetzt. Die Hausärzte haben hier also weniger zu verlieren. Die Frage ist nur, ob man bei einer "Kungelei" in anderen KVen noch von einer legitimen hausärztlichen Vertretung in den Vertreterversammlungen und KV-Gremien sprechen kann.


Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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