Anzeige

Aufregender als Hollywood

Aus der Redaktion Autor: Michael Reischmann

© MT
Anzeige

Kein Grund zur Panik wegen SARS-CoV-2! Deutschland schafft das. Jetzt zahlt sich das Anschauen von Katastrophenfilmen aus. Eine Glosse.

Ich glaub‘, ich bin im Film. Ein Doku-Schocker, Echtzeitthriller, hochauflösend, tieftönend, in rasantem Tempo erzählt, schnelle Schnitte, mit Topdarstellern an attraktiven Schauplätzen, voll emotionaler Wucht. Und alle, wirklich alle, können mitreden. Aaach, ist das schön gruselig.

Es gibt vieles, wovor man sich fürchten kann. Erderwärmung und Naturzerstörung (zieht sich noch hin). Aberwitzige Staatsschulden und eine halsbrecherische Geldpolitik (zu abstrakt). Die dunklen Seiten der Demokratie und ihre ­Feinde (schwer erträglich).

Dazu mag es auch turbulente Hollywoodfilme und TV-Serien geben. Aber was hier und jetzt live abläuft, ist einfach biblisch und viel hipper. Nein, ich meine nicht die Heuschreckenplage in Westafrika.

Virus! Seuche! Pandemie! Outbreak, Die Stadt der Blinden, Contagion – das Kino hatte uns gewarnt. Und wir Zuschauer haben daraus gelernt: Kaufe Nudeln, Mehl und Klopapier auf Halde. Klaue oder mische dir Desinfektionsmittel. Alarmiere die Bundespolizei, wenn jemand im ICE niest. Schreibe aus dem Homeoffice Tweets über das Chaos bei Hotlines, beim Gesundheitsamt, Bereitschaftsdienst und bei Ärzten. Schau dir die SUV des Genfer Auto­salons im Netz an. Warte auf einen guten Wiedereinstiegszeitpunkt an der Börse. Checke ab und zu die aktuellen Erkrankungszahlen. Aaach, ist das schön gruselig.

Angesichts von Infektionen, die für 80 % der Betroffenen so mild wie eine Erkältung oder gar symptomlos verlaufen, lässt es sich bei Nachrichten, Talkshows und der ersten Nahkauf­erfahrung wohlig schaudern. Zudem gibt es angenehme Überraschungen: spontan freie Abende dank abgesagter Veranstaltungen, mehr Platz in Bussen und Bahnen der Hauptstadt wegen fehlender Touristen, saubere Grundschüler, denen die Bildungs- und die Gesundheitsministerin von Rheinland-Pfalz gezeigt haben, wie man sich die Hände wäscht.

Selbstverständlich wünsche ich mir ein Happy End für die Menschheit. Ein Cliffhanger mit düsterer Fortsetzung wäre nicht mein Fall. Vielleicht ein Genre-Mix mit coolem Twist: Ein kaltschnäuziger amerikanischer Superheld übertölpelt das Virus und sperrt es weg. Klingt auch gruselig.

Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik

Anzeige