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BKK-Hausarztvertrag in Bayern: Fortsetzung mit neuer Honorarstruktur

Gesundheitspolitik Autor: Klaus Schmidt

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Der neue Hausarztvertrag des Bayerischen Hausärzteverbands mit den BKKen läutet eine Wende bei den Selektivverträgen ein: Es gibt mehr Einzelleistungen, weniger Pauschalen und keine Fallwert-Obergrenze mehr, dafür aber eine Wirtschaftlichkeitsprüfung.

Ob der teilnehmende Hausarzt mit dem BKK-Vertrag besser fährt als im Kollektivvertrag oder schlechter, wie Ex-BHÄV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Hoppenthaller behauptet, lässt sich nicht so einfach beantworten. Für den jetzigen BHÄV-Chef Dr. Dieter Geis steht fest: Die hausärztliche Tätigkeit wird besser abgebildet als in der Vergangenheit.

Von Vorteil ist der Vertrag, der am 1. April 2012 in Kraft tritt und nahtlos an den Interimsvertrag mit dem BKK-Landesverband anschließt, auf jeden Fall für Hausärzte, die multimorbide und chronisch Kranke oder Palliativpatienten behandeln sowie Hausbesuche machen.

Die kontaktunabhängige Strukturpauschale ist verschwunden. Für Patienten über 60 Jahre gibt es eine Grundpauschale von 47 Euro pro Quartal, für den dringenden/eiligen Besuch 70 Euro (war früher in der Pauschale enthalten) bzw. 30 Euro für den Regelbesuch (zuvor Teil der Pauschale). Für die Betreuung chronisch kranker bzw. multimorbider Patienten gibt es einen Zuschlag zur Grundpauschale von 10 Euro im Quartal bzw. 27,50 Euro bei mindestens zwei oder 55 Euro bei mindestens drei Komorbiditäten. Der Heimbesuch bei geriatrischen Patienten wird mit 18 Euro maximal viermal im Quartal vergütet. Für die Versorgung von Palliativpatienten zahlen die BKKen 120 Euro im Quartal anstelle der Grundpauschale sowie 20 Euro Zuschlag zum Besuchshonorar, bis zu zehnmal im Quartal. Der Besuch einer Verah wird dreimal im Quartal mit je 15 Euro vergütet.

Wird ein Hausarzt 20 bis 30 % mehr verdienen?

Besonderes Gewicht wird in dem Vertrag auf die Prävention gelegt. Die Gesundheitsuntersuchung ab dem 36. Lebensjahr wird mit 35 Euro, ab dem 46. Lebensjahr mit 45 Euro abgegolten, die Krebsfrüherkennung der Frau mit 17,86 Euro und die des Mannes mit 14,19 Euro. Impfungen, früher in der Pauschale enthalten, werden als Einzelleis­tungen nach EBM abgerechnet, ebenso Kinder- und Jugendvorsorge-Untersuchungen. Zahlreiche Leistungen, die früher in der Pauschale versenkt waren, werden nun als Einzelleistungen vergütet, so die post­operative Behandlung, das Langzeit-EKG oder Langzeit-RR oder auch die Versorgung chronischer Wunden oder die Akupunktur.

Es sei schwierig zu sagen, ob ein Arzt durch den Vertrag 20 oder 30 % mehr verdienen wird, so Dr. Geis und Dr. Johannes Thormählen, Vorstand der GWQ ServicePlus AG, die zehn der beteiligten BKKen vertritt. Es komme auf den Einzelfall und die abzurechnenden Leistungen an. Auf jeden Fall wird der Hausarzt leistungsgerechter vergütet als im KV-System, argumentiert Dr. Geis.

Horst Killer, Verhandlungsführer der BKK-Vertragsarbeitsgemeinschaft mit 90 BKKen, weist auf die Unterschiede zwischen den einzelnen Kassen und ihrer Klientel hin. Eine Fallwert-Obergrenze hätte für jede einzelne Kasse anders festgelegt werden müssen – nach seinen Worten ein Ding der Unmöglichkeit.

Nach einem Jahr wird die Effizienz geprüft

Den Verhandlungsführern auf der Kassenseite kam es erklärtermaßen darauf an, mehr Transparenz in Leis­tungsgeschehen und Abrechnung zu bringen und Anreize zum Erbringen bestimmter Leistungen zu setzen. Eine Controllinggruppe wird den Vertragsalltag aufmerksam beob­achten und nach einem Jahr einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterziehen. Killer: „Bei überbordenden Leistungen werden wir eingreifen.“

Mindestens drei bayerische Haus­ärzte wollen dem Vertrag nicht beitreten: Dr. Hoppenthaller und seine zwei Kollegen in der hausärztlichen Gemeinschaftspraxis in Siegenburg.

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