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Brötchen für alle, Kuchen nur mit Fakelaki?

Autor: Dr. Frauke Gehring

Die Bürgerversicherung: Könnte da nicht ein reicher Mann auf die Idee kommen, dem Herrn Professor ein üppig gefülltes Fakelaki in die Hand zu drücken, um einen privaten Sprechstundentermin zu bekommen? Die Bürgerversicherung: Könnte da nicht ein reicher Mann auf die Idee kommen, dem Herrn Professor ein üppig gefülltes Fakelaki in die Hand zu drücken, um einen privaten Sprechstundentermin zu bekommen? © fotolia/Cherries; MT
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Das Thema in unserer Praxiskolumne: Die Bürgerversicherung und ihre möglichen Folgen.

Erinnern Sie sich noch an den Ausdruck „Fakelaki“? Das waren die kleinen Umschläge, die man mit Banknoten bestückte und dann seinen griechischen Ärzten übergab, um einer angemessenen medizinischen Versorgung teilhaftig zu werden. Gerne wurden diese Umschläge auch vom Pflegepersonal genommen – der besseren Motivation halber.

Lange ist es her, dass ein befreundeter griechischer Arzt über den Alltag in seinem Heimatland berichtete: „Als ich den ersten Tag in meiner neuen Praxis beendet hatte, kam ein Junge zu mir und überreichte mir einen Umschlag. Auf meine Frage hin, was das solle, meinte er, der käme von dem Labor, dem ich meine Blutproben geschickt hatte“. Der Kollege war empört: „Was sollte ich denn machen? Irgendeinem Labor musste ich sie ja schicken, aber ich wollte keineswegs dafür extra Geld bekommen und hatte einfach das ausgesucht, was am nächsten lag.“ Die ganze Fakelaki-Gemengelage ging ihm dann bald so auf den Zwirn, dass er seine griechischen Pläne aufgab und wieder zurück nach Deutschland ging.

Der Traum der ewigen Gleichmacherei ist doch noch nie in Erfüllung gegangen

Jetzt aber wäre er wohl bald in Griechenland besser aufgehoben. Nicht nur, weil das Meer dort meist blauer ist und die Sonne wärmer scheint, sondern weil man der Bestechung dort den Kampf angesagt hat. Hier aber wird dafür der Boden bereitet: Man diskutiert allen Ernstes die Bürgerversicherung! Der Traum der ewigen Gleichmacherei, schon lange von den Sozialisten geträumt, geht im Zuge der Koalitionsverhandlungen als Forderung in die nächste Runde.

Das hat doch noch nie geklappt. Komme ich mit drei Euro in den Bäckerladen, kriege ich ein Stück Kuchen, komme ich mit 30 Cent, nur ein Brötchen. Wenn das Gesundheitssystem nun Brötchen für alle verordnet: Wohin mit den Kuchen? Könnte da nicht ein reicher Mann auf die Idee kommen, dem Herrn Professor ein üppig gefülltes Fakelaki in die Hand zu drücken, um einen privaten Sprechstundentermin zu bekommen? Wird nicht die wohlhabende Societydame in Versuchung kommen, sich gegen ein gutes Handgeld ein schnelles MRT zu gönnen? Ich liebe Brötchen. Aber wenn es nur noch Brötchen gibt, dann wird die Sehnsucht nach Kuchen größer, und wer kriegt den? Der, der ihn bezahlt, und dann eben heimlich!

Vielleicht wird es wie damals auf Kuba oder in der DDR

Jetzt sind wir Ärztinnen und Ärzte natürlich ethisch über allen Verdacht erhaben, uns mit derlei Zubrot bereichern zu wollen. Aber die „Privaten“ subventionieren ja nicht nur über ihre Steuern die Geldspritzen ins Gesundheitssys­tem, sondern auch unsere Praxen. Derzeit kommen die 11 % Privatversicherten in unseren Praxen für 25 % der Unkosten auf. Wie füllen wir die entstehende Lücke? Vielleicht wird es so wie damals auf Kuba oder in der DDR: Alle sind gleich, alles wird ein bisschen schäbig, und die, die ein bisschen weniger gleich sind, kommen mit Umschlägen in der Hand.

Was passiert denn eigentlich mit den Unsummen, die ich im Laufe eines Lebens bei meiner Privatkasse angespart habe, in der Hoffnung, damit die Mühen des Alters etwas abzufedern? Gehen die im Rahmen einer Enteignung an den Staat? Oder darf ich die behalten, was aber meiner Kasse nichts nützt, weil die nur noch abgewickelt wird und keine jungen, gesunden Neumitglieder mehr bekommt? Oder wird dann der Staat mit den Steuern auch meiner braven Bäckerin die privaten Krankenkassen unterstützen, damit sie die letzten Snobs unseres Gesundheitssystems angemessen Richtung Grab begleiten? Wahrscheinlich wird es dann sogar billiger für mich; die derzeit vereinbarten 2000 € Eigenbetrag im Jahr muss ich mir u.a. durch das Schreiben vieler Kolumnen verdienen, damit mein Monatsbeitrag nicht ganz unerschwinglich wird.

Liebe Politiker: Denkt bitte alles bis zum Ende durch, bevor Ihr es fordert! Auch, wenn ich mir eine Versicherung ohne üppige Eigenleis­tung gut vorstellen kann.

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