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DMP auch für Hochbetagte - oder raus aus der HzV!

Gesundheitspolitik Autor: Klaus Schmidt

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Nichts als Ärger und Kosten hatte ein Hausarzt aus dem oberbayerischen Burghausen mit dem (alten) HzV-Vertrag zwischen der AOK Bayern und der Hausärztlichen Vertragsgemeinschaft (HÄVG) sowie dem Bayerischen Haus­ärzteverband.

Schon drei Jahre nach seinem Eintritt in den Vertrag nach § 73b SGB V bekam der bayerische Hausarzt Dr. Stephan Gemen die Kündigung von AOK und HÄVG. Der Grund: Er habe nicht genügend Versicherte in die DMP der AOK eingeschrieben.

Die Patienten erhielten von der Kasse einen Brief, dass ihr Hausarzt nicht mehr am Hausarzt-Vertrag teilnehme und sie daher wieder die Praxisgebühr bezahlen müssten. Kein Wort darüber, dass die AOK und nicht der Arzt die Teilnahme gekündigt hatte!

Arzt verliert Patienten durch unsensibles Verhalten der AOK

Viele Patienten riefen daraufhin irritiert in der Praxis an und fragten, warum der Arzt nicht mehr am Vertrag teilnehme. Exakt könne er es nicht beziffern, aber Dr. Gemen ist sich sicher, dass er zahlreiche Patienten durch das Verhalten der AOK verloren hat. Das wirke sich bis heute negativ auf den Praxisumsatz aus.

Davon unabhängig wartet der Hausarzt auch noch auf sein Honorar von rund 1200 Euro für sechs Patienten, die die AOK aus dem Hausarztvertrag gekündigt hatte, ohne den Hausarzt darüber zu informieren. Die Leistungen wurden erbracht, das Geld ist bislang nicht gefolgt.

Ist der HzV-Vertrag sogar rechtswidrig?

Gegen die Vertragskündigung durch die HÄVG hat der Hausarzt bereits im Dezember 2008 Klage vor dem Sozialgericht München erhoben. Eine zweite Klage richtete sich gegen die AOK. Nach Dr. Gemens Auffassung ist der HzV-Vertrag rechtswidrig und die Kündigung vertragswidrig, wie er jetzt in der mündlichen Verhandlung Ende Juli vor dem Sozialgericht München erklärte.

„Ich werde dafür verantwortlich gemacht, dass die Patienten beim DMP nicht mitmachen.“ Aber schließlich stehe im Gesetz, dass die DMP-Einschreibung freiwillig sei, er könne sie nicht dazu zwingen. „Ich bin nicht der Eintreiber der AOK“, so der Hausarzt.

Kasse stöbert in der Patientendatei des Hausarztes

Den Vorwurf der Kasse, dass er die im Rahmenvertrag zum HzV-Vertrag vorgesehene Anzahl von DMP-Teilnehmern nicht erreicht habe, untermauerte diese damit, dass sie ihm nach Durchsicht seiner Patientenkartei eine Liste von 32 Patienten präsentiert habe, die sich angeblich für die DMP-Teilnahme eignen. Davon musste Dr. Gemen jedoch auf Anhieb ein gutes Drittel sofort streichen, weil diese Patienten keineswegs DMP-fähig waren, zum Beispiel wegen Demenz, hohen Alters oder als Pflegefälle.

Das Verfahren des Hausarztes gegen die große Krankenkasse hat sich u.a. deshalb so lang hingezogen, weil sein Anwalt gegen den Vorsitzenden Richter der 21. Kammer des Sozialgerichts München einen Befangenheitsantrag gestellt hatte. Der Richter hatte nämlich in einem Telefonat angedeutet, dass er das Verfahren möglichst rasch vom Tisch haben wollte.

Richter: Es besteht kein Interesse an der Feststellung

Das ist dem Richter jetzt auch gelungen, und zwar auf der Grundlage der Kündigung des HzV-Vertrags durch die AOK im Dezember letzten Jahres nach dem misslungenen Systemausstieg des Bayerischen Hausärzteverbands. Da seit diesem Zeitpunkt kein HzV-Vertrag mit der AOK mehr besteht, folgerte der Richter, besteht auch keine Interesse mehr an der Feststellung, ob die Vertragskündigung gegenüber Hausarzt Dr. Gemen rechtswidrig war.

„Was haben Sie davon, wenn wir sagen, der Vertrag war rechtswidrig und die Kündigung war rechtswidrig?“, fragte der Richter den betroffenen Hausarzt und empfahl ihm, eine neue (Leistungs-)Klage wegen der noch ausstehenden 1200 Euro einzureichen.

Und nochmal 5000 Euro Gerichtskosten drauf!

Nach der neuen Gesetzeslage sind Sozialgerichtsverfahren für die Vertragsärzte nunmehr kostenpflichtig. Für Dr. Gemen hat das Gericht die Gerichtskosten mit 5000 Euro angesetzt. Das entspricht dem Regel-Streitwert für Sozialgerichtsverfahren.

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