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Ein Königreich für eine Putzhilfe!

Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

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Die Praxis muss sauber sein. Dafür sollte eine neue (Fach)kraft her. Kolumnistin Dr. Cornelia Tauber-Bachmann ist bei der Suche schier verzweifelt. Es fand sich zwar eine Lösung. Aber irgendwie ist das Ganze ein Irrwitz.

Haben Sie eine gute Putzfrau? Eine, die zuverlässig kommt, gründlich arbeitet und auch noch die Hygienevorschriften der BG beachtet? Ja? Dann hegen und pflegen Sie sie, halten Sie sie mit (fast) allen Mitteln!


Ich suche zurzeit. Meine letzte Putzfrau hat gekündigt, weil sie eine Ganztagsstelle in einem Haushalt mit Kindern bekommen hat. Das kann ich ja verstehen. Die Kinder, deren Mutter vor einem Jahr an einem bösartigen Tumor verstorben ist, und der Witwer sind sicher froh. Ganz zu schweigen von der Abwechslung und inneren Befriedigung, die der neue Job bietet.


Aber wir, das Praxisteam, sind nun auf der Suche nach einer Nachfolgerin. Wir hatten es uns nicht so schwer vorgestellt: Auf eine Annonce in der Zeitung meldeten sich einige Interessentinnen. Am Telefon nannte ich ihnen schon die Konditionen: angemeldet als Minijob, sechs Stunden pro Woche, auf zwei Tage verteilt, Stundenlohn etc.

"Entweder von der Leiter fallen oder schwarzarbeiten"


Und nun gings los: Die Erste kam gar nicht zum Vorstellungsgespräch –
eine telefonische Absage gab es nicht. Die Zweite, 43 Jahre alt, kam mit ihrer Mutter (75 Jahre)! Geredet hat eigentlich nur die Mutter: Sie hätten sich bisher die Jobs immer geteilt. Die Dritte war Hartz-IV-Empfängerin und wollte nur „gegen Geld“ d.h. „schwarz“, arbeiten, da sie sonst zu hohe Abzüge hätte.


Die Vierte betrat meine Praxis mit den Worten: „Ich brauche keinen Arzt, ich bin mein eigener Arzt“ und erzählte mir dann ausführlich ihre Krankengeschichte, einschließlich der erfolgreichen Überwindung eines Mammakarzinoms mit allen möglichen Krankenhaus- und Arztgeschichten, die die Unfähigkeit unserer Kollegen und die begnadeten Hände eines Heilpraktikers zum Inhalt hatten. Da ihre Lohnforderung mein Budget überschritt, beendete ich dieses Gespräch recht schnell.


Die Fünfte war eine 74-jährige mir bekannte Diabetikerin mit häufigen Stoffwechselentgleisungen. Ich sah sie schon beim Fensterputzen von der Leiter fallen und hilflos von Mittwochnachmittag bis Donnerstagmorgen in der Praxis liegen. So nett sie war; das wollte ich nicht riskieren.

"Zwischenzeitlich putzte meine Helferin den Boden"


Frustriert gab ich die Suche zunächst einmal auf. Meine Helferin erbot sich freundlicherweise, die Praxis zu putzen – aber natürlich nicht als Dauerlösung. Dann rief meine Freundin an: Auf eine Annonce von ihr hätten sich mehrere tolle Bewerberinnen gemeldet und sie würde mir gerne die Telefonnummern der  Kandidatinnen geben, die sie nicht ausgewählt habe – deren Einverständnis vorausgesetzt.


Also ging es in die nächste Runde: Die sechste Kandidatin hatte wiederum das oben genannte Hartz-IV-Problem, war jedoch nicht imstande, mir dies trotz meines Hinweises vor dem Vorstellungsgespräch mitzuteilen. Die Siebte hatte das gleiche Problem „in Grün“, aufgrund von Mieteinnahmen. Das Vorstellungsgespräch war dann sehr schnell beendet. Ja, und die Achte schlug sich mit einem Alkoholproblem herum.


Langsam begann ich zu verzweifeln: Rede ich unverständliches Chinesisch am Telefon? Ist Minijob ein Fremdwort, das keiner versteht? Sollte meine Praxis ein so unangenehmer Arbeitsplatz sein? Bin ich als Chefin nicht akzeptabel? Sind die Arbeitszeiten oder das Arbeitspensum unmöglich? Oder ist der Stundenlohn zu niedrig?


Nein, im Gespräch mit meiner Freundin, die im Büro eines großen Handelsunternehmens sitzt, konnten wir keine einleuchtende Erklärung finden. Vielleicht steckt ja auch der wirtschaftliche Aufschwung dahinter, der den Arbeitsmarkt für Putzhilfen so leer fegt ...


Schließlich habe ich mich an eine Putzfirma gewandt, die mir garantiert, dass meine Praxis auch in Urlaubs- oder Krankheitszeiten geputzt wird. Natürlich zahle ich mehr als für eine Minijobberin und der Putzmann oder die -frau bekommt wesentlich weniger als im direkten Angestelltenverhältnis bei mir pro Stunde ausbezahlt. Ganz verstehen kann ich es immer noch nicht, aber wenigstens muss ich die vielen frustranen Vorstellungsgespräche nicht mehr führen.

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