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Entlassmanagement wird besser – sagt die Politik

Autor: Dr. Günter Gerhardt

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Auf die Problemtatik der Krankenhausentlassung, vor allem am Wochenende, hat die Politik mit einem neuen Gesetz reagiert, nach welchem Krankenhausärzte Medikamente für längstens sieben Tage verordnen dürfen. Dr. Günther Gerhardt hingegen plädiert für ein praxistaugliches Schnittstellenmanagement, wie es etwa in Dänemark der Fall ist.

Freitags im Krankenhaus wird dem Patienten mitgeteilt, dass er nach dem Mittagessen nach Hause darf. Die Freude des Patienten ist meistens groß. Nur: "Wer verschreibt mir jetzt meine neuen Medikamente? Kann ich die alten zu Hause weiter einnehmen? Und eine AU bräuchte ich auch noch."

Solche und ähnliche Situationen – vor allem vor Feiertagen – kennen wir alle. Sie fallen meist in die Zuständigkeit der Ärztlichen Bereitschaftsdienstzentralen. Dort landen diese "Wochenend-Entlassungen" mit einer handschriftlichen Information der Stationsärztin / des Stationsarztes. Und die Kollegen im Bereitschaftsdienst verschreiben – trotz weniger Informationen über das Krankheitsbild des Patienten – die Entlassmedikamente.

»Patienten müssen Rezepte binnen drei Tagen einlösen«

Dass diese Situation, bedingt durch hausinterne Regeln, auch anders laufen kann, will ich nicht verschweigen. Auch nicht, dass Krankenhauskollegen in bester Absicht vergeblich versuchen, einen Niedergelassenen zu erreichen. Wie auch immer: Es ist in der Folge dieser Versorgungsbrüche zu teilweise für den Patienten lebensgefährlichen Situationen gekommen, wobei der "Drehtüreffekt" noch zu den harmlosen gehört.

Die Politik reagiert darauf, wie immer mit einem neuen (Versorgungsstärkungs-)Gesetz, das der Gemeinsame Bundeszuschuss umsetzen muss. Krankenhaus­ärzte können damit künftig für längstens sieben Tage – ausnahmsweise auch länger – wie niedergelassene Ärzte Arznei-, Heil- und Hilfsmittel verordnen. Patienten müssen diese Rezepte binnen drei Tagen einlösen, ansonsten verfallen diese.

Das gleiche gilt auch für die Verordnung von Soziotherapie und häuslicher Krankenpflege. AU-Bescheinigungen dürfen Krankenhaus­ärzte künftig auch für bis zu sieben Kalendertage ausstellen. Dieses Management kann aber nur mit der schriftlichen Einwilligung des Patienten umgesetzt werden. Diese "Ich-unterschreibe-nichts-Hürde" sollte m.E. durch eine Widerspruchsregelung ersetzt werden. Doch schaun wir mal; es wird sich zeigen, ob die getroffenen Entscheidungen den Praxistest bestehen.

Ich sehe da noch mehr Hürden. Wie sieht es beispielsweise mit der Prüfung der Wirtschaftlichkeit aus? Wer bekommt den Regress? Im Krankenhaus kennt der Patient in der Regel nicht den Namen des neuen (teuren) Medikaments, spätestens aber dann, wenn er das Rezept des Krankenhauses einlöst. Und genau dieses Medikament will er dann weiterhin verordnet bekommen.

Die folgende zeitaufwendige und nervige Diskussion in der Praxis kennen Sie alle, wenn Sie ein gleichwertiges, aber preiswerteres Arzneimittel rezeptieren wollen. Da kommen wieder viele "Zeitfresser" auf uns zu, die nicht vergütet werden, weil sie, wie die Politik meint, "zur Behandlung dazu gehören".

»2001 forderte Ulla Schmidt einen Arzneimittelpass«

Wäre hier nicht der größere Wurf sinnvoller gewesen, nämlich gleich ein praxistaugliches Schnittstellenmanagement? So wie etwa in Dänemark. Dort kann der Hausarzt in die Klinikakte des Patienten schauen und umgekehrt der Klinikarzt in die Hausarztakte. Die Pflicht des Krankenhausarztes, den niedergelassenen Kollegen übers Entlassungsdatum rechtzeitig zu informieren, wäre damit vom Tisch, weil der Hausarzt bereits informiert ist.

Eng mit dem Entlassmanagement verknüpft ist das Arzneimanagement. Schon 2001 forderte Ulla Schmidt vor dem Hintergrund des Lipobayskandals einen Arzneimittelpass, der auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden sollte, so zumindest sah es das GKV-Modernisierungsgesetz 2003 vor.

Viel Hickhack seither, den ich mir an dieser Stelle erspare. Wir sind heute, im April 2016, immer noch weit entfernt vom Arzneipass auf der eGK. Hermann Gröhe hat Tempo gemacht, aus dem Arzneipass ist ein Medikationsplan in Papierform (E-Health-Gesetz!) geworden, auf den Versicherte, die gleichzeitig drei oder mehr verordnete Arzneimittel anwenden, ab Oktober 2016 Anspruch haben – nachzulesen im § 31a SGB V.

Zu dokumentieren sind nicht nur rezeptpflichtige Medikamente, sondern auch OTC-Präparate und Hinweise auf Medizinprodukte. Die elektronische Form soll dann 2019 kommen. Bis dahin müssen Praxis-, Klinik- und Apotheken-Softwaresys-teme auf eine einheitliche Bereitstellung von Medikationsdaten in elektronischer Form umgestellt sein, und das einrichtungsübergreifend.

Vielleicht erahnen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, welche zusätzlichen Kosten und welcher Bürokratieaufwand da auf uns zukommen wird. Und nicht nur auf uns, sondern auch auf die Apotheker, die seit langem in der ambulanten Versorgung als Medikationsmanager mehr Gewicht erhalten wollen, was die Politik aber zunächst abgelehnt hat.

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