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Funktionärsgefechte zum EBM-Umbau belasten Honorargeschäft

Gesundheitspolitik Autor: Jost Küpper

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2014 soll feste Preise für Gundleistungen bringen – doch statt Druck aufzubauen, geraten die Ärztevertreter aneinander.

 

Das waren noch Zeiten! Beim EBM-Poker im vorigen Herbst fiel dem Spitzenverband der Krankenkassen im normalen wie im erweiterten Bewertungsausschuss zunächst nur der Spruch von den völlig überhöhten Vertragsarzthonoraren ein.

Die angeblich Überbezahlten und ihre Funktionäre reagierten barsch: Kaum versteckte Streikkomitees, punktueller Straßenprotest, eine Klage beim Sozialgericht und immer wieder die Botschaft: Das lassen wir mit uns nicht machen! Schließlich gab es einen Abschluss. Im Paket: Die Psychotherapie wird ausbudgetiert.

Mit dem Schild „Weg mit den Budgets!“ soll das KBV-Führungsduo Dr. Andreas Köhler und Haus­ärztin Regina Feldmann weitermarschieren. Die haus- und fachärztlichen Grundpauschalen sind als nächste Meilensteine der „Ausbudgetierung“ arztintern ausgeguckt.

Falls die Kassenseite das abnickt (und sich sogar den KBV-Versionen vom Inflationsausgleich und von der Morbiditätsanbindung nähert), kann das nur als mildtätige Gabe eingestuft werden. Denn was sich einige KV-Gewaltigen derzeit an internem Kleinkrieg in Sachen EBM leisten, dürfte das Standing der Vertragsarzt-Emissäre gegenüber den Kassen pulverisieren. Da sitzen Generäle von Truppen am Tisch, die aufeinander schießen.

Von Nord und Süd kommt Kritik am EBM-Konzept

Zu den Details: Bejubelt wurde im Jahr 2012, dass die vertragsärztliche Honorarhoheit wieder bei den KVen landete und nicht mehr bei der KBV ressortierte. Mittlerweile ist vielerorts HVM-Frust eingekehrt: Schieds­ämter, beklagte Schiedsämter und prozentuale Mini-Zuwächse bestimmen die Honorarwirklichkeit. Oft wird dergleichen so verarbeitet: Da das Vertragsgeschäft vor Ort nicht fluppt, sind die Berliner KBV-Gremien und der EBM die bösen Buben.

Die KV Baden-Württemberg und die KV Schleswig-Holstein wollen dem bestehenden EBM, der Basis für die laufenden EBM-Verhandlungen mit den Kassen ist, ans Leder. Die Südwest-KV will ihn bei sich komplett aussetzen, die Nordlichter den Hausarztteil makulieren.

Dass im Hausarztbereich der EBM-Kampf tobt, hat einen personellen Aspekt. Nach dem Ausstieg von KBV-Vize Dr. Carl-Heinz Müller Ende 2011 versuchte der Deutsche Hausärzteverband (DHÄV) mit allen Mitteln, Feldmann, KV-Chefin von Thüringen und Vorstandsmitglied der regionalen DHÄV-Tochter, an Dr. Köhlers Seite zu bugsieren. Mittlerweile ist die Harmonie zwischen dem Verband und der KBV-Vize Schnee von gestern. „So nicht!“, fokussiert die DHÄV-Truppe um Ulrich Weigeldt ihre Position zum „Feldmann-EBM“.

Hausarzt-EBM ist „ein politisches Verbrechen an der Ärzteschaft“

Aber auch von anderswo kam die resolute Thüringerin unter Feuer. Die KV Hamburg samt ihrem Chef Walter Plassmann ist sich sicher, dass Feldmann entgegen aktuellen Beschlüssen der Vertreterversammlung (VV) der KBV die hausärztliche Grundpauschale in den Verhandlungen im Bewertungsausschuss (der erweiterte Bewertungsausschuss tagt erst am 29. September) in Sachen Ausbudgetierung vom Tableau herunternahm.

Die KBV sagte dazu kein Sterbenswörtchen, Plassmann & Co. vermelden mittlerweile die Rücknahme der Runternahme. Vorher waren sie allerdings vom Hausarzt-Chef aus Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Dieter Kreye, auch KV-Vize in Schwerin, attackiert worden. Man verbitte sich Ratschläge aus Hamburg, wo die Hausärzte bundesweit den geringsten Umsatz aufwiesen und die Interessen der Laborärzte ganz oben auf der Agenda stünden.

Wer das für starken Tobak hält, muss sich noch ein anderes Duell zum aktuellen Hausarzt-EBM anhören: Der Stuttgarter KV-Chef Dr. Norbert Metke nannte ihn ein „politisches Verbrechen an der Ärzteschaft“, Bayerns KV-Präses Dr. Wolfgang Krombholz outete sich nur einen Tag später als Befürworter des EBM-Prozesses. Beide sind führende Köpfe von FALK (Freie Allianz der Länder-KVen). Den FALKisten blieb nichts übrig, als einen Dissens einzuräumen. Das nimmt der Kontroverse aber nichts von ihrer politischen Sprengkraft.

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