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Sicherheitsverwahrung Gefangener legt erfolgreich Verfassungsbeschwerde ein

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

Auch während der Voruntersuchung und im OP-Saal sowie während der dreitägigen Nachsorge war der Mann entweder an Händen oder Füßen gefesselt. Auch während der Voruntersuchung und im OP-Saal sowie während der dreitägigen Nachsorge war der Mann entweder an Händen oder Füßen gefesselt. © Light Impression – stock.adobe.com
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Personen in Sicherheitsverwahrung sind teils auch während Klinikaufenthalten gefesselt. Ein Mann, der 96 Stunden in Fesseln war, legte Beschwerde beim Verfassungsgericht ein.

Auch Personen in Sicherheitsverwahrung dürfen bei Klinik­aufenthalten nicht willkürlich gefesselt werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht nach einer Beschwerde eines Gefangenen klargestellt.

Der Mann war 96 Stunden lang in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt: Schon die Fahrt von der Jus­tizvollzugsanstalt zur Klinik erfolgte mit armverschränkender Handfesselung in einem vollvergitterten Transporter, der in Boxen unterteilt war – plus Begleitung zweier Bewaffneter. Auch während der Voruntersuchung und im OP-Saal sowie während der dreitägigen Nachsorge war er entweder an Händen oder Füßen gefesselt. Selbst bei seinen täglichen Spaziergängen war dies der Fall, obwohl ihn zwei Bewaffnete begleiteten.

Justizvollzugsanstalt sah Fluchtgefahr

Diese Maßnahmen verletzten sein Persönlichkeitsrecht, argumentierte der Gefangene. Sie hätten geschmerzt und seine Bewegungsfreiheit und seinen Schlaf beeinträchtigt. Mit der am Bettrahmen befestigten Fußfessel sei ein Drehen oder Anwinkeln der Beine nicht möglich gewesen.

Die Justizvollzugsanstalt erklärte, es habe ein Fluchtranreiz bestanden, weil die Dauer der Sicherheitsverwahrung noch nicht bekannt sei – zumal der unübersichtliche Transport ins Krankenhaus eine Gelegenheit biete. Eine „freie“ Fahrt sei nur möglich, wenn bereits einige gefesselte Durchgänge beanstandungsfrei absolviert wurden. Dies sei nicht der Fall gewesen.

Das Bundesverfassungsgericht entschied: Angesichts des langen Aufenthalts hätte es nahegelegen, die Fesselung zumindest phasenweise zu unterbrechen und stattdessen die Zahl der Aufsichtspersonen zu erhöhen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Zustand des Gefangenen periodisch überprüft worden sei. Zudem habe man nicht berücksichtigt, dass das Vollzugsverhalten des Mannes beanstandungsfrei war und die attestierten Krankheiten ihm eine Flucht erschwert hätten. Das Gericht verwies den Fall zurück an das Landgericht.

Quelle: Beschluss des BVerfG vom 19. Januar 2023; Az.:2 BvR 1719/21

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