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GOÄ-Reform: Pläne zu Analog-Abrechnung und Honoraren

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas

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Dr. Theodor Windhorst, Verhandlungsführer der Bundesärztekammer (BÄK), gab Einblicke in den Stand der GOÄ-Reform.

Die Hoffnung der ärztlichen Berufsverbände, dass sie von der BÄK endlich umfassende Informationen zur geplanten GOÄ erhalten, wurde enttäuscht. Die beiden GOÄ-Spezialisten Dr. Windhorst und Dr. Bernhard Rochell, KBV-Verwaltungsdirektor und ehemaliger Hauptgeschäftsführer der BÄK, verwiesen sowohl auf einer Informationsveranstaltung für Ärzte als auch auf der anschließenden Pressekonferenz auf die Geheimhaltungsverpflichtung, die ihnen das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) auferlegt habe. Dennoch bekräftig­ten sie, dass ein Referentenentwurf zur GOÄ Anfang 2016 vorliegen soll.

Völlig unklar sind bisher z.B. die Bewertungen einzelner Leistungen. Ob und in welcher Höhe Ärzte Hono­rarzuwächse erwarten dürfen, dazu mochte sich Dr. Windhorst ebenfalls nicht äußern. Man habe sich hier auf einen "Korridor" geeinigt, erklärte Dr. Rochell. Es werde dabei einen prozentualen Honorarzuwachs über sämtliche Leistungsbereiche geben.

Das BMG, aber auch PKV-Verband und Beihilfe, wollten hohe Kostensteigerungen vermeiden, weshalb man sich auf ein "Monitoring" über 36 Monate geeinigt habe. Wenn die Honorarzuwächse den Korridor überschreiten würden, müsse man schauen, ob diese medizinisch begründet seien (z.B. Grippewelle, Behandlung vieler Frakturen nach Blitzeis). Dann müssten Korrekturen erfolgen; dies gelte auch, wenn das Honorar unterhalb des vereinbarten Korridors läge.

Nach den Erfahrungen der ersten 36 Monate mit der Entwicklung des Honorars gehen die Verhandlungspartner von einem dann "eingeschwungenen Zustand" aus.

Positivliste bestimmt, wann Ärzte steigern dürfen

Geeinigt haben sich Bundes­ärztekammer und PKV-Verband weiterhin bei Leistungsstrukturen, -legenden und Abrechnungsbestimmungen der Kapitel B und M. Außerdem gibt es eine sog. Paretoliste mit über 500 neuen GOÄ-Leistungen. Ebenso liege der neue Paragrafenteil vor, so Dr. Rochell.

Die Leistungsbewertungen der neuen GOÄ sollen demnach mit "robusten Einfachsätzen", die mittlerweile "nicht unterschreitbare Gebührensätze" heißen, festgelegt werden. Diese Gebührensätze entsprechen in etwa dem derzeit 2,4-fachen Satz. Eine Steigerung solle es auch künftig und zwar bis zum zweifachen Satz geben, der etwa dem derzeit 4,8-fachen Satz entspricht, erklärte Dr. Rochell. Allerdings ist Ärzten die Steigerung nur möglich, wenn Steigerungsgründe, die in einer noch zu erstellenden Positivliste festgelegt werden, vorliegen.

Sollten Ärzte einen triftigen Grund zur Steigerung haben, der nicht in der Positivliste aufgeführt ist, können sie bei der noch zu gründenden "Gemeinsamen Kommission zur Pflege und Weiterentwicklung der GOÄ" (GeKo), die dem derzeitigen Konsultationsausschuss ähnelt, einen Antrag auf Aufnahme in die Positivliste stellen. Wird dieser Antrag abgelehnt, wird der abgelehnte Grund in eine "Negativliste" aufgenommen, die Ärzten das Steigern grundsätzlich verbietet.

Abweichende Honorarvereinbarungen sollen ebenfalls weiterhin möglich sein, allerdings nicht, wenn die Negativliste greift. Der Patient müsse umfassend über die finanziellen Auswirkungen aufgeklärt und schriftlich hingewiesen werden. Hier habe man, so Dr. Rochell, vor allen Dingen die Forderungen des Patientenrechtegesetzes eingearbeitet.

Herrscht Uneinigkeit, trifft das BMG die Entscheidungen

Die noch zu gründende GeKo bestehe aus vier Vertretern der BÄK, zwei Vertretern der PKV und zwei Vertretern der Beihilfe. Damit könnten Beschlüsse der PKV und Beihilfe nicht ohne Stimme der Ärzteschaft beschlossen werden, verspricht Dr. Rochell. Das gilt umgekehrt jedoch genauso. Werden sich die Parteien über eine Sache nicht einig, entscheidet schlussendlich das BMG.

Die Analogabrechnung, das "Anti-Aging-Programm" der jetzigen GOÄ, soll auch weiterhin möglich sein. Analogziffern dürfen aber nur zum einfachen Satz abgerechnet werden. Vor allen Dingen bei "umsatzstarken" Analognummern will die GeKo diese überprüfen und "schnellstmöglich" mit einer neuen Ziffer in die GOÄ überführen.

Im § 11b der neuen GOÄ steht es der GeKo frei, neue "innovative Versorgungselemente" zu erproben. Ärzte befürchten, dass damit Verträgen der Weg geebnet wird, in denen der GOÄ-Gebührensatz ausgehebelt werden könnte (sog. Öffnungsklausel). Dies wies Dr. Rochell weit von sich. Schließlich erfordere solch eine Vereinbarung zur Durchführung derartiger Modellvorhaben das Einvernehmen zwischen BÄK und PKV-Verband und Beihilfe.

Obwohl viele Punkte ungeklärt sind und die scharfe Kritik ärztlicher Berufsverbände (siehe Beiträge unten) bisher ungehört geblieben ist, sind Dr. Windhorst und Dr. Rochell weiter zuversichtlich, dass die neue GOÄ zum 1.10.2016 in Kraft treten wird.

Derzeit bereitet die Bundesärztekammer einen Sonderärztetag zur GOÄ-Reform vor. Ein Datum steht bisher noch nicht fest. 

 

Vorwurf: BÄK handelt gegen die Beschlüsse des Deutschen Ärztetages

Freie Ärzteschaft: Unabhängigkeit der BÄK gegeben?

Es bestehen "erhebliche Zweifel", ob die Ärzteschaft durch die BÄK überhaupt adäquat vertreten wird. Denn immerhin bekleiden laut Freier Ärzteschaft 13 Vorstandsmitglieder der BÄK und der Landesärztekammer einen Posten im Ärztebeirat der Allianz Private Krankenversicherung AG (APKV). Das stelle die Unabhängigkeit der GOÄ-Verhandler auf Ärzteseite bereits öffentlich infrage. Außerdem lautet der Vorwurf: Die BÄK handelt gegen Beschlüsse des Deutschen Ärztetages.

BDI: Zweifel keineswegs ausgeräumt

Die Bedenken der Ärzteschaft konnte die BÄK bisher nicht ausräumen, so der Berufsverband der Internisten (BDI). Mit der Gründung der gemeinsamen Kommission zur Weiterentwicklung der GOÄ (GeKo) hält das Prinzip der Selbstverwaltung auch bei der Privatabrechnung Einzug. Wenn eine Entfremdung der Ärzteschaft von der Kammer verhindert werden soll, muss die GOÄ neu verhandelt werden.

NAV-Virchow-Bund: BÄK fehlt Mandat der Ärzteschaft

Durch die Annäherung der GOÄ an den EBM werden die Weichen in Richtung einer einheitlichen Gebührenordnung gestellt, so der NAV-Virchow-Bund. Damit liefert die BÄK eine Steilvorlage für die Bürgerversicherung. Solch wegweisende Entscheidungen dürfen nicht einer kleinen Runde von Verhandlungsführern überlassen werden. Die BÄK verfügt über keine demokratische Legitimation, eine GOÄ mit dem jetzt bekannt gewordenen Paragrafenteil zu verhandeln.




Quelle: Pressekonferenz Bundesärztekammer, Pressemitteilungen

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