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Ich kapituliere vor den Wirren der Bürokratie

Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

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Ein kryptisches Behördenschreiben mit einer unerklärlichen Gebührenforderung ließ MT-Kolumnistin Dr. Cornelia Tauber- Bachmann stutzen. Erst bei einer Entrümpelungsaktion kam zu Tage, wofür sie eigentlich ihren Obolus leisten sollte.

Vor ein paar Wochen flatterte mir ein merkwürdiger Brief auf den Schreibtisch. Ohne Absender. Nun bin ich eher gewohnt, dass in solchen Briefen Werbung steckt oder sie von Fake-Firmen versandt wurden, um mit amtlichem Aussehen an meine persönlichen Daten oder/und an mein Geld beziehungsweise meine Kontonummer zu kommen. Dieser Brief hatte aber schon wegen seines Umschlags aus umweltfreundlichem Recyclingpapier mit der bekannten grauen Farbe und der gedruckten Briefmarke ein amtliches Aussehen. Ich öffnete ihn also, natürlich ein wenig misstrauisch, denn amtliche Briefe verursachen meistens Ärger oder Arbeit oder sehr häufig auch beides zusammen.


Dieser Brief beinhaltete nun eine Rechnung. Von der Bezirksregie-
rung. Ich sollte eine Gebühr bezahlen. In oben genannter Angelegenheit: Zahlen und Punkte. Verwendungszweck: viele Buchstaben und Zahlen. Bei Rückfragen: wieder viele Zahlen und Punkte.

Ein mysteriöser grauer Brief ohne Absender

Obwohl ich eine brave Staatsbürgerin bin, erlaubte ich mir dennoch, bei der entsprechenden Stelle anzurufen und nachzufragen, worum es sich eigentlich handele. Die freundliche Dame am Telefon war sehr bemüht. Sie konnte mir jedoch nicht weiterhelfen, trotz der vielen Zahlen, Punkte und Buchstaben, die ich ihr gemäß des Schreibens nannte.


Denn gerade meine Akte war just in dem Moment nicht auffindbar. Eventuell könnte es sich um die Durchführung des AMG handeln. Ein Lichtblick! Das Arzneimittelgesetz also. Aha! Leider wusste ich immer noch nicht, wofür ich die Gebühr zahlen sollte. An einen entsprechenden Bescheid konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Was war denn nun genehmigt oder nicht genehmigt worden? Ist denn mein Gedächtnis wirklich schon so schlecht geworden?

Viele Zahlen und Buchstaben ohne jeden Nutzen

Als ich um eine schriftliche Benachrichtigung bat, teilte sie mir mit, dass ihr Chef das nicht erlaube. Wie? Sind denn die Bescheide der Bezirksregierung so geheim, dass nicht mal der Betroffene davon erfahren darf? Und telefonisch sei ihr Chef leider im Moment nicht zu erreichen, ja, er sei diese Woche gar nicht im Haus .Und wenn er überhaupt eine Antwort schriftlicher Art gäbe, dann nur auf schriftlichen Antrag ... usw. usw. – Was Frau als brave Staatsbürgerin dann so als Antworten bekommt. Wir fingen an, uns komplett im Kreis zu drehen!

Ich ärgerte mich über mich selbst

Irgendwie hatte ich keine Lust auf Papierkrieg oder Behördenstreit und so zahlte ich den Betrag fristgerecht ein, zwar unwillig, aber halt doch. Gleichzeitig ärgerte ich mich dabei über mich selbst: erstens, weil ich so klaglos bezahlt hatte, ohne zu wissen wofür, und zweitens, weil ich immer noch nicht wusste, was ich jetzt eigentlich durfte oder nicht. Auch meine Helferinnen konnten meinem Gedächtnis nicht auf die Sprünge helfen.


Schließlich begannen wir in der ruhigeren Sommerzeit, den Keller und das Archiv aufzuräumen. Leicht „angestaubt“, aber sehr stolz überreichte mir meine Chefhelferin einen Brief, in dem ich der Behörde anzeige, dass ich homöopathische Komplexmittel in Trägerlösungen mische, um sie zu infundieren.


Der Antrag war sage und schreibe zwei Jahre und drei Monate alt!


Nun bin ich zwar einerseits froh, dass mein Gedächtnis noch funktioniert. Aber andererseits weiß ich immer noch nicht, ob ich jetzt Mischinfusionen geben darf oder nicht. Trotz Zahlung der Gebühr habe ich nichts weiter gehört und keinen – wie auch immer gearteten – Bescheid bekommen. Ob er vielleicht im nächsten Jahr eintrifft?

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