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Make Krankenversicherung great again!

Autor: Erich Kögler

Trotz der Amtseinführung hören die Drohungen und Übertreibungen Trumps nicht auf. Trotz der Amtseinführung hören die Drohungen und Übertreibungen Trumps nicht auf. © fotolia/mokee81
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In seiner meinungsstarken Kolumne "Mit spitzer Feder" geht Erich Kögler regelmäßig mit allerlei Auswüchsen und Absonderlichkeiten der Medizinwelt hart ins Gericht. In seiner aktuellen Kolumne widmet er sich dem Thema Krankenversicherung.

Donald Trump ist Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika! Es hilft den Kritikern also kein Jammern und Wehklagen, denn der Mann ist schließlich nach demokratischen Regeln vom amerikanischen Volk gewählt worden. Das muss man nicht gut finden, aber so funktioniert Demokratie. Wer jedoch geglaubt hat, dass mit der Amtseinführung Schluss ist mit Übertreibungen, Drohungen, Verzerrungen und stets provokanter Wortwahl, wurde rasch eines Besseren belehrt: Donald Trump bleibt sich und seinen Überzeugungen treu und beginnt prompt mit der Umsetzung von umstrittenen Wahlkampf-Versprechungen.

"Freibrief für Versicherungen, Menschen mit Vorerkrankungen auszuschließen"

Überraschen kann dabei lediglich die Prioritätenliste. Erste Amtshandlung war nämlich noch am Tag der Vereidigung die Unterzeichnung einer Anordnung, die die Gesundheitsreform von Amtsvorgänger Obama aushebelt. Darin gibt Trump staatlichen Stellen die Erlaubnis, "Obamacare" nicht anzuwenden oder die Reform zu verzögern, sollte sie eine finanzielle Belastung darstellen – praktisch ein Freibrief für Versicherungen, Menschen mit Vorerkrankungen nicht aufzunehmen.

Der sogenannte "Affordable Care Act" von 2010 war eines der umfangreichsten Gesetze aus Obamas erster Amtszeit. Dadurch wurden knapp 23 Millionen US-Amerikaner zusätzlich versichert. Trumps Stabschef Reince Priebus sprach jetzt von einer Zwischenlösung, bis die Reform gänzlich durch ein neues System ersetzt werde. Wie dies aussehen soll, haben die Republikaner im Kongress allerdings noch nicht erklärt. Bislang hat der neue Präsident lediglich eine "großartige Gesundheitsversorgung" angekündigt: "Sie werden stolz darauf sein!" Man darf also gespannt sein – oder aber besorgt wie viele Amerikaner, die in diesen Tagen gegen Trumps Pläne demonstrieren.

Steht nun zu befürchten, dass man das Ergebnis der Trump-Korrekturen künftig noch mehr an den fehlenden oder schwarzen Zähnen vieler Geringverdiener wird ablesen können? Erst wenn der Mund völlig vereitert ist, landen diese dann nämlich in der Notaufnahme. In den USA dürfen Krankenhäuser keine Notfälle ablehnen – die Kosten übernimmt dann der Steuerzahler. Doch das System ist nicht tragfähig: Schon jetzt steigt die Zahl der Todesfälle wegen mangelhafter Versorgung akuter Notfälle kontinuierlich an. Die Zukunft sieht düster aus.

"Wird Trump vorschnell verurteilt? Werden seine Pläne von der Realpolitik geschluckt?"

Und woran liegt es, dass so viele Amerikaner der Krankenversicherung skeptisch gegenüberstehen? Kritiker nennen das Gesetz sozialistisch und halten es für einen Eingriff in die Freiheitsrechte und damit für "antiamerikanisch". Diese geradezu irrationale Angst wird von einer erstaunlichen Ahnungslosigkeit der Betroffenen befeuert. Der Komiker Jimmy Kimmel ließ unlängst Leute auf dem Hollywood-Boulevard befragen, ob sie den "Affordable Care Act" oder "Obamacare" bevorzugten. Es herrschte Einigkeit: "Obamacare" sei Teufelszeug, der Affordable Care Act dagegen eine gute Sache. Dumm nur, dass "Obamacare" lediglich der Spitzname für den "Affordable Care Act" ist …

Aber: Wird Trump vorschnell verurteilt? Sollte man nicht erst einmal abwarten, was die Ankündigung der "großartigen Gesundheitsversorgung" beinhaltet? Werden seine großmäuligen Ankündigungen von der Realpolitik geschluckt?

Die USA schicken Raketen auf den Mond und sehen sich als weltweiter Technologieführer, aber eine gesundheitliche Grundversorgung kann das Land seinen Bürgern nicht anbieten. Eigentlich unglaublich, aber die Hoffnung auf eine diesbezüglich bessere Zukunft hat meiner Einschätzung nach zumindest in den nächsten vier Jahren kaum eine realistische Basis. Aber ich lasse mich gern überraschen. Solange bleibt wohl nur das Warten auf einsetzende Vernunft und das leise Murmeln der Forderung: Make Krankenversicherung great again!

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