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Nach nur fünf Jahren platzt Dr. Dilgs Landarztpraxis aus allen Nähten

Gesundheitspolitik Autor: Anke Thomas

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Mit einem Summa-cum-Laude-Abschluss hätten Dr. Guido Dilg alle beruflichen Wege im Medizinsektor offen gestanden. Dank eines Praktikums in einer Allgemeinarztpraxis stand für den heute 37-Jährigen jedoch fest: Ich will Hausarzt werden, nichts anderes!

Diesen Schritt hat er nicht bereut. Auch wenn seine Praxis nach nur fünf Jahren aus allen Nähten platzt, verfolgt der Kollege weitere Wachstums­pläne – mit viel Urlaub und Freizeit inklusive.

Als Dr. Dilg die Praxis im ländlichen Eitorf (ca. 20 000 Einwohner), das etwa 25 km von Bonn entfernt liegt, 2009 übernahm, lag die Scheinzahl bei etwa 950 Fällen. Sein Vorgänger, bei dem er auch als Weiterbildungsassistent beschäftigt war, hatte – obwohl dieser sich nur zwei Wochen Urlaub im Jahr leistete – kein üppiges Auskommen mit seiner Praxis.
Dr. Dilgs Analyse lautete trotzdem: Die Praxis ist sehr ausbaufähig. Sein Seniorkollege hatte nämlich kaum extrabudgetäre Leistungen erbracht, die Kodierung insgesamt vernachlässigt, die Prävention kaum beachtet und nur sehr wenige Privat-/IGeL-Einnahmen erzielt.

Eitorf, AllgemeinarztUnd der junge Arzt behielt recht. Die extrabudgetäre Leistungserbringung wurde ausgebaut. Dank einer deutlich besseren Kodierung konnte das RLV ausgeweitet werden. Die Privateinnahmen lagen ein bis zwei Jahre nach der Übernahme bereits um ein Dreifaches höher (hauptsächlich Labor, aber auch Ernährungsmedizin und Manualtherapie). Die Scheinzahl wuchs auf bei 1400. Trotzdem gönnte sich Dr. Dilg neun Wochen Urlaub im Jahr.

Nach drei Jahren einen angestellten Kollegen mit ins Boot geholt

Im vierten Quartal 2012 kaufte Dr. Dilg eine weitere Zulassung, die er in eine Anstellungsberechtigung umwandelte. Er errichtete eine Zweigpraxis, in der heute sein angestellter Kollege stundenweise arbeitet. Größtenteils unterstützt dieser Dr. Dilg in der Hauptpraxis in Eitorf. 2013 zählte die Praxis bereits 2200 Scheine und ist – außer an gesetzlichen Feiertagen – durchgehend geöffnet.

Und die Praxis wächst weiter: Alleine im vierten Quartal 2013 kamen etwa 150 neue Patienten hinzu. Dennoch gönnen sich die Ärzte weiterhin ihre sechs Wochen Jahresurlaub. Dann geht es immer weg, sagt Dr. Dilg, denn in Eitorf abzuschalten und sich zu erholen, sei nahezu unmöglich. 50 Stunden arbeitet Dr. Dilg ungefähr pro Woche, mit seinem wirtschaftlichen Verdienst ist er „mehr als zufrieden“.

Da die Räumlichkeiten mittlerweile viel zu knapp sind (ca. 120 qm) will der junge Arzt räumlich expandieren. Das aber möchte er erst unter Dach und Fach bringen, wenn sein angestellter Kollege mit in die Praxis einsteigt. Die Zukunft liegt in Gemeinschaftspraxen oder MVZ, ist Dr. Dilg überzeugt. Alleine kann und will er die vielen Patienten nicht versorgen. Sobald das Projekt „größere Praxisräume“ abgeschlossen ist, plant Dr. Dilg den Ankauf einer weiteren Zulassung. Allein zur Burnout-Prophylaxe muss mehr ärztliche Arbeitskraft herangeschafft werden.

Hausärzte müssen fundiertes Basiswissen aus allen Disziplinen mitbringen

„Das hört sich vielleicht blöd an“, erklärt Dr. Dilg seinen eingeschlagenen Weg, „aber für mich ist die hausärztliche Tätigkeit die Königsdisziplin der Medizin.“ Schließlich müssen Hausärzte fundiertes Basiswissen aus allen Disziplinen mitbringen und sich nicht nur auf ein Organ konzentrieren. Angst vor der großen Aufgabe, so viele Patienten zu behandeln, ist für ihn das falsche Wort, eher fällt ihm hier Respekt ein. Wer keinen Respekt mitbringt, ist fehl am Platz, meint Dr. Dilg.

Das betriebswirtschaftliche Wissen hat er praktisch schon in die Wiege gelegt bekommen. Bereits  als Teenager stand er im elterlichen Geschäft und verkaufte Zigaretten oder Zeitungen an die Eitorfer Bürger. In der Familie ist er der einzige Arzt. Die Eitorfer kennen ihn schon von Kindesbeinen an und lassen sich vom Guido gerne behandeln.

Auch Dr. Dilgs Frau unterstützt als Steuerberaterin ihren Mann und hat sich mittlerweile auf Ärzte als Kunden spezialisiert. Im Übrigen rät Dr. Dilg jedem Kollegen, ruhig mal einen betriebswirtschaftlichen Berater in die Praxis zu holen. Selbst wenn es 1000 oder 1500 Euro kosten sollte, lohnt sich die Investition, ist er überzeugt. Die Arbeit auf dem Land schätzt der Kollege auch wegen der minimalen Konkurrenz. Einziges Manko, das der 37-Jährige in Kauf nimmt: Das Angebot z. B. an netten Kneipen ist in Eitorf eher bescheiden. Aber so viel Zeit für derartige Aktivitäten bleibt bei der florierenden Praxis und zwei kleinen Kindern eh nicht.

Ärzte dürfen nicht für die Behandlung vieler Patienten bestraft werden

Derzeit bildet sich Dr. Dilg in der Palliativmedizin fort. Dass Kollegen keine Heime betreuen, versteht er nicht: Das ist medizinisch sinnvoll,  spannend und auch lukrativ. Angehenden Ärzten kann Dr. Dilg die Hausarztmedizin nur ans Herz legen. Damit der Mangel nicht noch größer wird, hofft der Kollege auf die Politik. Bei der letzten Abrechnung hat die KV ihm wegen des  starken Wachstums 15 000 Euro gestrichen. Dagegen ist er in die Berufung gegangen, noch läuft das Verfahren.

Dass Ärzte für die Versorgung vieler Patienten auch noch bestraft werden, kann nicht sein, meint er. Auch über seinen 50. Geburtstag hat sich Dr. Dilg Gedanken gemacht: „Dann würde ich gerne nur noch halbtags arbeiten.“

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