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Versorgungsgesetz: Was bringt die Reform den Hausärzten?

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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„In dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz steht für die Hausärzte nichts drin“, grummelte Dr. Dieter Conrad auf dem Hessischen Hausärztetag. So schwarz, wie der Chef des Hausärzteverbandes Hessen die Lage malt, sieht sie aber gar nicht aus.

Dr. Conrads Verbandskollege Dr. Gerd W. Zimmermann nannte auf dem Hausärztetag in Frankfurt durchaus Passagen im Referentenentwurf des Gesetzes, von denen die Hausärzte profitieren können – vorausgesetzt, sie bleiben so erhalten.

KBV und GKV-Spitzenverband sollen bis Mitte 2012 beispielhaft auflisten, in welchen Fällen ein Arzt Leistungen delegieren kann und welche Anforderungen an seine Beaufsichtigungspflicht und an die Qualifikation der Hilfspersonen zu stellen sind; die Bundesärztekammer darf dazu Stellung nehmen. „Eine Stärkung der Delegation stellt einen wichtigen Beitrag zur Entlastung des Arztes und damit zur Verbesserung der Versorgung dar. Der Auftrag an die Bundesmantelvertragspartner beschränkt sich daher auch zunächst auf die ambulante Versorgung, da hier aktuell der größte Handlungsbedarf zur Verbesserung der Versorgungssituation besteht“, heißt es in dem Entwurf zur geplanten Neuregelung des § 28 Absatz 1 SGB V.

Als gute Nachricht erwähnte Dr. Zimmermann: „Heilmittelregresse wird es in Zukunft kaum noch geben.“ Denn in § 32 soll ein Abs. 1a eingefügt werden: „Bei langfristigem Behandlungsbedarf genehmigen die Krankenkassen auf Antrag der Versicherten die erforderlichen Heilmittel für einen geeigneten Zeitraum.“ Die  Genehmigungsvoraussetzungen regelt der Gemeinsame Bundesausschuss. Über die Anträge „ist innerhalb von vier Wochen zu entscheiden; ansonsten gilt die Genehmigung nach der Ablauf der Frist als erteilt“ (mit Fristunterbrechung, wenn ergänzende Informationen des Antragstellers erforderlich sind). Der KV-Vize schließt daraus: „Was von der Kasse genehmigt ist, kann nicht regressiert werden.“

Kein Heilmittelregress für genehmigte Verordnung

Dazu kommt eine Anfügung an § 84 Abs. 8: KBV und GKV-Spitzenverband legen erstmals bis zum 30.9.2012 bundesweit geltende Praxisbesonderheiten für die Verordnung von Heilmitteln fest, die bei den Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 anzuerkennen sind. Auf Landesebene können KV und Kassen weitere anzuerkennende Praxisbesonderheiten vereinbaren. Die auf Praxisbesonderheiten und Genehmigungen entfallenden Heilmittelkosten sind bei den Richtgrößenvereinbarungen zu berücksichtigen.

Für die Richtgrößenprüfung ist ein neuer Absatz 5e im § 106 vorgesehen, wonach bei erstmaliger Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % eine individuelle Beratung erfolgen soll. „Ein Erstattungsbetrag kann bei künftiger Überschreitung erstmalig für den Prüfzeitraum nach erfolgter Beratung festgesetzt werden.“ Bei der Beratung kann ein Arzt beantragen, dass die Prüfungsstelle Praxisbesonderheiten anerkennt. Dr. Zimmermann: „Ab 2012 heißt es: Erst eine Beratung, dann Prüfverfahren.“

Sozialminister kann Kassen auf HzV stoßen

Auch zur hausarztzentrierten Versorgung findet sich etwas im Referentenentwurf (Version vom 10.6.2012, auf der BMG-Homepage), nämlich ein neuer Absatz 6 für § 71: „Die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder können den Krankenkassen zur Gewährleistung einer flächendeckenden Versorgung vorschlagen, Verträge nach den § 73b Absatz 4, § 73c Absatz 3 und § 140a Absatz 1 abzuschließen.“ Auf diese Einflussnahme werden KV und Hausärzteverband das Hessische Sozialministerium nachdrücklich hinweisen, ist Dr. Zimmermann sicher. Schließlich gibt es im Land nur eine HzV mit BKKen (Add-on-Vertrag der KV). Ohne vergleichbare HzV-Verträge wie in Bayern oder Baden-Württemberg dürfte es schwerfallen, junge Hausärzte zur Niederlassung in Hessen zu bewegen, meint der KV-Vize.

Er begrüßt auch die vorgesehene Ergänzung des § 73b Abs. 4a: „Klagen gegen die Festlegung des Vertragsinhalts richten sich gegen eine der beiden Vertragsparteien, nicht gegen die Schiedsperson.“ Es wird also möglich, gegen eine Krankenkasse vors Sozialgericht zu ziehen.  Dr. Zimmermann: „Diesen Stachel werden wir einsetzen.“

Während Urologe Dr. Manfred Richter-Reichhelm, bis 2004 KBV-Chef und heute u.a. als Aufsichtsrat der Patiomed AG tätig, betonte, dass mit dem GKV-VSG die Stellung des Hausarztes immerhin nicht geschmälert werden soll, bleibt HÄV-Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt unzufrieden: Wind- und Solarenergie würden mit zusätzlichen Mitteln gefördert, aber die primärärztliche Versorgung müsse sich durch Einsparungen finanzieren!

Außerdem werde die neue Bedarfs­planung des GKV-VSG den Hausärztemangel nicht beheben, ergänzte Landesverbandschef Dr. Conrad. Zum einen sei der Begriff des Landarztes nicht definiert. Zum andern komme die angekündigte Förderung nicht bei denen an, die sie benötigten. Denn statistisch habe Hessen bislang keine unterversorgten Gebiete.

Opposition hat wenig an Reformplänen zu mäkeln

Wenig Kritik am Gesetzentwurf äußerten die sozialpolitischen Sprecher von SPD und Grünen im Hessischen Landtag, Dr. Thomas Spies  und Kordula Schulz-Asche. Beide begrüßten die Einbindung der Länder in die Versorgungssteuerung. In Hessen gibt es mit dem neuen Landeskrankenhausgesetz bereits „Gesundheitskonferenzen“. Allerdings dürften diese nicht zu folgenlosen „Quasselbuden“ werden, so Schulz-Asche. Dr. Spies hält Konferenzen, die sich um die Versorgung in einem Umkreis von 100 km kümmern, für zu groß; der Arzt spricht sich für „Landkreise und kleiner“ aus.

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