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Wem hilft diese Kabinettsreform?

Autor: Professor Dr. Klaus-Dieter Kossow

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Wem nutzt der Tausch der FDP-Ministerposten? Unser Kolumnist Professor Dr. Klaus-Dieter Kossow erinnert die Liberalen bei ihrem Thema Wettbewerb an die Selektivverträge.

Daniel Bahr Gesundheitsminister, Dr. Philipp Rösler Wirtschaftsminister, Rainer Brüderle FDP-Fraktionsvorsitzender. Der Absturz der FDP von 15 auf etwa 4 % bei den letzten Wahlen beweist, dass große Teile der liberalen Klientel das Vertrauen in die politischen Leistungen dieser Partei verloren haben. Allein durch die Verschiebung der Ministerposten (vornehmer: Kabinettsreform) lässt sich das Vertrauen der Wähler allerdings nicht wiedergewinnen.


Es gibt da insbesondere aus der Sicht der Hausärzte viele kritische Fragen an die junge Führungsriege der FDP. Fragen, die bereits beim Hausärztetag im September 2010 in Berlin gestellt wurden und die bisher ohne Antwort geblieben sind.


Denn auch als Wirtschaftsminister ist Dr. Rösler zu fragen, warum er im GKV-Finanzierungsgesetz den § 73b SGB V geändert hat. Dadurch wurde der Vertragswettbewerb zwischen Hausärzten und KVen faktisch beendet. Diesen Tiefschlag gegen Prinzipien des Wettbewerbs hat die FDP bis heute nicht erklärt.

"Ein Tiefschlag gegen Prinzipien des Wettbewerbs"


Bahr hat Dr. Rösler beim Hausärztetag als BMG-Staatssekretär vertreten. Nun wird er als neuer Chef des Ministeriums das Versorgungsgesetz durch die Parlamente bringen müssen. Er ist von einer umfangreichen, machtpolitisch orientierten Lobby umstellt. Bundesländer, Kommunen, Krankenkassen, Ärztekammern, KVen, Klinikträger und sonstige Leistungserbringer machen ihre Mitsprache bei der Neuformulierung der Bedarfsplanungsgrundsätze geltend und verlangen Sitz und Stimme im Gemeinsamen Bundesausschuss, soweit sie dort noch nicht vertreten sind.


Bahr kennt die Lobbyisten wie kaum ein zweiter. Er hat die Chance, sich den körperschaftlichen Interessen entgegenzustellen, indem er im Gesundheitswesen moderne und wettbewerbsfreundliche und damit liberale Prinzipien durchsetzt. Dazu gehört vor allem, dass die Krankenkassen verpflichtet werden, den Versicherten endlich obligatorisch eine hausärztliche Versorgung auf der Grundlage von freiwilligen Einschreibsystemen anzubieten. Gesetzwidrig drücken sich insbesondere große Ersatzkassen bis heute davor.


Dies darf auch deshalb nicht so bleiben, weil ohne ein flächendeckendes Einschreibsystem eine funktionierende regionale Bedarfsplanung gar nicht möglich ist. Wenn man jedem Bürger Zugang zum System eröffnen möchte, dann muss man dafür Verantwortlichkeiten schaffen und im Bedarfsfall jedem Bürger den dafür verantwortlichen Arzt anbieten.

Von Ausnahmen abgesehen kommen dafür nur frei gewählte Hausärzte infrage. Hausärzte sollten dann möglichst direkt mit spezialisierten Ärzten (auch im Krankenhaus) zusammenarbeiten. Der Idealfall für das Management des Krankheitsfalles sind zweistufige Schemata.

"Jede Schnittstelle schafft Risiken und kostet Geld"


Der Plan der KBV, mehrstufige Systeme zu etablieren, ist als unwirtschaftlich abzulehnen. Wer soll sich als Patient in einem System zurechtfinden, das als Eingangsinstanz Schwester Agnes etabliert, die Patientinnen und Patienten zum Hausarzt weiterleitet, der an den Basisfacharzt überweist. Von dort geht es weiter zum Subspezialisten, dann zum Hochspezialisten und schließlich zum Krankenhaus. Genau so geht es nicht. Jede Schnittstelle schafft Gesundheitsrisiken und kostet Geld.


Die freie Arztwahl ist ohnehin nur in der Primärversorgung realisierbar. Spezialisierte Versorgungsebenen sollte der Patient nicht frei wählen können, weil er deren Notwendigkeit und Kosten nicht beurteilen kann. Wahlrechte muss es gleichwohl geben zwischen verschiedenen Verträgen und Krankenversicherungstarifen.


Wenn die FDP diesen Wettbewerb bürgerfreundlich organisiert, wird sie ihren liberalen Prinzipien gerecht, das Gesundheitswesen hat dann eine Zukunft und die Partei des Gesundheitsministers auch.

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