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Wer verdient bei der Wahl unsere Stimmen?

Autor: Dr. Günter Gerhardt

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SPD, Grüne und Linke wollen eine Bürgerversicherung, Schwarz-Gelb nicht. Das ist der gravierendste Unterschied bei den gesundheitspolitischen Positionen der Parteien. MT-Kolumnist Dr. Günter Gerhardt rät, die Zeit biszur Wahl am 22. September zu nutzen, um parteien und Kandidaten auf den Zahn zu fühlen.

Am 22. September wird gewählt. Die Tage bis dahin sollten wir für Gespräche und Aktionen nutzen, um auf unsere Probleme aufmerksam zu machen. Jeder von uns sollte seine Fragen stellen. Auch KBV und KVen sollten auf Steilvorlagen von Krankenkassen, Politik und Medien in unserem Sinn politischer agieren – die Bundesärztekammer macht das schon vorbildhaft.


Wenn also beispielsweise in einer Region mit akutem Ärztemangel die Kolleginnen und Kollegen nur darauf hingewiesen werden, doch bitte schön mehr zu arbeiten, dann ist das eine Reaktion, wie sie Politik und Krankenkassen von uns erwarten. Nein, hier muss sofort massiv auf die Missstände hingewiesen werden, warum diese Situation so eingetreten ist und wieso der Nachwuchs nicht bereit ist, die Lücken aufzufüllen.

»Missstände nennen, die den Nachwuchs fernhalten«

Auch wenn uns die Medien an den Pranger stellen wollen, muss umgehend die Möglichkeit der öffentlichen Positionierung genutzt werden. Aber nicht, indem man Kollegen öffentlich im Fernsehen auffordert, mehr zu arbeiten, damit Patienten schneller einen Psychotherapieplatz finden.


Und wo sollen wir am 22. September unser Kreuz machen? Welche Partei hat was mit uns vor? Rot-Grün hat sich auf die Bürgerversicherung eingeschossen, in der jeder nach einer Übergangszeit irgendwann Mitglied ist oder werden muss. Der Zugang zur PKV soll künftig allen Versicherten versperrt werden. Das nennt man „austrocknen.“ Alle weiteren, teilweise guten Ideen, wie z.B. ein Ende der unwürdigen Budgetierung, werden dieser Bürgerversicherung untergeordnet.

»Kompensation für die PKV-Honorare - wer's glaubt«

Dass der Umstand, dass es keine Privatpatienten mehr gäbe, für sehr viele Praxen ruinös wäre, wird von den Grünen mit den Worten kommentiert: „Die Honorarsumme des PKV-Systems ist kalkuliert und ins GKV-Honorar eingerechnet!“ Wer’s glaubt …


Der GKV-Spitzenverband hat in einer Anhörung des Bundestags knallhart gesagt, er denke überhaupt nicht an eine Kompensation der wegfallenden PKV-Honorare durch die GKV. Experten sprechen hier von Beträgen von bis zu zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Die können aber nicht, wie das viele denken, von der PKV in die GKV überführt werden. Hier bedarf es noch einer recht­lichen Klärung, was nach Expertenmeinung eine Dekade in Anspruch nehmen wird.


Also woher soll das Geld kommen? Schulden machen? Das sei, so der Finanzminister, unproblematisch. Kundgetan im Zusammenhang mit der Flutopferhilfe. Jedoch: Der Finanzminister war noch nie ein Gesundheitsminister; er pflegt in solchen Situationen immer das Gleiche zu sagen, z.B.: „Es ist genug Geld im System, man muss es nur anders verteilen!“ Fazit von Rot-Grün: Mit der Bürgerversicherung werden die beiden Vergütungssysteme  (EBM und GOÄ) zusammengeführt – und gut ist es.


Schwarz-Gelb will das auf keinen Fall: „Keine Einheitsversicherung, keine Einheitsversorgung, keine Einheitsvergütung! Wir brauchen gute Lösungen jenseits von Budgetierung und RLV, aber mit Steuerungsmaßnahmen.“ Dass von einer Minderheit mehr abgerechnet als getan wird, ist genauso bekannt wie „Gesundheit wird teurer!“ Gerade bei der Vergütung fällt immer wieder der Satz: „Wir brauchen gute Vorschläge, auch aus den Reihen der Ärzteschaft.“

»Im Gespräch mit Politikern und Kollegen sich ein Bild machen«

Die Linke resümiert fast schon achselzuckend: „Eine Konvergenz der beiden Krankenversicherungssysteme wird es in der nächsten Legislaturperiode auf jeden Fall geben, entweder auf der Grundlage der  Bürgerversicherung oder von privatärztlich organisierten Versicherungsanstalten.“ 


Eindeutig auf die ärztliche Seite schlägt sich die FDP, indem sie feststellt, dass der freie ärztliche Beruf nicht abgeschafft werden darf und die Ärzte nicht weiter angeschwärzt werden dürfen. Auf eine sorgsame Balance bei den Patientenrechten sei zu achten. Interessant ist auch der Satz: „Wenn die Privathonorare abgeschafft werden, ist auch die Budgetierung hinfällig.“ 


Wenn Sie sich jetzt immer noch nicht sicher sind, wo Sie Ihr Kreuz machen sollen, empfehle ich, sich (vielleicht sogar in Anwesenheit der örtlichen Presse) im Gespräch mit Politikern und Kollegen ein Bild zu machen und den Club „Machen kann man eh nichts“ zu verlassen.

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