Regress: Wurde der Arzt auch individuell beraten?
Im Fall einer Richtgrößenüberschreitung um mehr als 25 % ist im § 106 Abs. 5e SGB V geregelt, dass ein Regress erst für Verordnungen nach einer Beratung ausgesprochen werden kann.
Damit ist nicht irgendeine Beratung, sondern eine "individuelle Beratung" des Arztes gemeint. Verläuft diese fehlerhaft, bezweifeln Juristen, ob sie überhaupt als Beratung zählt.
Den Abrechnungsspezialisten der Berliner AAC GmbH liegt das Protokoll einer Sitzung des Beratungsgremiums der Prüfungsstelle Niedersachsen aus diesem Jahr vor.
Laut Gesetz (§ 106 Abs. 5e SGB V) hat eine individuelle Verordnungsberatung zu erfolgen. Diese fiel aber bei einem Hausarzt offenbar "viel zu pauschal" aus, findet Rüdiger Brauer, AAC-Geschäftsführer und Fachanwalt für Medizinrecht, "es könnte sich sogar um Textbausteine handeln".
Die Anforderungen an eine "individuelle Beratung" erfülle dieser Bescheid jedenfalls nicht. Man habe gute Chancen, solch eine Beratung anfechten und aufheben zu lassen, meint der Experte.
Im Verordnungsverhalten "Modeströmungen" entdeckt
Im konkreten Fall "verdeutlichte" das Beratungsgremium dem Hausarzt nur Folgendes: Im Verhältnis zur Fachgruppe habe er im Prüfjahr 2004 häufiger hochpreisige Originalpräparate verordnet, z.B. seien damals auch andere als die von ihm eingesetzten NSAR vorhanden gewesen.
Es seien im Verordnungsverhalten dieses Jahres "Modeströmungen" und der Einsatz von Innovationen erkennbar, die jeweils zu hohen Verordnungskosten geführt hätten.
Empfohlen wird dem Arzt, "eher eine ´konservative Medizin´ zu betreiben und mit hochpreisigen Innovationen restriktiv umzugehen2. Das war die ganze Beratung; konkreter wurde es laut Protokoll nicht.