
Strengere Regeln für Medizinal-Cannabis Ärztekammern gegen Onlineverschreibungen von Cannabis

Eine geplante Änderung des Medizinal-Cannabis-Gesetzes von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken sieht vor, die bisherige Praxis der reinen Online-Verschreibung von Medizinal-Cannabis sowie den Online-Versand an Endverbraucher zu verbieten. Künftig soll Cannabis nur nach einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt verordnet werden dürfen – entweder in der Praxis oder im Rahmen eines Hausbesuchs. Folgeverschreibungen sollen mindestens einmal jährlich überprüft werden.
Die Bundesärztekammer (BÄK) sowie die Ärztekammer Nordrhein (ÄkNo) befürworten die geplanten Änderungen. Für Dr. Sven Dreyer, Präsident der ÄkNo, entspricht die jährliche Überprüfung der Folgeverschreibung dem ärztlichen Standard: Eine Anpassung der Medikation an den aktuellen Gesundheitszustand sei ohnehin fester Bestandteil verantwortungsvoller Therapie.
Web-Plattformen unterlaufen ärztliche Prüfungspflicht
Da Medizinal-Cannabis zurecht ein verschreibungspflichtiges Medikament sei, sei es nicht die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten, dies an Freizeitkonsumenten zu verordnen, so Dr. Dreyer. Der Freizeitkonsum sei durch die Möglichkeit des Eigenanbaus oder über Cannabis-Clubs geregelt. Die ärztliche Sorgfaltspflicht verlange eine fundierte Indikationsstellung und persönliche Aufklärung. BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt erklärt: „Die psychoaktive Wirkung von Cannabis, das Risiko von Missbrauch und Abhängigkeit sowie die fehlende Zulassung für konkrete Anwendungsgebiete verlangen eine individuelle, sorgfältige ärztliche Aufklärung und Begleitung – die nur im persönlichen Gespräch möglich ist.“
Kritisch sehen beide Kammern die Rolle von Onlineplattformen, die Cannabis häufig ohne persönlichen Kontakt auf Privatrezept verordnen. Diese Praxis unterlaufe die ärztliche Prüfungspflicht und öffne einem missbräuchlichen Gebrauch Tür und Tor. Aktuelle Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zeigen: Während die Importe von Medizinal-Cannabis im zweiten Quartal 2024 um 170 % zunahmen, stiegen die GKV-Verschreibungen im selben Zeitraum lediglich um 9 %. Das legt nach Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums nahe, dass die steigenden Importe vor allem der Belieferung von Freizeitkonsumenten dienen.
Die BÄK hält an ihrer Kernforderung fest, Medizinal-Cannabis wieder dem Betäubungsmittelgesetz zu unterstellen. „Die Herausnahme von Medizinal-Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz war ein Fehler. Cannabis erfüllt nach wie vor die Kriterien eines Betäubungsmittels. Eine Rückführung in das Betäubungsmittelgesetz und die erneute Verschreibung auf BtM-Rezepten sind unerlässlich, um die Therapiesicherheit zu erhöhen und Missbrauch, insbesondere durch Fernverschreibungen, effektiv zu verhindern“, so Dr. Reinhardt.