
Wie kann die ePA nützlich werden? Charité erforscht ePA-Hürden

Was hemmt, was fördert die Nutzung der elektronischen Patientenakte? Antworten soll das Innovationsfondsprojekt „ePA4all“ der Charité liefern. Wie Versicherte, Hausärztinnen und -ärzte sowie MFA an der Studie mitwirken können, erläutert Projektleiter Prof. Dr. Sebastian Spethmann in der Podcastreihe O-Ton Innere Medizin.
Ab Oktober wird es ernst mit der ePA. Praxen müssen dann in der Lage sein, die ePA zu befüllen. Bislang schenkt die Bevölkerung der digitalen Akte wenig Aufmerksamkeit. Das liegt auch an der unzureichenden Information der Versicherten durch Krankenkassen und Gesundheitsministerium, sagt Prof. Spethmann.
Diesen Eindruck hat sein Forschungsteam durch qualitative Interviews mit Versicherten gewonnen. Darauf aufbauend werden im nächsten Schritt der Studie* ePA4all Fragebogen für quantitative Erhebungen erstellt. Befragt werden Hausärztinnen und -ärzte, MFA, Physician Assistants sowie Mitarbeitende in der Notaufnahme.
Unterstützt wird die Ärzte- und Patientenakquise sowie das Projekt von den KVen Westfalen-Lippe, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Berlin, der KBV, der Gematik und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants. Krankenkassen konnten nicht ins Boot geholt werden. Der Innovationsfonds fördert die Studie mit 1,6 Mio. Euro.
Versichertengeführte Akte ersetzt nicht Dokumentation
Prof. Spethmann ist stellvertretender Direktor der DHZC-Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Charité Mitte, Vorsitzender der DGIM-Projektgruppe Digitale Versorgungsforschung sowie ein Verfechter der patientengeführten Akte. Diese biete den Versicherten Transparenz und die Hoheit darüber, wer auf die persönlichen Informationen zugreifen darf. „Das entlastet mich als Versorgenden nicht davon, meine eigene Dokumentation weiterzuführen, so wie ich es schon immer mache.“
Selbst eine „unsortierte digitale Aldi-Plastiktüte“, wie die ePA manchmal aufgrund der anfänglichen PDF-Ablage bezeichnet wird, sei für die Behandelnden noch besser als fehlende Informationen zur Patientin bzw. zum Patienten, die E-Mails und Telefonate nötig machen. „Natürlich ist es etwas mehr Aufwand, wenn ich Dokumente hochlade. Aber der nach mir Versorgende profitiert von diesen Informationen. So wie ich von Informationen profitiere, die eine Kollegin oder ein Kollege hochgeladen hat.“ Eine Anwendung, die ohne Aufwand die Medikationenverordnung darstellt, sei eine Weiterentwicklung, „die uns sehr hilft“, lobt Prof. Spethmann z. B. die Medikationsliste in der ePA.
Mit der Akte wird aber auch „meine Versorgung transparenter“, sagt der Kliniker. „Ich setze mich vielleicht Fragen aus, warum ich bestimmte Therapien nicht angesetzt habe oder warum ich über eine Therapie so entschieden habe.“
Die Forschenden wollen dazu beitragen, dass die ePA in der Versorgung ankommt. Damit die Weiterentwicklung der Akte gezielt auf die Bedarfe eingeht, sei Evidenz vonnöten. Das Charitéteam befragt deshalb sowohl Versicherte, die ihre ePA mittels App nutzen, als auch solche, die ihre ePA per Widerspruch abgelehnt haben, und die große Gruppe derjenigen, die nicht widersprochen haben, aber auch nicht aktiv am Prozess teilnehmen, zu ihren Motiven und Informationserfordernissen.
Prof. Spethmann: „Mir ist es wichtig, dass wir in solchen Projekten nicht nur diejenige inkludieren, die besonders laut sind oder viel Raum haben, ihre Meinung zu äußern. Wir versuchen daher auch, Gruppen abzubilden, die vielleicht in der Diskussion nicht so im Vordergrund stehen. Also Ältere, chronisch Kranke, Menschen mit seltenen Erkrankungen und Menschen mit einer Sprachbarriere, die besonders von dem sehr niederschwelligen Informationsaustausch über die ePA profitieren.“
* epa4all.charite.de
Quelle: Medical-Tribune-Bericht