Online-AU und Arbeitsrecht Online-AU ohne Arztkontakt: Fristlose Kündigung rechtens

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

Wer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online ohne Arztkontakt erwirbt, riskiert die sofortige Kündigung. Wer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online ohne Arztkontakt erwirbt, riskiert die sofortige Kündigung. © blende11.photo - stock.adobe.com

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat entschieden: Wer eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online ohne Arztkontakt erwirbt, riskiert die sofortige Kündigung. 

Wer eine AU-Bescheinigung über das Internet erwirbt, ohne dass ein Arztkontakt stattgefunden hat, riskiert die fristlose Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm klargestellt.

Der Fall: Ein IT-Consultant hatte sich für fünf Tage arbeitsunfähig gemeldet und eine AU-Bescheinigung eingereicht, die er über eine Webseite gekauft hatte. Er musste dort lediglich einen Online-Fragebogen ausfüllen. Abgefragt wurden Symptome (trockener Husten, Gliederschmerzen, Rückenweh), die ausgeübte Tätigkeit und die Arbeitsbelastung. Ein persönlicher, telefonischer oder digitaler Kontakt mit einem Arzt oder einer Ärztin fand nicht statt.

Die Bescheinigung, die der Mann erhielt, entsprach optisch weitgehend dem früheren „gelben Schein“. Sie trug die Bezeichnung „Muster 1b“ und wies unter der Arzt-Nummer den Eintrag „Privatarzt“ aus. Im Text stand: „voraussichtlich arbeitsunfähig aufgrund Fernuntersuchung nur mittels Fragebogen“. Diese Bescheinigung reichte der Angestellte bei seinem Arbeitgeber ein. Dieser zahlte Entgeltfortzahlung. Drei Wochen später wurde die Personalabteilung misstrauisch: Die elektronische AU-Meldung bei der Krankenkasse fehlte. Wenige Tage später wurde dem Angestellten fristlos gekündigt.

Das LAG Hamm bestätigte die Wirksamkeit dieses Schrittes. Die 14. Kammer sah einen schweren Vertrauensbruch: Der Arbeitnehmer habe bewusst wahrheitswidrig suggeriert, ein Arzt oder eine Ärztin habe seine Arbeitsunfähigkeit nach einer Untersuchung festgestellt. Dies verletze die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht gravierend und stelle einen Grund für eine fristlose Kündigung dar. Eine Abmahnung sei aufgrund der Schwere des Verstoßes entbehrlich. Zudem habe die Webseite des Anbieters unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Bescheinigung „ohne Arztgespräch“ im Streitfall einen geringeren Beweiswert habe. 

Quelle: Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. September 2025; Az. 14 SLa 145/25