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Organspenderausweis? Alternativlos!

Autor: Erich Kögler

© fotolia/Alexander Raths/MT
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In seiner meinungsstarken Kolumne "Mit spitzer Feder" geht Erich Kögler regelmäßig mit allerlei Auswüchsen und Absonderlichkeiten der Medizinwelt hart ins Gericht. In seiner aktuellen Kolumne widmet er sich dem Thema Organspendeausweis.

Haben Sie einen Organspenderausweis? Ich habe ihn – allerdings auch erst seit letzter Woche, weil ich das Thema lange Zeit vor mir hergeschoben habe. Geht es Ihnen genauso? Gerade als Arzt sollte man sich einen Ruck geben, den Ausweis zu besorgen und "Ja" darauf anzukreuzen! Wer kennt die Pro-Argumente besser als Sie?! Und wer ist ein besserer Multiplikator und kann authentischer zur Aufklärung der Patienten beitragen als derjenige, der selbst einen Organspenerausweis besitzt?! Die Fakten sind bekannt: Jeden Tag sterben in Deutschland im Schnitt drei Menschen, weil sie nicht rechtzeitig ein Spenderorgan bekommen.

"Sollten wir doch jeden als potenziellen Spender ansehen, der nicht widerspricht?"

Dabei ist die Bereitschaft, nach dem Tod Organe zu spenden, in Deutschland besonders gering ausgeprägt. Traurige Bilanz des ers­ten Halbjahres 2016: Nur noch etwas mehr als 400 Organspenden wurden registriert – ein Rückgang von über neun Prozent und damit ein neuer Tiefststand. Gleichzeitig stehen in Deutschland mehr als 10 000 Patienten auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Ob sie alle vor ihrer Erkrankung einen Spenderausweis hatten? Wohl kaum.

Warum schieben wir die Entscheidung in dieser wichtigen Frage immer wieder auf die lange Bank? Jeder von uns wäre im Falle eines Falles gewiss dankbar, wenn sein Leben oder das seiner Angehörigen durch die Organspende eines Verstorbenen gerettet werden könnte. Vernunft scheint in dieser Frage nicht unser aller Ratgeber zu sein.

Ist es die Horrorvorstellung, nach dem Tod "ausgeschlachtet" zu werden wie ein Autowrack, das man nach noch brauchbaren Ersatzteilen durchsucht, die uns davon abhält? Oder entziehen wir uns der Auseinandersetzung mit Siechtum und Tod so lange wie möglich – also so lange bis sie uns und unsere Nächs­ten selbst betrifft?

"Derzeit besitzen nur rund dreißig Prozent der Deutschen einen Organspenderausweis"

In den letzten Jahren wurde viel darüber diskutiert, ob der Hirntod tatsächlich das Leben beendet. Selbst die Mitglieder des Ethikrates sind sich da nicht einig. Ob man sich nun für oder gegen eine Organspende entscheidet, bleibt daher eine Gewissensfrage, die einem niemand abnehmen kann. Und dennoch kann es darauf meiner Meinung nach nur eine Antwort geben: Ja! Und das, obwohl unter zahlreichen Skandalen und kriminellen Manipulationen der Wartelisten das Vertrauen in die Transplantationsmedizin gewaltig gelitten hat.

Derzeit besitzen nur rund dreißig Prozent der Deutschen einen Organspenderausweis – eine ernüchternde Quote. Wie lässt sie sich, abgesehen vom persönlichen Engagement, steigern? Wenn alles nichts hilft, müssen wir vielleicht doch dem Beispiel Spaniens folgen. Im Land des "Europameisters" in Sachen Organspende gilt bereits seit Jahren das Prinzip, dass jeder als potenzieller Spender angesehen wird, der zu Lebzeiten der postmortalen Organentnahme nicht ausdrücklich widersprochen hat.

Es ist an der Zeit, dass sich gerade die Ärzteschaft als Anwalt der Organspende profiliert. Als Niedergelassener haben Sie in der Sprechstunde den direkten Kontakt zum Patienten und können entsprechende Empfehlungen an den Mann/die Frau bringen. Was viele von Ihnen zweifellos bereits tun. Ich jedenfalls bin froh, den Ausweis jetzt zu haben. Mir erschien das "Pro" letzten Endes alternativlos...

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